Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670.

Bild:
<< vorherige Seite
Kurtzbündige

Auch spricht Ruben/ in seinem letzten Willen/
hier von folgende worte: Weil sich Josef von aller-
lei weibern enthalten und bewahrt hat/ ja alle
seine gedanken von aller huhrerei und beflek-
kung gereiniget; so ist er angenehm gewesen bei
Gott und Menschen. Fürwahr! die Egipti-
sche Fraue täht ihm viel dampfes an: welche die
Zeuberer hohlen lies/ und gab ihm betrügliche
artzneien. Aber in ihn kahmen keine böse begier-
den. Darüm hat ihn Gott/ der Gott meiner
Väter/ vor dem sichtbaren und unsichtbarem
tode befreiet/
u. a. m.

Tatura ist bei den Egiptern eine gattung des
Nachschattens/ vom Dodoneus Stramonia genen-
net. Mattiolus meldet/ daß dieses kraut dem Nacht-
schatten welcher sonst Solanus heisset/ zwar gleich sei/
aber einen geruch habe als Schlaf kraut/ opium, mit
weissen wohlrüchenden bluhmen/ und dunkelbraunen
gekerbten blättern. Aus der bluhme komt eine runt-
hafte frucht/ mit einer dornichten schahle/ wiewohl sie
auch zuweilen keine dornen hat: welche von etlichen
vor die nus Metel bei dem Avizenne gehalten wird.
In dieser frucht lieget ein gelber same/ der zuletzt bleich
wird; und fast eben die kraft hat/ als das Slafkraut.
Dan er machet die menschen tum/ tutzig/ trunken und
sinneloß; ja sie fallen in einen so tieffen schlaf/ der wohl
drei tage lang währet. Daher pflegen ihn die Egipti-
schen Straßenreuber den reisenden Kaufleuten/ klein
zerstoßen/ und mit honige vermischt/ einzugeben/ sie
trunken und schlafend zu machen; damit sie ihnen ihr
geld und guht abnehmen können. Dergleichen pflegen
auch die Huhren in Egipten und Ost-Indien zu tuhn/
wan sie einen Jüngling zu ihrem willen zu bringen
trachten. Dem geben sie gemelten saamen gemeinig-
lich im weine zu trinken: darauf er so sinloß wird/ daß

er
Kurtzbuͤndige

Auch ſpricht Ruben/ in ſeinem letzten Willen/
hier von folgende worte: Weil ſich Joſef von aller-
lei weibern enthalten und bewahrt hat/ ja alle
ſeine gedanken von aller huhrerei und beflek-
kung gereiniget; ſo iſt er angenehm geweſen bei
Gott und Menſchen. Fuͤrwahr! die Egipti-
ſche Fraue taͤht ihm viel dampfes an: welche die
Zeuberer hohlen lies/ und gab ihm betruͤgliche
artzneien. Aber in ihn kahmen keine boͤſe begier-
den. Daruͤm hat ihn Gott/ der Gott meiner
Vaͤter/ vor dem ſichtbaren und unſichtbarem
tode befreiet/
u. a. m.

Tatura iſt bei den Egiptern eine gattung des
Nachſchattens/ vom Dodoneus Stramonia genen-
net. Mattiolus meldet/ daß dieſes kraut dem Nacht-
ſchatten welcher ſonſt Solanus heiſſet/ zwar gleich ſei/
aber einen geruch habe als Schlaf kraut/ opium, mit
weiſſen wohlruͤchenden bluhmen/ und dunkelbraunen
gekerbten blaͤttern. Aus der bluhme komt eine runt-
hafte frucht/ mit einer dornichten ſchahle/ wiewohl ſie
auch zuweilen keine dornen hat: welche von etlichen
vor die nus Metel bei dem Avizenne gehalten wird.
In dieſer frucht lieget ein gelber ſame/ der zuletzt bleich
wird; und faſt eben die kraft hat/ als das Slafkraut.
Dan er machet die menſchen tum/ tutzig/ trunken und
ſinneloß; ja ſie fallen in einen ſo tieffen ſchlaf/ der wohl
drei tage lang waͤhret. Daher pflegen ihn die Egipti-
ſchen Straßenreuber den reiſenden Kaufleuten/ klein
zerſtoßen/ und mit honige vermiſcht/ einzugeben/ ſie
trunken und ſchlafend zu machen; damit ſie ihnen ihr
geld und guht abnehmen koͤnnen. Dergleichen pflegen
auch die Huhren in Egipten und Oſt-Indien zu tuhn/
wan ſie einen Juͤngling zu ihrem willen zu bringen
trachten. Dem geben ſie gemelten ſaamen gemeinig-
lich im weine zu trinken: darauf er ſo ſinloß wird/ daß

