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Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670.

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drittes Buch.
zeit/ da Fürst Potifar etwan in des Königes geschäf-
ten verreisen müste. Alsdan gedachte sie ihr lange ge-
wündschtes ziel gewislich zu erreichen. Mitlerweile
ging sie/ ihrer gewohnheit nach/ etliche mahl in die bad-
stube. Da saß sie so lange/ bis sie durchwarm geworden.
Hierauf bestrich sie ihr angesicht/ samt dem brüsten und
dem halse/ mit trahne vom Balsambaume gantz dik-
ke. Mit diesem anstriche blieb sie noch eine guhte stun-
de sitzen; damit die kraft des balsams durch die haut/
sie rein und klahr zu machen/ auch vor runtzeln zu be-
wahren/ hindringen möchte. Ja sie kahm nicht eher
aus der badstube/ als bis der balsam gantz eingetruknet.
Auch wusch sie ihn nicht eher ab/ als nach drei tagen.
Da überstrich sie erst die haut mit öhle von bittern man-
deln. Darnach wusch sie sich sehr oft auf ieden tag
mit bohnenwasser. Dieses schmünken wiederhohlete
sie so oft/ bis sie schön und hübsch genug zu sein ver-
meinte.

Als nun diese gemelte zeit herzugenahet/ legte sie
straks ihren besten schmuk an. Sie wusch ihr angesicht/
samt den händen/ mit vielerhand wohlrüchenden Was-
sern. Auch lies sie die tafel dekken/ und allerhand ein-
gemachte köstliche lekkerbislein/ zusamt den edlesten ge-
tränken/ aufsetzen. Nachdem sie sich vor dieser tafel nie-
dergelaßen/ befahl sie dem Josef an zu melden/ daß er
ihr aufwarten solte. Unterdessen schikte sie alle Kam-
mermägdlein von sich. Eine iede muste an ihre gewöhn-
liche arbeit gehen. Josef gehorchte ihrem befehle zur
stunde. Er traht zu ihr hinein/ und ward überaus
freundlich empfangen. Ihr tuht sehr wohl/ sagte sie/
daß ihr so bald kommet/ mir die zeit zu verkürtzen. Und
dieses sprach sie mit halbgebrochenen worten. Auch
ward sie bald blas/ bald roht; und schwieg hiermit eine
guhte weile stil. Josef märkte hieraus zur stunde/ wie
hoch es an der zeit sei. Aber er lies sich nichts märken.

Er
H ij

drittes Buch.
zeit/ da Fuͤrſt Potifar etwan in des Koͤniges geſchaͤf-
ten verreiſen muͤſte. Alsdan gedachte ſie ihr lange ge-
wuͤndſchtes ziel gewislich zu erreichen. Mitlerweile
ging ſie/ ihrer gewohnheit nach/ etliche mahl in die bad-
ſtube. Da ſaß ſie ſo lange/ bis ſie durchwarm geworden.
Hierauf beſtrich ſie ihr angeſicht/ ſamt dem bruͤſten und
dem halſe/ mit trahne vom Balſambaume gantz dik-
ke. Mit dieſem anſtriche blieb ſie noch eine guhte ſtun-
de ſitzen; damit die kraft des balſams durch die haut/
ſie rein und klahr zu machen/ auch vor runtzeln zu be-
wahren/ hindringen moͤchte. Ja ſie kahm nicht eher
aus der badſtube/ als bis der balſam gantz eingetruknet.
Auch wuſch ſie ihn nicht eher ab/ als nach drei tagen.
Da uͤberſtrich ſie erſt die haut mit oͤhle von bittern man-
deln. Darnach wuſch ſie ſich ſehr oft auf ieden tag
mit bohnenwaſſer. Dieſes ſchmuͤnken wiederhohlete
ſie ſo oft/ bis ſie ſchoͤn und huͤbſch genug zu ſein ver-
meinte.

