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Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670.

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Der Assenat
alhier ihre sämtliche kraft/ in ausbildung ihres verbor-
genen sinnes/ angewendet/ war eben so unschätzbar/ als
wunderwürdig. Das Bette stund als ein Königliches
gezelt aufgeschlagen/ und auf das prächtigste geschmük-
ket. Die seulen waren von dem reinsten und weissestem
elfenbeine auf das zierlichste gedrehet: die ümhänge
von klahrer weisser seide/ mit silbernem bluhmwerke
durchwürket. Eben eine solche dekke war auch über das
bette geschlagen. Alhier begab sich Josef endlich zur
ruhe.

In der ersten morgenwache erschienen ihm im
schlafe zwölf Hirsche. Diese warden endlich zu
neunen/ und in den Ländern zerstreuet.
Auch sahe
er aus seines Bruders Judah nachkommen eine
Jungfrau/ in reine weisse seide gekleidet/ herfür-
gehen. Diese gebahr ein unbeflektes Lam. Zur
linken hand des Lammes stund ein Leue. Und
alle Tiere strenbeten sich wider ihn/ und fielen
ihn an. Das Lam aber überwand sie/ und traht
sie alle unter die füße. Und über ihm erfreueten
sich die Engel/ die Menschen/ und das gantze
Erdreich.

Mitten in socher algemeinen freude ward Josef wak-
ker/ und dachte diesem Gesichte nach. Er sahe wohl/
daß es erst in den letzten zeiten erfüllet; und aus dem
Stamme Judah der längst verheissene Heiland der
Welt
solte gebohren werden. Nun sahe er dem Wei-
bessamen
entgegen/ welcher der Schlange den kopf zer-
trähten solte. Mitten in solchen gedanken erhub er sich
aus seiner ruhe. So bald er rege ward/ kahm einer von
seinen Kammerdienern hinein. Der brachte ihm/ auf
befehl des Königes/ ein überaus köstliches Kleid/ mit
allem zugehöre. Auch ward ihm straks darauf eine Kö-
nigliche Befehlschrift an den Schatzmeister des Köni-
ges eingereichet. Durch diese war ihm vergönnet/ so

viel

Der Aſſenat
alhier ihre ſaͤmtliche kraft/ in ausbildung ihres verbor-
genen ſinnes/ angewendet/ war eben ſo unſchaͤtzbar/ als
wunderwuͤrdig. Das Bette ſtund als ein Koͤnigliches
gezelt aufgeſchlagen/ und auf das praͤchtigſte geſchmuͤk-
ket. Die ſeulen waren von dem reinſten und weiſſeſtem
elfenbeine auf das zierlichſte gedrehet: die uͤmhaͤnge
von klahrer weiſſer ſeide/ mit ſilbernem bluhmwerke
durchwuͤrket. Eben eine ſolche dekke war auch uͤber das
bette geſchlagen. Alhier begab ſich Joſef endlich zur
ruhe.

In der erſten morgenwache erſchienen ihm im
ſchlafe zwoͤlf Hirſche. Dieſe warden endlich zu
neunen/ und in den Laͤndern zerſtreuet.
Auch ſahe
er aus ſeines Bruders Judah nachkommen eine
Jungfrau/ in reine weiſſe ſeide gekleidet/ herfuͤr-
gehen. Dieſe gebahr ein unbeflektes Lam. Zur
linken hand des Lammes ſtund ein Leue. Und
alle Tiere ſtrenbeten ſich wider ihn/ und fielen
ihn an. Das Lam aber uͤberwand ſie/ und traht
ſie alle unter die fuͤße. Und uͤber ihm erfreueten
ſich die Engel/ die Menſchen/ und das gantze
Erdreich.

Mitten in ſocher algemeinen freude ward Joſef wak-
ker/ und dachte dieſem Geſichte nach. Er ſahe wohl/
daß es erſt in den letzten zeiten erfuͤllet; und aus dem
Stamme Judah der laͤngſt verheiſſene Heiland der
Welt
ſolte gebohren werden. Nun ſahe er dem Wei-
besſamen
entgegen/ welcher der Schlange den kopf zer-
traͤhten ſolte. Mitten in ſolchen gedanken erhub er ſich
aus ſeiner ruhe. So bald er rege ward/ kahm einer von
ſeinen Kammerdienern hinein. Der brachte ihm/ auf
befehl des Koͤniges/ ein uͤberaus koͤſtliches Kleid/ mit
allem zugehoͤre. Auch ward ihm ſtraks darauf eine Koͤ-
nigliche Befehlſchrift an den Schatzmeiſter des Koͤni-
ges eingereichet. Durch dieſe war ihm vergoͤnnet/ ſo

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[184/0208] Der Aſſenat alhier ihre ſaͤmtliche kraft/ in ausbildung ihres verbor- genen ſinnes/ angewendet/ war eben ſo unſchaͤtzbar/ als wunderwuͤrdig. Das Bette ſtund als ein Koͤnigliches gezelt aufgeſchlagen/ und auf das praͤchtigſte geſchmuͤk- ket. Die ſeulen waren von dem reinſten und weiſſeſtem elfenbeine auf das zierlichſte gedrehet: die uͤmhaͤnge von klahrer weiſſer ſeide/ mit ſilbernem bluhmwerke durchwuͤrket. Eben eine ſolche dekke war auch uͤber das bette geſchlagen. Alhier begab ſich Joſef endlich zur ruhe. In der erſten morgenwache erſchienen ihm im ſchlafe zwoͤlf Hirſche. Dieſe warden endlich zu neunen/ und in den Laͤndern zerſtreuet. Auch ſahe er aus ſeines Bruders Judah nachkommen eine Jungfrau/ in reine weiſſe ſeide gekleidet/ herfuͤr- gehen. Dieſe gebahr ein unbeflektes Lam. Zur linken hand des Lammes ſtund ein Leue. Und alle Tiere ſtrenbeten ſich wider ihn/ und fielen ihn an. Das Lam aber uͤberwand ſie/ und traht ſie alle unter die fuͤße. Und uͤber ihm erfreueten ſich die Engel/ die Menſchen/ und das gantze Erdreich. Mitten in ſocher algemeinen freude ward Joſef wak- ker/ und dachte dieſem Geſichte nach. Er ſahe wohl/ daß es erſt in den letzten zeiten erfuͤllet; und aus dem Stamme Judah der laͤngſt verheiſſene Heiland der Welt ſolte gebohren werden. Nun ſahe er dem Wei- besſamen entgegen/ welcher der Schlange den kopf zer- traͤhten ſolte. Mitten in ſolchen gedanken erhub er ſich aus ſeiner ruhe. So bald er rege ward/ kahm einer von ſeinen Kammerdienern hinein. Der brachte ihm/ auf befehl des Koͤniges/ ein uͤberaus koͤſtliches Kleid/ mit allem zugehoͤre. Auch ward ihm ſtraks darauf eine Koͤ- nigliche Befehlſchrift an den Schatzmeiſter des Koͤni- ges eingereichet. Durch dieſe war ihm vergoͤnnet/ ſo viel

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Zitationshilfe: Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670, S. 184. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_assenat_1670/208>, abgerufen am 22.12.2024.