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Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 2. [Braunschweig], [1763].

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Zweyter Gesang.
Nun ist es wieder dein, hat dir das schon gereut?
Laß es den jungen Herrn nur immerhin verdrießen;
Laß einen Thränenstrom von seinen Wangen schießen;
Die Thränen fließen dir zur Ehre; Weh und Ach
Sey dir ein Jubelton; Jn seinem Thränenbach
Wirst du die Schmach allein von deinem Schnupftuch
baden,
Und seine Prahlerey wird dir nicht ferner schaden.

So sprach sie, und verschwand. Die Nymph
ermuntert sich.
Was war das (ruft sie aus,) das Fraulein Lottchen
glich?
Und selbst ist sie nicht da? Träum ich bey hellem Tage,
Und sagen Träume mir, was ich mir selbst nicht sage?
Wer fürchtet mehr, als ich, der Weiber Klätschereyn;
Jch seh es, wie sie mir mit ihren Zungen dräun:
Und ich gedenke noch, dies Tuch zurück zu schicken?
Gewiß mein Herz ist falsch! Doch es soll ihm nicht
glücken!
Graf,

Zweyter Geſang.
Nun iſt es wieder dein, hat dir das ſchon gereut?
Laß es den jungen Herrn nur immerhin verdrießen;
Laß einen Thraͤnenſtrom von ſeinen Wangen ſchießen;
Die Thraͤnen fließen dir zur Ehre; Weh und Ach
Sey dir ein Jubelton; Jn ſeinem Thraͤnenbach
Wirſt du die Schmach allein von deinem Schnupftuch
baden,
Und ſeine Prahlerey wird dir nicht ferner ſchaden.

So ſprach ſie, und verſchwand. Die Nymph
ermuntert ſich.
Was war das (ruft ſie aus,) das Fraulein Lottchen
glich?
Und ſelbſt iſt ſie nicht da? Traͤum ich bey hellem Tage,
Und ſagen Traͤume mir, was ich mir ſelbſt nicht ſage?
Wer fuͤrchtet mehr, als ich, der Weiber Klaͤtſchereyn;
Jch ſeh es, wie ſie mir mit ihren Zungen draͤun:
Und ich gedenke noch, dies Tuch zuruͤck zu ſchicken?
Gewiß mein Herz iſt falſch! Doch es ſoll ihm nicht
gluͤcken!
Graf,
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[47/0055] Zweyter Geſang. Nun iſt es wieder dein, hat dir das ſchon gereut? Laß es den jungen Herrn nur immerhin verdrießen; Laß einen Thraͤnenſtrom von ſeinen Wangen ſchießen; Die Thraͤnen fließen dir zur Ehre; Weh und Ach Sey dir ein Jubelton; Jn ſeinem Thraͤnenbach Wirſt du die Schmach allein von deinem Schnupftuch baden, Und ſeine Prahlerey wird dir nicht ferner ſchaden. So ſprach ſie, und verſchwand. Die Nymph ermuntert ſich. Was war das (ruft ſie aus,) das Fraulein Lottchen glich? Und ſelbſt iſt ſie nicht da? Traͤum ich bey hellem Tage, Und ſagen Traͤume mir, was ich mir ſelbſt nicht ſage? Wer fuͤrchtet mehr, als ich, der Weiber Klaͤtſchereyn; Jch ſeh es, wie ſie mir mit ihren Zungen draͤun: Und ich gedenke noch, dies Tuch zuruͤck zu ſchicken? Gewiß mein Herz iſt falſch! Doch es ſoll ihm nicht gluͤcken! Graf,

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Zitationshilfe: Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 2. [Braunschweig], [1763], S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zachariae_schriften02_1763/55>, abgerufen am 24.11.2024.