Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670.Der Assenat über war Josef sehr erfreuet. Und als sie von ihm ge-schieden/ rief er inbrünstig zu Gott/ daß er sie bei dieser reue erhalten möchte. Auch lies sie ihn eine zeit lang zu frieden. Eine guhte weile währete diese stille. Aber endlich begunte der sturm viel heftiger/ als zuvor. Uhr- plötzlich erhub sich ein erschrökliches unwetter. Unver- sehens kahmen lauter donner/ und lauter blitze auf den unglükseeligen Josef zugeschossen. Weil nun Sefira sahe/ daß ihr die guhten worte Josef wuste nicht/ ob er schweigen/ oder antworten weh-
Der Aſſenat uͤber war Joſef ſehr erfreuet. Und als ſie von ihm ge-ſchieden/ rief er inbruͤnſtig zu Gott/ daß er ſie bei dieſer reue erhalten moͤchte. Auch lies ſie ihn eine zeit lang zu frieden. Eine guhte weile waͤhrete dieſe ſtille. Aber endlich begunte der ſturm viel heftiger/ als zuvor. Uhr- ploͤtzlich erhub ſich ein erſchroͤkliches unwetter. Unver- ſehens kahmen lauter donner/ und lauter blitze auf den ungluͤkſeeligen Joſef zugeſchoſſen. Weil nun Sefira ſahe/ daß ihr die guhten worte Joſef wuſte nicht/ ob er ſchweigen/ oder antworten weh-
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Der Aſſenat
uͤber war Joſef ſehr erfreuet. Und als ſie von ihm ge-
ſchieden/ rief er inbruͤnſtig zu Gott/ daß er ſie bei dieſer
reue erhalten moͤchte. Auch lies ſie ihn eine zeit lang zu
frieden. Eine guhte weile waͤhrete dieſe ſtille. Aber
endlich begunte der ſturm viel heftiger/ als zuvor. Uhr-
ploͤtzlich erhub ſich ein erſchroͤkliches unwetter. Unver-
ſehens kahmen lauter donner/ und lauter blitze auf den
ungluͤkſeeligen Joſef zugeſchoſſen.
Weil nun Sefira ſahe/ daß ihr die guhten worte
nichts geholfen; ſo entſchlos ſie ſich mit der ſchaͤrfe zu
verfahren. Und in ſolcher entſchlieſſung entboht ſie den
Joſef. Ihr Herꝛ war eben mit den Koͤnige aus gerit-
ten. Ihrem Frauenzimmer hatte ſie erleubet ſich im
garten zu erluſtigen. Und alſo befand ſie ſich in ihrem
zimmer gantz allein. Joſef maͤrkte/ ſtraks im erſten ein-
tritte/ was die glokke geſchlagen. Er ſahe es ihr an den
augen an/ daß zorn und liebe in ihrem hertzen ſtritten.
Er fragte/ mit tiefſter ehrerbietigkeit: was ſie ihm zu
befehlen hette? Ich befehle dir/ antwortete ſie mit har-
ter ſtimme/ daß du mich hinfort/ als deine Gebieterin/
ehreſt. Ich gebiete dir meinen worten gehorſam zu ſein.
Ja ich wil/ daß mein wille geſchehe. Dieſe worte klun-
gen dem Joſef/ als ein donner/ in ſeine ohren. Lieber het-
te er gewuͤndſcht/ daß man ihn in der Wolfskuhle ver-
hungern laßen/ als daß er alhier von dieſer Fraue/ die ſei-
ner keuſcheit das verderben dreuete/ ſo heftig ſolte beſtuͤr-
met werden. Was bildeſtu dir ein/ fuhr ſie fort/ daß du
dich wider deine Fraue ſo ſperreſt/ ja ihr ſo gar ſchimpflich
begegneſt? Weiſtu nicht/ daß dein leben und tod in meiner
macht ſtehet? Wan ich nur winke/ biſtu eintodter menſch.
Joſef wuſte nicht/ ob er ſchweigen/ oder antworten
ſolte. Er ſahe zween gegeneinander ſtreitende feinde
vor ſeinen augen. Dieſe waren Zorn und Liebe: welche
ihm alle beide den untergang dreueten; jener des le-
bens/ und dieſe der keuſchheit. Davon muſte er eines
weh-
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