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Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 6. [Braunschweig], [1764].

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Das verlohrne Paradies.
Seines Tempels Gebräuch und heilige Festtag entweih-
ten,

Und mit Finsterniß oft des Ewigen Klarheit beleidigt.
Erst kam Moloch, ein greulicher König k) , befleckt
mit dem Blute

Menschlicher Opfer; mit Thränen der Eltern, die
vor dem Geröse

Schallender
k) Moloch war der Abgott der Ammoniter. Sein
Götzenbild war, nach den Rabbinen, von Erzt; er saß
auf einem Thron von demselben Metall, und hatte
das Haupt von einem Kalbe, mit einer Königskro-
ne geziert. Seine Arme waren ausgespreitet, die
elenden Opfer zu empfangen, die darin verbrannt
werden sollten. Jn der Schrift wird gesagt, daß
die Kinder dem Moloch durchs Feuer giengen.
Unser Dichter braucht eben diesen Ausdruck, woraus
zu verstehen ist, daß man die Kinder diesem Götzen
zu Ehren nicht immer wirklich verbrannte, sondern
sie nur geschwind durch die Flammen gehn ließ, sie
dadurch zu reinigen, und diesem Götzen zu heiligen.
Newton.

Das verlohrne Paradies.
Seines Tempels Gebraͤuch und heilige Feſttag entweih-
ten,

Und mit Finſterniß oft des Ewigen Klarheit beleidigt.
Erſt kam Moloch, ein greulicher Koͤnig k) , befleckt
mit dem Blute

Menſchlicher Opfer; mit Thraͤnen der Eltern, die
vor dem Geroͤſe

Schallender
k) Moloch war der Abgott der Ammoniter. Sein
Goͤtzenbild war, nach den Rabbinen, von Erzt; er ſaß
auf einem Thron von demſelben Metall, und hatte
das Haupt von einem Kalbe, mit einer Koͤnigskro-
ne geziert. Seine Arme waren ausgeſpreitet, die
elenden Opfer zu empfangen, die darin verbrannt
werden ſollten. Jn der Schrift wird geſagt, daß
die Kinder dem Moloch durchs Feuer giengen.
Unſer Dichter braucht eben dieſen Ausdruck, woraus
zu verſtehen iſt, daß man die Kinder dieſem Goͤtzen
zu Ehren nicht immer wirklich verbrannte, ſondern
ſie nur geſchwind durch die Flammen gehn ließ, ſie
dadurch zu reinigen, und dieſem Goͤtzen zu heiligen.
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[54/0054] Das verlohrne Paradies. Seines Tempels Gebraͤuch und heilige Feſttag entweih- ten, Und mit Finſterniß oft des Ewigen Klarheit beleidigt. Erſt kam Moloch, ein greulicher Koͤnig k) , befleckt mit dem Blute Menſchlicher Opfer; mit Thraͤnen der Eltern, die vor dem Geroͤſe Schallender k) Moloch war der Abgott der Ammoniter. Sein Goͤtzenbild war, nach den Rabbinen, von Erzt; er ſaß auf einem Thron von demſelben Metall, und hatte das Haupt von einem Kalbe, mit einer Koͤnigskro- ne geziert. Seine Arme waren ausgeſpreitet, die elenden Opfer zu empfangen, die darin verbrannt werden ſollten. Jn der Schrift wird geſagt, daß die Kinder dem Moloch durchs Feuer giengen. Unſer Dichter braucht eben dieſen Ausdruck, woraus zu verſtehen iſt, daß man die Kinder dieſem Goͤtzen zu Ehren nicht immer wirklich verbrannte, ſondern ſie nur geſchwind durch die Flammen gehn ließ, ſie dadurch zu reinigen, und dieſem Goͤtzen zu heiligen. Newton.

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Zitationshilfe: Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 6. [Braunschweig], [1764], S. 54. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zachariae_schriften06_1764/54>, abgerufen am 21.11.2024.