er
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0478" n="454"/>
            <fw place="top" type="header">Kurtzbu&#x0364;ndige</fw><lb/>
            <p>Auch &#x017F;pricht <hi rendition="#fr">Ruben/</hi> in &#x017F;einem letzten Willen/<lb/>
hier von folgende worte: <hi rendition="#fr">Weil &#x017F;ich</hi> Jo&#x017F;ef <hi rendition="#fr">von aller-<lb/>
lei weibern enthalten und bewahrt hat/ ja alle<lb/>
&#x017F;eine gedanken von aller huhrerei und beflek-<lb/>
kung gereiniget; &#x017F;o i&#x017F;t er angenehm gewe&#x017F;en bei<lb/>
Gott und Men&#x017F;chen. Fu&#x0364;rwahr! die Egipti-<lb/>
&#x017F;che Fraue ta&#x0364;ht ihm viel dampfes an: welche die<lb/>
Zeuberer hohlen lies/ und gab ihm betru&#x0364;gliche<lb/>
artzneien. Aber in ihn kahmen keine bo&#x0364;&#x017F;e begier-<lb/>
den. Daru&#x0364;m hat ihn Gott/ der Gott meiner<lb/>
Va&#x0364;ter/ vor dem &#x017F;ichtbaren und un&#x017F;ichtbarem<lb/>
tode befreiet/</hi> u. a. m.</p><lb/>
            <p><hi rendition="#aq">Tatura</hi> i&#x017F;t bei den Egiptern eine gattung des<lb/><hi rendition="#fr">Nach&#x017F;chattens/</hi> vom <hi rendition="#fr">Dodoneus</hi> <hi rendition="#aq">Stramonia</hi> genen-<lb/>
net. <hi rendition="#fr">Mattiolus</hi> meldet/ daß die&#x017F;es kraut dem Nacht-<lb/>
&#x017F;chatten welcher &#x017F;on&#x017F;t <hi rendition="#aq">Solanus</hi> hei&#x017F;&#x017F;et/ zwar gleich &#x017F;ei/<lb/>
aber einen geruch habe als <hi rendition="#fr">Schlaf kraut/</hi> <hi rendition="#aq">opium,</hi> mit<lb/>
wei&#x017F;&#x017F;en wohlru&#x0364;chenden bluhmen/ und dunkelbraunen<lb/>
gekerbten bla&#x0364;ttern. Aus der bluhme komt eine runt-<lb/>
hafte frucht/ mit einer dornichten &#x017F;chahle/ wiewohl &#x017F;ie<lb/>
auch zuweilen keine dornen hat: welche von etlichen<lb/>
vor die nus <hi rendition="#fr">Metel</hi> bei dem <hi rendition="#fr">Avizenne</hi> gehalten wird.<lb/>
In die&#x017F;er frucht lieget ein gelber &#x017F;ame/ der zuletzt bleich<lb/>
wird; und fa&#x017F;t eben die kraft hat/ als das <hi rendition="#fr">Slafkraut.</hi><lb/>
Dan er machet die men&#x017F;chen tum/ tutzig/ trunken und<lb/>
&#x017F;inneloß; ja &#x017F;ie fallen in einen &#x017F;o tieffen &#x017F;chlaf/ der wohl<lb/>
drei tage lang wa&#x0364;hret. Daher pflegen ihn die Egipti-<lb/>
&#x017F;chen Straßenreuber den rei&#x017F;enden Kaufleuten/ klein<lb/>
zer&#x017F;toßen/ und mit honige vermi&#x017F;cht/ einzugeben/ &#x017F;ie<lb/>
trunken und &#x017F;chlafend zu machen; damit &#x017F;ie ihnen ihr<lb/>
geld und guht abnehmen ko&#x0364;nnen. Dergleichen pflegen<lb/>
auch die Huhren in Egipten und O&#x017F;t-Indien zu tuhn/<lb/>
wan &#x017F;ie einen Ju&#x0364;ngling zu ihrem willen zu bringen<lb/>
trachten. Dem geben &#x017F;ie gemelten &#x017F;aamen gemeinig-<lb/>
lich im weine zu trinken: darauf er &#x017F;o &#x017F;inloß wird/ daß<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">er</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[454/0478] Kurtzbuͤndige Auch ſpricht Ruben/ in ſeinem letzten Willen/ hier von folgende worte: Weil ſich Joſef von aller- lei weibern enthalten und bewahrt hat/ ja alle ſeine gedanken von aller huhrerei und beflek- kung gereiniget; ſo iſt er angenehm geweſen bei Gott und Menſchen. Fuͤrwahr! die Egipti- ſche Fraue taͤht ihm viel dampfes an: welche die Zeuberer hohlen lies/ und gab ihm betruͤgliche artzneien. Aber in ihn kahmen keine boͤſe begier- den. Daruͤm hat ihn Gott/ der Gott meiner Vaͤter/ vor dem ſichtbaren und unſichtbarem tode befreiet/ u. a. m. Tatura iſt bei den Egiptern eine gattung des Nachſchattens/ vom Dodoneus Stramonia genen- net. Mattiolus meldet/ daß dieſes kraut dem Nacht- ſchatten welcher ſonſt Solanus heiſſet/ zwar gleich ſei/ aber einen geruch habe als Schlaf kraut/ opium, mit weiſſen wohlruͤchenden bluhmen/ und dunkelbraunen gekerbten blaͤttern. Aus der bluhme komt eine runt- hafte frucht/ mit einer dornichten ſchahle/ wiewohl ſie auch zuweilen keine dornen hat: welche von etlichen vor die nus Metel bei dem Avizenne gehalten wird. In dieſer frucht lieget ein gelber ſame/ der zuletzt bleich wird; und faſt eben die kraft hat/ als das Slafkraut. Dan er machet die menſchen tum/ tutzig/ trunken und ſinneloß; ja ſie fallen in einen ſo tieffen ſchlaf/ der wohl drei tage lang waͤhret. Daher pflegen ihn die Egipti- ſchen Straßenreuber den reiſenden Kaufleuten/ klein zerſtoßen/ und mit honige vermiſcht/ einzugeben/ ſie trunken und ſchlafend zu machen; damit ſie ihnen ihr geld und guht abnehmen koͤnnen. Dergleichen pflegen auch die Huhren in Egipten und Oſt-Indien zu tuhn/ wan ſie einen Juͤngling zu ihrem willen zu bringen trachten. Dem geben ſie gemelten ſaamen gemeinig- lich im weine zu trinken: darauf er ſo ſinloß wird/ daß er

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_assenat_1670
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_assenat_1670/478
Zitationshilfe: Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670, S. 454. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_assenat_1670/478>, abgerufen am 22.12.2024.