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Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 4. [Braunschweig], [1764].

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Der Abend.
Jn das melancholische Thal, wo hangende Felsen
Ueber den See sich geneigt, und Eschen, am öden Ge-
stade

Mit dem Westwind in stetem Geschwätz, die Stunden
dir kürzen.

Ein gesicherter Ort vor aller Verfolgung der Thoren,
Und die Zuflucht für die, die gern die Einöde lieben,
Und, in ruhigen Tiessinn versenkt, der unsterblichen
Seele

Unterredungen hören von Grosmuth und himmlischer
Tugend.

Wenn nicht etwan ein weiser Gesang von würdigen
Dichtern

Jhr Gedächtniß erfüllt, und sie in süsser Entzückung
Engelsstimmen vernehmen, die ihre Geister erheben.
Diesen entlegenen Ort liebt auch der traurige Jüngling,
Welcher sein Mädchen beweint, zu früh vom Tod ihm
entrissen.

Die romantische Gegend, die tiefe schauernde Stille,
Ladet voll Mitleid ihn ein, und schmeichelt seiner Be-
trübniß.

Dann erscheinet vor ihm der Theuresten Todtenurne,

Die

Der Abend.
Jn das melancholiſche Thal, wo hangende Felſen
Ueber den See ſich geneigt, und Eſchen, am oͤden Ge-
ſtade

Mit dem Weſtwind in ſtetem Geſchwaͤtz, die Stunden
dir kuͤrzen.

Ein geſicherter Ort vor aller Verfolgung der Thoren,
Und die Zuflucht fuͤr die, die gern die Einoͤde lieben,
Und, in ruhigen Tieſſinn verſenkt, der unſterblichen
Seele

Unterredungen hoͤren von Grosmuth und himmliſcher
Tugend.

Wenn nicht etwan ein weiſer Geſang von wuͤrdigen
Dichtern

Jhr Gedaͤchtniß erfuͤllt, und ſie in ſuͤſſer Entzuͤckung
Engelsſtimmen vernehmen, die ihre Geiſter erheben.
Dieſen entlegenen Ort liebt auch der traurige Juͤngling,
Welcher ſein Maͤdchen beweint, zu fruͤh vom Tod ihm
entriſſen.

Die romantiſche Gegend, die tiefe ſchauernde Stille,
Ladet voll Mitleid ihn ein, und ſchmeichelt ſeiner Be-
truͤbniß.

Dann erſcheinet vor ihm der Theureſten Todtenurne,

Die
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[112/0120] Der Abend. Jn das melancholiſche Thal, wo hangende Felſen Ueber den See ſich geneigt, und Eſchen, am oͤden Ge- ſtade Mit dem Weſtwind in ſtetem Geſchwaͤtz, die Stunden dir kuͤrzen. Ein geſicherter Ort vor aller Verfolgung der Thoren, Und die Zuflucht fuͤr die, die gern die Einoͤde lieben, Und, in ruhigen Tieſſinn verſenkt, der unſterblichen Seele Unterredungen hoͤren von Grosmuth und himmliſcher Tugend. Wenn nicht etwan ein weiſer Geſang von wuͤrdigen Dichtern Jhr Gedaͤchtniß erfuͤllt, und ſie in ſuͤſſer Entzuͤckung Engelsſtimmen vernehmen, die ihre Geiſter erheben. Dieſen entlegenen Ort liebt auch der traurige Juͤngling, Welcher ſein Maͤdchen beweint, zu fruͤh vom Tod ihm entriſſen. Die romantiſche Gegend, die tiefe ſchauernde Stille, Ladet voll Mitleid ihn ein, und ſchmeichelt ſeiner Be- truͤbniß. Dann erſcheinet vor ihm der Theureſten Todtenurne, Die

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Zitationshilfe: Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 4. [Braunschweig], [1764], S. 112. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zachariae_schriften04_1764/120>, abgerufen am 21.11.2024.