Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670.vierdes Buch. fen. Und also begegnete beiden/ wie Josef ihre treu-me gedeutet. Aber der oberste Mundschenke vergaß des Josefs/ und gedachte nicht mehr weder seines dien- stes/ nach der auslegung seines traumes. So gehet es gemeiniglich bei Hofe. Die hofluft hat diese ahrt/ daß sie das gedächtnüs der wohltahten in einem hut verzehret/ oder doch zum wenigsten benebelt. Kaum hatte sie der Mundschenke eingesogen/ da fühlete er ih- re würkung schon; und lies also den unschuldigen Josef in seiner gefangenschaft noch zwei jahre verzap- peln. Aber die aufrichtige Nitokris war weit anders ge- Mit
vierdes Buch. fen. Und alſo begegnete beiden/ wie Joſef ihre treu-me gedeutet. Aber der oberſte Mundſchenke vergaß des Joſefs/ und gedachte nicht mehr weder ſeines dien- ſtes/ nach der auslegung ſeines traumes. So gehet es gemeiniglich bei Hofe. Die hofluft hat dieſe ahrt/ daß ſie das gedaͤchtnuͤs der wohltahten in einem hut verzehret/ oder doch zum wenigſten benebelt. Kaum hatte ſie der Mundſchenke eingeſogen/ da fuͤhlete er ih- re wuͤrkung ſchon; und lies alſo den unſchuldigen Joſef in ſeiner gefangenſchaft noch zwei jahre verzap- peln. Aber die aufrichtige Nitokris war weit anders ge- Mit
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vierdes Buch.
fen. Und alſo begegnete beiden/ wie Joſef ihre treu-
me gedeutet. Aber der oberſte Mundſchenke vergaß des
Joſefs/ und gedachte nicht mehr weder ſeines dien-
ſtes/ nach der auslegung ſeines traumes. So gehet
es gemeiniglich bei Hofe. Die hofluft hat dieſe ahrt/
daß ſie das gedaͤchtnuͤs der wohltahten in einem hut
verzehret/ oder doch zum wenigſten benebelt. Kaum
hatte ſie der Mundſchenke eingeſogen/ da fuͤhlete er ih-
re wuͤrkung ſchon; und lies alſo den unſchuldigen
Joſef in ſeiner gefangenſchaft noch zwei jahre verzap-
peln.
Aber die aufrichtige Nitokris war weit anders ge-
ſinnet. Sie war zwar bei hofe gebohren; und mitten
im hofweſen erzogen. Gleichwohl hatte die ſchaͤrfe der
hofluft die lauterkeit ihres redlichen hertzens keineswe-
ges verletzen oder benebeln koͤnnen. Der Aſſenat zu lie-
be hette ſie den Joſef gern erloͤſet. Sefira war zwar
todt. Joſefs einige verfolgerin war den weg aller welt
gegangen. Die ſtund ihr nicht mehr im wege. Bei dem
Koͤnige/ ihrem Herꝛn Vater/ vermochte ſie ſehr viel.
Es were nur uͤm ein wort zu tuhn geweſen. Doch
gleichwohl durfte ſie es nicht wagen. Der wohlſtand
wolte es nicht zulaßen. Sie befahrete ſich eines uͤbelen
nachklangs; wan ſie ſich des Joſefs ſo eifrig und ſo oͤf-
fendlich annehme: wan ſie demſelben/ den ihre Muhme
bezuͤchriget/ als wan er ihre ehre zu kraͤnken ſich unter-
wunden/ das Wort redete. Und eben daruͤm war ſie
heftig bekuͤmmert. Sie trug ein großes mitleiden mit
ihm. Ja es ſchmertzte ſie uͤber alle maßen/ daß eine ſo
unvergleichliche ſchoͤnheit im gefaͤngnuͤſſe veralten ſol-
te. Noch mehr betauerte ſie ſeine himliſche Tugenden/
daß ſie ihre ſtrahlen nicht vor der gantzen welt ſolten
leuchten laßen. Aber was wolte ſie tuhn? Sie muſte
einer fuͤglichern gelegenheit erwarten. Unterdeſſen kon-
te der Sefira beſchuldigung in vergeſſenheit gerahten.
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