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Ritterhold von Blauen [i. e. Zesen, Philipp von]: Adriatische Rosemund. Amsterdam, 1645.

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Der Adriatischen Rosemund
der schossen; welches ein solches anmuhtiges aus-
sähen und ein solches lihbliches geräusche machte/
daß es einem das gehöhr und das gesichte beides
zugleich entzükte.

Jch vermeinte nicht anders/ als wan ich mitten
unter disem wasser-spihle di laute noch schlagen/
und di himlische stimme/ di ich nuhr näulich uber
däm tohre vernommen hatte/ süngen hörete. Auf
dem obersten rande des brunnens sahssen sechs Leu-
en von Korintischem kupfer halb-geschwöllet und
halb zohticht/ welche mit den klauen ein-ihder ein bäk-
ken von morgen-ländischem albaster/ durchscheinend
wi kristal/ und auf das künstlichste mit bluhm-wärk
geziret/ unter sich hihlten/ und dahrmit das wasser/
das aus ihrem munde geriselt kahm/ auf-fingen.

Der stein-wähg üm den brunnen härüm wahr
von weiss- und schwarzem marmel; di lähnen von
kupfernem bluhm- und laub-wärke/ di den fluhr üm-
schlossen. üm dise gegend ringst härüm wahr eine
sehr hoh' und dük-bewachsene Sommer-laube/ in
welcher man allenthalben auf und abgähen konte/
daß einen nihmand sähen/ auch di sonne nicht zum
geringsten bescheinen mochte.

Auf der andern seite der lust-laube waren aller-
hand bluhmen zu sähen. da stunden so vth! manch-
färbige tulpen/ daß man si nicht alle zählen konte:
etliche waren so weis wi der schne; etliche roht/
braun und gälbe; etliche mit tausendterlei schönen
farben vermischet/ daß es mit lust und verwunde-
rung an zu sähen wahr.

Es wahr nuhn schihr eine stunde verlauffen/ als
wihr alle dise schöne sachchen/ von denen man wohl
ein ganzes buhch verfassen könte/ gesähen hatten.
Adelmund boht mir di hand/ daß ich si widerüm auf
ihr zimmer begleiten solte/ dehrgestalt/ daß wihr di-
sen überaus-künstlichen/ und wunder-schönen Lust-
garten verlihssen.

Es

Der Adriatiſchen Roſemund
der ſchoſſen; welches ein ſolches anmuhtiges aus-
ſaͤhen und ein ſolches lihbliches geraͤuſche machte/
daß es einem das gehoͤhr und das geſichte beides
zugleich entzuͤkte.

Jch vermeinte nicht anders/ als wan ich mitten
unter diſem waſſer-ſpihle di laute noch ſchlagen/
und di himliſche ſtimme/ di ich nuhr naͤulich ůber
daͤm tohre vernommen hatte/ ſuͤngen hoͤrete. Auf
dem oberſten rande des brunnens ſahſſen ſechs Leu-
en von Korintiſchem kupfer halb-geſchwoͤllet und
halb zohticht/ welche mit dẽ klauen ein-ihder ein baͤk-
ken von morgen-laͤndiſchem albaſter/ durchſcheinẽd
wi kriſtal/ und auf das kuͤnſtlichſte mit bluhm-waͤrk
geziret/ unter ſich hihlten/ und dahrmit das waſſer/
das aus ihrem munde geriſelt kahm/ auf-fingen.

Der ſtein-waͤhg uͤm den brunnen haͤruͤm wahr
von weiſſ- und ſchwarzem marmel; di laͤhnen von
kupfernem bluhm- und laub-waͤrke/ di den fluhr uͤm-
ſchloſſen. uͤm diſe gegend ringſt haͤrüm wahr eine
ſehr hoh’ und duͤk-bewachſene Sommer-laube/ in
welcher man allenthalben auf und abgaͤhen konte/
daß einen nihmand ſaͤhen/ auch di ſonne nicht zum
geringſten beſcheinen mochte.