Als nun dieſe gemelte zeit herzugenahet/ legte ſie
ſtraks ihren beſten ſchmuk an. Sie wuſch ihr angeſicht/
ſamt den haͤnden/ mit vielerhand wohlruͤchenden Waſ-
ſern. Auch lies ſie die tafel dekken/ und allerhand ein-
gemachte koͤſtliche lekkerbislein/ zuſamt den edleſten ge-
traͤnken/ aufſetzen. Nachdem ſie ſich vor dieſer tafel nie-
dergelaßen/ befahl ſie dem Joſef an zu melden/ daß er
ihr aufwarten ſolte. Unterdeſſen ſchikte ſie alle Kam-
mermaͤgdlein von ſich. Eine iede muſte an ihre gewoͤhn-
liche arbeit gehen. Joſef gehorchte ihrem befehle zur
ſtunde. Er traht zu ihr hinein/ und ward uͤberaus
freundlich empfangen. Ihr tuht ſehr wohl/ ſagte ſie/
daß ihr ſo bald kommet/ mir die zeit zu verkuͤrtzen. Und
dieſes ſprach ſie mit halbgebrochenen worten. Auch
ward ſie bald blas/ bald roht; und ſchwieg hiermit eine
guhte weile ſtil. Joſef maͤrkte hieraus zur ſtunde/ wie
hoch es an der zeit ſei. Aber er lies ſich nichts maͤrken.

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[115/0139] drittes Buch. zeit/ da Fuͤrſt Potifar etwan in des Koͤniges geſchaͤf- ten verreiſen muͤſte. Alsdan gedachte ſie ihr lange ge- wuͤndſchtes ziel gewislich zu erreichen. Mitlerweile ging ſie/ ihrer gewohnheit nach/ etliche mahl in die bad- ſtube. Da ſaß ſie ſo lange/ bis ſie durchwarm geworden. Hierauf beſtrich ſie ihr angeſicht/ ſamt dem bruͤſten und dem halſe/ mit trahne vom Balſambaume gantz dik- ke. Mit dieſem anſtriche blieb ſie noch eine guhte ſtun- de ſitzen; damit die kraft des balſams durch die haut/ ſie rein und klahr zu machen/ auch vor runtzeln zu be- wahren/ hindringen moͤchte. Ja ſie kahm nicht eher aus der badſtube/ als bis der balſam gantz eingetruknet. Auch wuſch ſie ihn nicht eher ab/ als nach drei tagen. Da uͤberſtrich ſie erſt die haut mit oͤhle von bittern man- deln. Darnach wuſch ſie ſich ſehr oft auf ieden tag mit bohnenwaſſer. Dieſes ſchmuͤnken wiederhohlete ſie ſo oft/ bis ſie ſchoͤn und huͤbſch genug zu ſein ver- meinte. Als nun dieſe gemelte zeit herzugenahet/ legte ſie ſtraks ihren beſten ſchmuk an. Sie wuſch ihr angeſicht/ ſamt den haͤnden/ mit vielerhand wohlruͤchenden Waſ- ſern. Auch lies ſie die tafel dekken/ und allerhand ein- gemachte koͤſtliche lekkerbislein/ zuſamt den edleſten ge- traͤnken/ aufſetzen. Nachdem ſie ſich vor dieſer tafel nie- dergelaßen/ befahl ſie dem Joſef an zu melden/ daß er ihr aufwarten ſolte. Unterdeſſen ſchikte ſie alle Kam- mermaͤgdlein von ſich. Eine iede muſte an ihre gewoͤhn- liche arbeit gehen. Joſef gehorchte ihrem befehle zur ſtunde. Er traht zu ihr hinein/ und ward uͤberaus freundlich empfangen. Ihr tuht ſehr wohl/ ſagte ſie/ daß ihr ſo bald kommet/ mir die zeit zu verkuͤrtzen. Und dieſes ſprach ſie mit halbgebrochenen worten. Auch ward ſie bald blas/ bald roht; und ſchwieg hiermit eine guhte weile ſtil. Joſef maͤrkte hieraus zur ſtunde/ wie hoch es an der zeit ſei. Aber er lies ſich nichts maͤrken. Er H ij

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Zitationshilfe: Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670, S. 115. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_assenat_1670/139>, abgerufen am 22.12.2024.