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Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670.

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drittes Buch.
nen/ wie Ihre Hoheit siehet; sondern auch selbst als sei-
nen leiblichen Sohn. Wie könte ichs besser wündschen?
Was könte ich mehr begehren? Und so bin ich in mei-
nem unglükke glüklich. Ich bin ein Leibeigener/ und
doch auch keiner. Ich lebe frei. Ich habe mehr zu ge-
bieten/ als mir gebohten wird. Ja hierbei habe ich
itzund noch dieses glük/ daß ihre Hoheit meine wenig-
keit so hoch ehret/ und so hoch erhöbet/ daß mir meine
bewuste unwürdigkeit eine schaamröhte darüber ins ge-
sichte treibet. Das tuht eine Fürstin/ die so hoch geboh-
ren ist/ daß sie unter allen Egiptischen Fürst innen den
vorzug besitzet. Die Königliche Fürstin selbsten/ die der
Himmel erkohren den Egiptischen Reichsstab zu füh-
ren/ erweiset mir diese hohe gnade. Ja was noch mehr
ist/ diese hohe und große Fürstin erniedrigt und verklei-
nert sich selbsten so gar/ daß sie mir/ da ich doch nur ein
elender Leibeigener bin/ bei ihrem Königlichen eide/ ver-
spricht ihre gantze gunst über mich unwürdigen aus zu
schütten. Und also bin ich nicht allein glüklich bei
meinem Herrn; sondern auch bei andern/ über mein
verdienst. Ich bin glüklich innerhalb hauses. Glük-
lich bin ich ausserhalb. Wie solte mir dan dieser mein
itziger zustand/ den das glük allenthalben ümgiebet/
nicht gefallen? Aber wie solche so über die maße hohe
gnade üm ihre Hoheit ich elender Leibeigner verdienet/
weis ich nicht. Noch viel weniger weis ich in meinem
armen vermügen einen dank zu finden; dadurch ich sol-
ches/ in untertähnigst er gehorsamkeit/ der gebühr nach
erkennen könte.

Josef wolte fortreden. Aber Nitokris fing ihm
das wort auf. Die ehre/ sagte sie/ die ich ihm erweise/
ist schlecht. Die gunst/ die ich ihm angelobet/ ist eben so
unschätzbar: weil ich sie ihm nicht erzeigen kan/ wie ich
von hertzen wündsche. Zudem verdienet seine geschiklig-
keit viel mehr. Seine Tugend ist mehr ehre währt.

Sie

drittes Buch.
nen/ wie Ihre Hoheit ſiehet; ſondern auch ſelbſt als ſei-
nen leiblichen Sohn. Wie koͤnte ichs beſſer wuͤndſchen?
Was koͤnte ich mehr begehren? Und ſo bin ich in mei-
nem ungluͤkke gluͤklich. Ich bin ein Leibeigener/ und
doch auch keiner. Ich lebe frei. Ich habe mehr zu ge-
bieten/ als mir gebohten wird. Ja hierbei habe ich
itzund noch dieſes gluͤk/ daß ihre Hoheit meine wenig-
keit ſo hoch ehret/ und ſo hoch erhoͤbet/ daß mir meine
bewuſte unwuͤrdigkeit eine ſchaamroͤhte daruͤber ins ge-
ſichte treibet. Das tuht eine Fuͤrſtin/ die ſo hoch geboh-
ren iſt/ daß ſie unter allen Egiptiſchen Fuͤrſt innen den
vorzug beſitzet. Die Koͤnigliche Fuͤrſtin ſelbſten/ die der
Himmel erkohren den Egiptiſchen Reichsſtab zu fuͤh-
ren/ erweiſet mir dieſe hohe gnade. Ja was noch mehr
iſt/ dieſe hohe und große Fuͤrſtin erniedrigt und verklei-
nert ſich ſelbſten ſo gar/ daß ſie mir/ da ich doch nur ein
elender Leibeigener bin/ bei ihrem Koͤniglichen eide/ ver-
ſpricht ihre gantze gunſt uͤber mich unwuͤrdigen aus zu
ſchuͤtten. Und alſo bin ich nicht allein gluͤklich bei
meinem Herꝛn; ſondern auch bei andern/ uͤber mein
verdienſt. Ich bin gluͤklich innerhalb hauſes. Gluͤk-
lich bin ich auſſerhalb. Wie ſolte mir dan dieſer mein
itziger zuſtand/ den das gluͤk allenthalben uͤmgiebet/
nicht gefallen? Aber wie ſolche ſo uͤber die maße hohe
gnade uͤm ihre Hoheit ich elender Leibeigner verdienet/
weis ich nicht. Noch viel weniger weis ich in meinem
armen vermuͤgen einen dank zu finden; dadurch ich ſol-
ches/ in untertaͤhnigſt er gehorſamkeit/ der gebuͤhr nach
erkennen koͤnte.