Auf der andern ſeite der luſt-laube waren aller-
hand bluhmen zu ſaͤhen. da ſtunden ſo vth! manch-
faͤrbige tulpen/ daß man ſi nicht alle zaͤhlen konte:
etliche waren ſo weis wi der ſchne; etliche roht/
braun und gaͤlbe; etliche mit tauſendterlei ſchoͤnen
farben vermiſchet/ daß es mit luſt und verwunde-
rung an zu ſaͤhen wahr.

Es wahr nuhn ſchihr eine ſtunde verlauffen/ als
wihr alle diſe ſchoͤne ſachchen/ von denen man wohl
ein ganzes buhch verfaſſen koͤnte/ geſaͤhen hatten.
Adelmund boht mir di hand/ daß ich ſi wideruͤm auf
ihr zimmer begleiten ſolte/ dehrgeſtalt/ daß wihr di-
ſen uͤberaus-kuͤnſtlichen/ und wunder-ſchoͤnen Luſt-
garten verlihſſen.

Es
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[54/0070] Der Adriatiſchen Roſemund der ſchoſſen; welches ein ſolches anmuhtiges aus- ſaͤhen und ein ſolches lihbliches geraͤuſche machte/ daß es einem das gehoͤhr und das geſichte beides zugleich entzuͤkte. Jch vermeinte nicht anders/ als wan ich mitten unter diſem waſſer-ſpihle di laute noch ſchlagen/ und di himliſche ſtimme/ di ich nuhr naͤulich ůber daͤm tohre vernommen hatte/ ſuͤngen hoͤrete. Auf dem oberſten rande des brunnens ſahſſen ſechs Leu- en von Korintiſchem kupfer halb-geſchwoͤllet und halb zohticht/ welche mit dẽ klauen ein-ihder ein baͤk- ken von morgen-laͤndiſchem albaſter/ durchſcheinẽd wi kriſtal/ und auf das kuͤnſtlichſte mit bluhm-waͤrk geziret/ unter ſich hihlten/ und dahrmit das waſſer/ das aus ihrem munde geriſelt kahm/ auf-fingen. Der ſtein-waͤhg uͤm den brunnen haͤruͤm wahr von weiſſ- und ſchwarzem marmel; di laͤhnen von kupfernem bluhm- und laub-waͤrke/ di den fluhr uͤm- ſchloſſen. uͤm diſe gegend ringſt haͤrüm wahr eine ſehr hoh’ und duͤk-bewachſene Sommer-laube/ in welcher man allenthalben auf und abgaͤhen konte/ daß einen nihmand ſaͤhen/ auch di ſonne nicht zum geringſten beſcheinen mochte. Auf der andern ſeite der luſt-laube waren aller- hand bluhmen zu ſaͤhen. da ſtunden ſo vth! manch- faͤrbige tulpen/ daß man ſi nicht alle zaͤhlen konte: etliche waren ſo weis wi der ſchne; etliche roht/ braun und gaͤlbe; etliche mit tauſendterlei ſchoͤnen farben vermiſchet/ daß es mit luſt und verwunde- rung an zu ſaͤhen wahr. Es wahr nuhn ſchihr eine ſtunde verlauffen/ als wihr alle diſe ſchoͤne ſachchen/ von denen man wohl ein ganzes buhch verfaſſen koͤnte/ geſaͤhen hatten. Adelmund boht mir di hand/ daß ich ſi wideruͤm auf ihr zimmer begleiten ſolte/ dehrgeſtalt/ daß wihr di- ſen uͤberaus-kuͤnſtlichen/ und wunder-ſchoͤnen Luſt- garten verlihſſen. Es

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Zitationshilfe: Ritterhold von Blauen [i. e. Zesen, Philipp von]: Adriatische Rosemund. Amsterdam, 1645, S. 54. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_rosemund_1645/70>, abgerufen am 21.11.2024.