Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670.Der Assenat erschrökte ihn dermaßen/ daß er böbete und zitterte/ alsdas espenlaub. Nachdem nun Josef ein zierliches sommerkleid/ Diese reden hörete Nefrem: und märkte schon/ was be-
Der Aſſenat erſchroͤkte ihn dermaßen/ daß er boͤbete und zitterte/ alsdas eſpenlaub. Nachdem nun Joſef ein zierliches ſommerkleid/ Dieſe reden hoͤrete Nefrem: und maͤrkte ſchon/ was be-
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0034" n="10"/><fw place="top" type="header">Der Aſſenat</fw><lb/> erſchroͤkte ihn dermaßen/ daß er boͤbete und zitterte/ als<lb/> das eſpenlaub.</p><lb/> <p>Nachdem nun <hi rendition="#fr">Joſef</hi> ein zierliches ſommerkleid/<lb/> welches ihm die Kaufleute zu dem ende gegeben/ angele-<lb/> get; ward er/ ſamt den Koͤniglichen geſchenken/ ſtraks<lb/> auf die Burg gefuͤhret. Alda lag die Koͤnigin/ mit ih-<lb/> rem gantzen Frauenzimmer/ ſchon in den fenſtern/ und<lb/> wartete mit großem verlangen auf ſeine ankunft. Dan<lb/> der ruf war albereit den abend zuvor/ aus der ſtadt/ bis<lb/> in das koͤnigliche Schlos erſchollen/ daß ein uͤberaus<lb/> ſchoͤner Ebreer angelanget/ und heute dem Koͤnige ſolte<lb/> verehret werden. Es iſt mit keiner feder aus zu druͤk-<lb/> ken/ wie heftig dieſe neugierigen durch den erſten an-<lb/> blik des ſchoͤnen Leibeignen entzuͤkt warden. Man hatte<lb/> ihn beſchrieben/ als einen Engel: aber ſie ſahen ihn gar<lb/> vor eine Gottheit an. Hatte man geſtern ſeine ſchoͤn-<lb/> heit ſo uͤberlaut geprieſen; ſo ward ſie heute/ mit be-<lb/> ſtuͤrtztem ſtilſchweigen des gantzen Frauenzimmers/ be-<lb/> trachtet. Alle Jungfrauen ſtunden als erſtummet. Al-<lb/> le Fuͤrſtinnen erſtarreten. Ja die Koͤnigin ſelbſten<lb/> war faſt gantz aus ihr ſelbſten. Doch gleichwohl behiel-<lb/> ten ihre Sinnen noch ſo viel kraft/ daß eine iede bei ihr<lb/> ſelbſt zu wuͤndſchen vermochte einen ſo ſchoͤnen Engel/<lb/> in ihrer ſchlafkammer/ zum ſtaͤtigen leibwaͤchter zu ha-<lb/> ben. Eine guhte weile waͤhrete dieſes ſtilſchweigen.<lb/> Die Koͤnigin war die erſte/ welche zu reden begunte.<lb/> Ha! ſagte ſie/ ſol dieſes ein Leibeigner ſein? Sol dieſes<lb/> ein verkaufter Ebreer ſein? Das kan ich mir nimmer-<lb/> mehr einbilden. Vielmehr iſt er ein Ebreiſcher Gott;<lb/> oder aber ein Fuͤrſt: und iſt er keines von beiden/ ſo iſt<lb/> er doch zum wenigſten wuͤrdig ſolches zu ſein; ja wuͤr-<lb/> dig iſt er uͤber die gautze welt zu herſchen; wie er dan<lb/> ſchon in der taht beginnet.</p><lb/> <p>Dieſe reden hoͤrete <hi rendition="#fr">Nefrem:</hi> und maͤrkte ſchon/ was<lb/> die glokke geſchlagen. Seine Freulein Tochter ſahe er<lb/> <fw place="bottom" type="catch">be-</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [10/0034]
Der Aſſenat
erſchroͤkte ihn dermaßen/ daß er boͤbete und zitterte/ als
das eſpenlaub.
Nachdem nun Joſef ein zierliches ſommerkleid/
welches ihm die Kaufleute zu dem ende gegeben/ angele-
get; ward er/ ſamt den Koͤniglichen geſchenken/ ſtraks
auf die Burg gefuͤhret. Alda lag die Koͤnigin/ mit ih-
rem gantzen Frauenzimmer/ ſchon in den fenſtern/ und
wartete mit großem verlangen auf ſeine ankunft. Dan
der ruf war albereit den abend zuvor/ aus der ſtadt/ bis
in das koͤnigliche Schlos erſchollen/ daß ein uͤberaus
ſchoͤner Ebreer angelanget/ und heute dem Koͤnige ſolte
verehret werden. Es iſt mit keiner feder aus zu druͤk-
ken/ wie heftig dieſe neugierigen durch den erſten an-
blik des ſchoͤnen Leibeignen entzuͤkt warden. Man hatte
ihn beſchrieben/ als einen Engel: aber ſie ſahen ihn gar
vor eine Gottheit an. Hatte man geſtern ſeine ſchoͤn-
heit ſo uͤberlaut geprieſen; ſo ward ſie heute/ mit be-
ſtuͤrtztem ſtilſchweigen des gantzen Frauenzimmers/ be-
trachtet. Alle Jungfrauen ſtunden als erſtummet. Al-
le Fuͤrſtinnen erſtarreten. Ja die Koͤnigin ſelbſten
war faſt gantz aus ihr ſelbſten. Doch gleichwohl behiel-
ten ihre Sinnen noch ſo viel kraft/ daß eine iede bei ihr
ſelbſt zu wuͤndſchen vermochte einen ſo ſchoͤnen Engel/
in ihrer ſchlafkammer/ zum ſtaͤtigen leibwaͤchter zu ha-
ben. Eine guhte weile waͤhrete dieſes ſtilſchweigen.
Die Koͤnigin war die erſte/ welche zu reden begunte.
Ha! ſagte ſie/ ſol dieſes ein Leibeigner ſein? Sol dieſes
ein verkaufter Ebreer ſein? Das kan ich mir nimmer-
mehr einbilden. Vielmehr iſt er ein Ebreiſcher Gott;
oder aber ein Fuͤrſt: und iſt er keines von beiden/ ſo iſt
er doch zum wenigſten wuͤrdig ſolches zu ſein; ja wuͤr-
dig iſt er uͤber die gautze welt zu herſchen; wie er dan
ſchon in der taht beginnet.
Dieſe reden hoͤrete Nefrem: und maͤrkte ſchon/ was
die glokke geſchlagen. Seine Freulein Tochter ſahe er
be-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |