Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670.Der Assenat gantzen Väterlichen hauses vergessen laßen. Denandern nennete er Efraim: weil ihn Gott im lan- de seines elendes wachsend gemacht. Hatte er seine Assenat zuvor geliebet/ so liebte er sie nun noch tausend mahl mehr. Auch gab ihre liebe der seinigen nichts zuvor. Erstlich liebte sie ihn/ daß er sie zur er- käntnüs des waren Gottes gebracht. Dan Josef hat- te nicht allein seiner Gemahlin/ sondern auch dem Ertz- bischoffe ihrem Herrn Vater/ die Geheimnüsse der Göttlichen wahrheit geoffenbahret. Dieser verbarg sie in seinem hertzen/ als einen köstlichen schatz. Er behielt sie allein vor sich. Er täht sie niemand kund. Es schien auch mehr unnütz/ als ersprieslich zu sein/ diese heili- ge Wissenschaft unter das im aberglauben ersoffene völklein zu bringen: zumahl weil es gewohnet war/ da- mit es im gehohrsam verbliebe/ nur mit Abgöttereien und falschen Gottesdiensten abgespeiset zu werden. Darnach heuffeten solche liebe diese zwei lieben Ehpfän- de/ die sie von ihrem hertzlieben Josef hatte/ noch mehr. Und darzu kahm auch endlich der überschwäng- lich große reichtuhm; den so wohl ihr/ als ihrem Va- ter/ Josefs klüglicher handel veruhrsachte. Dan er hat- te vor beiderseits gelder/ in der wohlfeilen zeit/ eine große mänge getreides eingekauft: und diese bekahmen sie hernach/ in der teurung/ tausendfach wieder. Im begin dieser Teurung kahmen alle benachbahr- Korn
Der Aſſenat gantzen Vaͤterlichen hauſes vergeſſen laßen. Denandern nennete er Efraim: weil ihn Gott im lan- de ſeines elendes wachſend gemacht. Hatte er ſeine Aſſenat zuvor geliebet/ ſo liebte er ſie nun noch tauſend mahl mehr. Auch gab ihre liebe der ſeinigen nichts zuvor. Erſtlich liebte ſie ihn/ daß er ſie zur er- kaͤntnuͤs des waren Gottes gebracht. Dan Joſef hat- te nicht allein ſeiner Gemahlin/ ſondern auch dem Ertz- biſchoffe ihrem Herꝛn Vater/ die Geheimnuͤſſe der Goͤttlichen wahrheit geoffenbahret. Dieſer verbarg ſie in ſeinem hertzen/ als einen koͤſtlichen ſchatz. Er behielt ſie allein vor ſich. Er taͤht ſie niemand kund. Es ſchien auch mehr unnuͤtz/ als erſprieslich zu ſein/ dieſe heili- ge Wiſſenſchaft unter das im aberglauben erſoffene voͤlklein zu bringen: zumahl weil es gewohnet war/ da- mit es im gehohrſam verbliebe/ nur mit Abgoͤttereien und falſchen Gottesdienſten abgeſpeiſet zu werden. Darnach heuffeten ſolche liebe dieſe zwei lieben Ehpfaͤn- de/ die ſie von ihrem hertzlieben Joſef hatte/ noch mehr. Und darzu kahm auch endlich der uͤberſchwaͤng- lich große reichtuhm; den ſo wohl ihr/ als ihrem Va- ter/ Joſefs kluͤglicher handel veruhrſachte. Dan er hat- te vor beiderſeits gelder/ in der wohlfeilen zeit/ eine große maͤnge getreides eingekauft: und dieſe bekahmen ſie hernach/ in der teurung/ tauſendfach wieder. Im begin dieſer Teurung kahmen alle benachbahr- Korn
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Der Aſſenat
gantzen Vaͤterlichen hauſes vergeſſen laßen. Den
andern nennete er Efraim: weil ihn Gott im lan-
de ſeines elendes wachſend gemacht. Hatte er
ſeine Aſſenat zuvor geliebet/ ſo liebte er ſie nun noch
tauſend mahl mehr. Auch gab ihre liebe der ſeinigen
nichts zuvor. Erſtlich liebte ſie ihn/ daß er ſie zur er-
kaͤntnuͤs des waren Gottes gebracht. Dan Joſef hat-
te nicht allein ſeiner Gemahlin/ ſondern auch dem Ertz-
biſchoffe ihrem Herꝛn Vater/ die Geheimnuͤſſe der
Goͤttlichen wahrheit geoffenbahret. Dieſer verbarg ſie
in ſeinem hertzen/ als einen koͤſtlichen ſchatz. Er behielt
ſie allein vor ſich. Er taͤht ſie niemand kund. Es ſchien
auch mehr unnuͤtz/ als erſprieslich zu ſein/ dieſe heili-
ge Wiſſenſchaft unter das im aberglauben erſoffene
voͤlklein zu bringen: zumahl weil es gewohnet war/ da-
mit es im gehohrſam verbliebe/ nur mit Abgoͤttereien
und falſchen Gottesdienſten abgeſpeiſet zu werden.
Darnach heuffeten ſolche liebe dieſe zwei lieben Ehpfaͤn-
de/ die ſie von ihrem hertzlieben Joſef hatte/ noch
mehr. Und darzu kahm auch endlich der uͤberſchwaͤng-
lich große reichtuhm; den ſo wohl ihr/ als ihrem Va-
ter/ Joſefs kluͤglicher handel veruhrſachte. Dan er hat-
te vor beiderſeits gelder/ in der wohlfeilen zeit/ eine
große maͤnge getreides eingekauft: und dieſe bekahmen
ſie hernach/ in der teurung/ tauſendfach wieder.
Im begin dieſer Teurung kahmen alle benachbahr-
ten Voͤlker/ die der hunger zum erſten druͤkte/ zum Koͤ-
nige. Darnach erſchienen auch die Egipter im Tebi-
ſchen gebiete. Alle begehrten Korn zu kauffen. Alle rief-
fen uͤm Broht. Aber der Koͤnig wieſe ſie zum Schalt-
koͤnige. Was der euch befielet/ ſagte er/ das tuht. Als
nun die teurung durch das gantze Egipten uͤberhand
nahm; da taͤht Joſef allenthalben die Kornheuſer auf/
und lies das getreide verkauffen. Straks lief der ruf
hiervon in alle laͤnder. Straks machten ſich alle Voͤlker/
Korn
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Zitationshilfe: | Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670, S. 266. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_assenat_1670/290>, abgerufen am 27.07.2024. |