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Ritterhold von Blauen [i. e. Zesen, Philipp von]: Adriatische Rosemund. Amsterdam, 1645.

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Der Adriatischen Rosemund
oder sonsten in gemeinen geschäften von hause
verreiset; so kommen gahr selten über 1500 zusam-
men. Man lässet auch bisweilen di jungen ädel-
leute mit in den Raht kommen/ damit si teils von
den kindischen dingen ablahssen/ und sich zu ernst-
haftern/ der gemeinen wohl-fahrt zum bästen/ von
jugend auf gewöhnen möchten; teils auch ihrer ju-
gend hizzige raht-schläge durch der Alten sitsam-
keit mähssigen lärneten.

Es ist insonderheit sehr preis-würdig und ruhm-
lich/ daß man in austeilung der ämter (welche son-
tähglich/ auch alle feiertage/ des morgens geschihet)
weder auf reichtuhm noch armuht sihet; dahähr
dan das gemeine folk dem Adel sehr gewogen ist/
und mit aller ehr-erbutung begegnet. Di ädelen
auch erzeugen sich widerüm gegen das folk sehr
glimpflich/ lahssen es bis-weilen zu ehren-ämtern/
welche sonsten den geschlächtern gegäben wär-
den/ kommen/ und beschüzzen si mit sonderlicher
sorgfältigkeit; welches si bei ihderman belihbet
und belohbet macht. Dan/ wan solches nicht ge-
schähen wäre/ wi hätte dise Stat-herschaft so träf-
lich wachsen und zu-nähmen können; wi hätte si in
so vihlen feindlichen anstöhssen so unbewähglich/ ei-
ne so lange zeit/ bleiben und bestähen mögen! Der
Römer herschaft ist zwahr so hohch gestigen/ daß si
ihr auch fast den meisten und gröhssesten teil der
wält unterwürfig gemacht hat/ aber ihre macht und
freiheit währete kaum 700 jahr; da här-gegen di
Venediger di ihrige/ wi sehr si auch oft-mahls auf
allen änden und seiten sein bedränget worden/
nuhn-mehr uber 1200 jahr erhalten haben/ und
däm Ottomannischen wuhten vihl-mahls ohn ei-
nige hülfe widerstand getahn.

Di

Der Adriatiſchen Roſemund
oder ſonſten in gemeinen geſchaͤften von hauſe
verreiſet; ſo kommen gahr ſelten uͤber 1500 zuſam-
men. Man laͤſſet auch bisweilen di jungen aͤdel-
leute mit in den Raht kommen/ damit ſi teils von
den kindiſchen dingen ablahſſen/ und ſich zu ernſt-
haftern/ der gemeinen wohl-fahrt zum baͤſten/ von
jugend auf gewoͤhnen moͤchten; teils auch ihrer ju-
gend hizzige raht-ſchlaͤge durch der Alten ſitſam-
keit maͤhſſigen laͤrneten.

Es iſt inſonderheit ſehr preis-wuͤrdig und růhm-
lich/ daß man in austeilung der aͤmter (welche ſon-
taͤhglich/ auch alle feiertage/ des morgens geſchihet)
weder auf reichtuhm noch armuht ſihet; dahaͤhr
dan das gemeine folk dem Adel ſehr gewogen iſt/
und mit aller ehr-erbůtung begegnet. Di aͤdelen
auch erzeugen ſich wideruͤm gegen das folk ſehr
glimpflich/ lahſſen es bis-weilen zu ehren-aͤmtern/
welche ſonſten den geſchlaͤchtern gegaͤben waͤr-
den/ kommen/ und beſchuͤzzen ſi mit ſonderlicher
ſorgfaͤltigkeit; welches ſi bei ihderman belihbet
und belohbet macht. Dan/ wan ſolches nicht ge-
ſchaͤhen waͤre/ wi haͤtte diſe Stat-herſchaft ſo traͤf-
lich wachſen und zu-naͤhmen koͤnnen; wi haͤtte ſi in
ſo vihlen feindlichen anſtoͤhſſen ſo unbewaͤhglich/ ei-
ne ſo lange zeit/ bleiben und beſtaͤhen moͤgen! Der
Roͤmer herſchaft iſt zwahr ſo hohch geſtigen/ daß ſi
ihr auch faſt den meiſten und groͤhſſeſten teil der
waͤlt unterwuͤrfig gemacht hat/ aber ihre macht und
freiheit waͤhrete kaum 700 jahr; da haͤr-gegen di
Venediger di ihrige/ wi ſehr ſi auch oft-mahls auf
allen aͤnden und ſeiten ſein bedraͤnget worden/
nuhn-mehr ůber 1200 jahr erhalten haben/ und
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nige huͤlfe widerſtand getahn.

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[234/0250] Der Adriatiſchen Roſemund oder ſonſten in gemeinen geſchaͤften von hauſe verreiſet; ſo kommen gahr ſelten uͤber 1500 zuſam- men. Man laͤſſet auch bisweilen di jungen aͤdel- leute mit in den Raht kommen/ damit ſi teils von den kindiſchen dingen ablahſſen/ und ſich zu ernſt- haftern/ der gemeinen wohl-fahrt zum baͤſten/ von jugend auf gewoͤhnen moͤchten; teils auch ihrer ju- gend hizzige raht-ſchlaͤge durch der Alten ſitſam- keit maͤhſſigen laͤrneten. Es iſt inſonderheit ſehr preis-wuͤrdig und růhm- lich/ daß man in austeilung der aͤmter (welche ſon- taͤhglich/ auch alle feiertage/ des morgens geſchihet) weder auf reichtuhm noch armuht ſihet; dahaͤhr dan das gemeine folk dem Adel ſehr gewogen iſt/ und mit aller ehr-erbůtung begegnet. Di aͤdelen auch erzeugen ſich wideruͤm gegen das folk ſehr glimpflich/ lahſſen es bis-weilen zu ehren-aͤmtern/ welche ſonſten den geſchlaͤchtern gegaͤben waͤr- den/ kommen/ und beſchuͤzzen ſi mit ſonderlicher ſorgfaͤltigkeit; welches ſi bei ihderman belihbet und belohbet macht. Dan/ wan ſolches nicht ge- ſchaͤhen waͤre/ wi haͤtte diſe Stat-herſchaft ſo traͤf- lich wachſen und zu-naͤhmen koͤnnen; wi haͤtte ſi in ſo vihlen feindlichen anſtoͤhſſen ſo unbewaͤhglich/ ei- ne ſo lange zeit/ bleiben und beſtaͤhen moͤgen! Der Roͤmer herſchaft iſt zwahr ſo hohch geſtigen/ daß ſi ihr auch faſt den meiſten und groͤhſſeſten teil der waͤlt unterwuͤrfig gemacht hat/ aber ihre macht und freiheit waͤhrete kaum 700 jahr; da haͤr-gegen di Venediger di ihrige/ wi ſehr ſi auch oft-mahls auf allen aͤnden und ſeiten ſein bedraͤnget worden/ nuhn-mehr ůber 1200 jahr erhalten haben/ und daͤm Ottomanniſchen wůhten vihl-mahls ohn ei- nige huͤlfe widerſtand getahn. Di

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Zitationshilfe: Ritterhold von Blauen [i. e. Zesen, Philipp von]: Adriatische Rosemund. Amsterdam, 1645, S. 234. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_rosemund_1645/250>, abgerufen am 24.11.2024.