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Ziegler, Franz Wilhelm: Saat und Ernte. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 24. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 129–196. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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besuchte ihn von Zeit zu Zeit, blieb selbst unter allerlei Vorwänden über Nacht bei ihm und gewann das Zutrauen des sonst mißtrauischen Mannes so weit, daß dieser ihm die Hand seiner Tochter Marie zusagte. Mit letzterer hatte es eine eigene Bewandtniß. Die bereits verstorbene Mutter derselben war eine Cousine des Müllers, und dieser hatte sie geheirathet, als sie eines Tages weinend aus dem Dienste des Justizraths zu ihm kam. Er ließ das wenige Monate nach der Trauung geborene Kind nicht nur auf seinen Namen taufen, sondern wußte auch glaublich zu machen, daß er seine Cousine früherhin vielfach heimlich besucht habe. Gewiß war, daß er von Niemandem für das Kind etwas forderte oder auch nur annahm. Nur der Schmied, der ihm näher wohnte und über sein Verbleiben genauere Kunde hatte, lächelte zuweilen bei dieser Geschichte, schwieg aber sonst über die Sache. Wenn aber auf den Müller die Rede kam und man seine Klugheit lobte, stimmte er nicht nur herzlich mit ein, sondern setzte auch hinzu, der Müller sei ein ganzer Kerl, der seine Familie liebe und auf Ehre halte.

Die junge Marie war ein sehr hübsches, blondes Mädchen geworden, die unter den Dorfkindern, mit denen sie selten zusammenkam, sich durch Schönheit und ein gewisses feineres Wesen auszeichnete. Man schrieb das auf die Stadterziehung; denn der Müller hatte, da die Dorfschule der Mühle zu fern lag, das Kind nach der Stadt zu einer Verwandten gebracht, die einen

besuchte ihn von Zeit zu Zeit, blieb selbst unter allerlei Vorwänden über Nacht bei ihm und gewann das Zutrauen des sonst mißtrauischen Mannes so weit, daß dieser ihm die Hand seiner Tochter Marie zusagte. Mit letzterer hatte es eine eigene Bewandtniß. Die bereits verstorbene Mutter derselben war eine Cousine des Müllers, und dieser hatte sie geheirathet, als sie eines Tages weinend aus dem Dienste des Justizraths zu ihm kam. Er ließ das wenige Monate nach der Trauung geborene Kind nicht nur auf seinen Namen taufen, sondern wußte auch glaublich zu machen, daß er seine Cousine früherhin vielfach heimlich besucht habe. Gewiß war, daß er von Niemandem für das Kind etwas forderte oder auch nur annahm. Nur der Schmied, der ihm näher wohnte und über sein Verbleiben genauere Kunde hatte, lächelte zuweilen bei dieser Geschichte, schwieg aber sonst über die Sache. Wenn aber auf den Müller die Rede kam und man seine Klugheit lobte, stimmte er nicht nur herzlich mit ein, sondern setzte auch hinzu, der Müller sei ein ganzer Kerl, der seine Familie liebe und auf Ehre halte.

Die junge Marie war ein sehr hübsches, blondes Mädchen geworden, die unter den Dorfkindern, mit denen sie selten zusammenkam, sich durch Schönheit und ein gewisses feineres Wesen auszeichnete. Man schrieb das auf die Stadterziehung; denn der Müller hatte, da die Dorfschule der Mühle zu fern lag, das Kind nach der Stadt zu einer Verwandten gebracht, die einen

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[0017] besuchte ihn von Zeit zu Zeit, blieb selbst unter allerlei Vorwänden über Nacht bei ihm und gewann das Zutrauen des sonst mißtrauischen Mannes so weit, daß dieser ihm die Hand seiner Tochter Marie zusagte. Mit letzterer hatte es eine eigene Bewandtniß. Die bereits verstorbene Mutter derselben war eine Cousine des Müllers, und dieser hatte sie geheirathet, als sie eines Tages weinend aus dem Dienste des Justizraths zu ihm kam. Er ließ das wenige Monate nach der Trauung geborene Kind nicht nur auf seinen Namen taufen, sondern wußte auch glaublich zu machen, daß er seine Cousine früherhin vielfach heimlich besucht habe. Gewiß war, daß er von Niemandem für das Kind etwas forderte oder auch nur annahm. Nur der Schmied, der ihm näher wohnte und über sein Verbleiben genauere Kunde hatte, lächelte zuweilen bei dieser Geschichte, schwieg aber sonst über die Sache. Wenn aber auf den Müller die Rede kam und man seine Klugheit lobte, stimmte er nicht nur herzlich mit ein, sondern setzte auch hinzu, der Müller sei ein ganzer Kerl, der seine Familie liebe und auf Ehre halte. Die junge Marie war ein sehr hübsches, blondes Mädchen geworden, die unter den Dorfkindern, mit denen sie selten zusammenkam, sich durch Schönheit und ein gewisses feineres Wesen auszeichnete. Man schrieb das auf die Stadterziehung; denn der Müller hatte, da die Dorfschule der Mühle zu fern lag, das Kind nach der Stadt zu einer Verwandten gebracht, die einen

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T14:10:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T14:10:09Z)

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Zitationshilfe: Ziegler, Franz Wilhelm: Saat und Ernte. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 24. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 129–196. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ziegler_ernte_1910/17>, abgerufen am 21.11.2024.