Joſef wolte fortreden. Aber Nitokris fing ihm
das wort auf. Die ehre/ ſagte ſie/ die ich ihm erweiſe/
iſt ſchlecht. Die gunſt/ die ich ihm angelobet/ iſt eben ſo
unſchaͤtzbar: weil ich ſie ihm nicht erzeigen kan/ wie ich
von hertzen wuͤndſche. Zudem verdienet ſeine geſchiklig-
keit viel mehr. Seine Tugend iſt mehr ehre waͤhrt.

Sie
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[107/0131] drittes Buch. nen/ wie Ihre Hoheit ſiehet; ſondern auch ſelbſt als ſei- nen leiblichen Sohn. Wie koͤnte ichs beſſer wuͤndſchen? Was koͤnte ich mehr begehren? Und ſo bin ich in mei- nem ungluͤkke gluͤklich. Ich bin ein Leibeigener/ und doch auch keiner. Ich lebe frei. Ich habe mehr zu ge- bieten/ als mir gebohten wird. Ja hierbei habe ich itzund noch dieſes gluͤk/ daß ihre Hoheit meine wenig- keit ſo hoch ehret/ und ſo hoch erhoͤbet/ daß mir meine bewuſte unwuͤrdigkeit eine ſchaamroͤhte daruͤber ins ge- ſichte treibet. Das tuht eine Fuͤrſtin/ die ſo hoch geboh- ren iſt/ daß ſie unter allen Egiptiſchen Fuͤrſt innen den vorzug beſitzet. Die Koͤnigliche Fuͤrſtin ſelbſten/ die der Himmel erkohren den Egiptiſchen Reichsſtab zu fuͤh- ren/ erweiſet mir dieſe hohe gnade. Ja was noch mehr iſt/ dieſe hohe und große Fuͤrſtin erniedrigt und verklei- nert ſich ſelbſten ſo gar/ daß ſie mir/ da ich doch nur ein elender Leibeigener bin/ bei ihrem Koͤniglichen eide/ ver- ſpricht ihre gantze gunſt uͤber mich unwuͤrdigen aus zu ſchuͤtten. Und alſo bin ich nicht allein gluͤklich bei meinem Herꝛn; ſondern auch bei andern/ uͤber mein verdienſt. Ich bin gluͤklich innerhalb hauſes. Gluͤk- lich bin ich auſſerhalb. Wie ſolte mir dan dieſer mein itziger zuſtand/ den das gluͤk allenthalben uͤmgiebet/ nicht gefallen? Aber wie ſolche ſo uͤber die maße hohe gnade uͤm ihre Hoheit ich elender Leibeigner verdienet/ weis ich nicht. Noch viel weniger weis ich in meinem armen vermuͤgen einen dank zu finden; dadurch ich ſol- ches/ in untertaͤhnigſt er gehorſamkeit/ der gebuͤhr nach erkennen koͤnte. Joſef wolte fortreden. Aber Nitokris fing ihm das wort auf. Die ehre/ ſagte ſie/ die ich ihm erweiſe/ iſt ſchlecht. Die gunſt/ die ich ihm angelobet/ iſt eben ſo unſchaͤtzbar: weil ich ſie ihm nicht erzeigen kan/ wie ich von hertzen wuͤndſche. Zudem verdienet ſeine geſchiklig- keit viel mehr. Seine Tugend iſt mehr ehre waͤhrt. Sie

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Zitationshilfe: Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670, S. 107. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_assenat_1670/131>, abgerufen am 09.11.2024.