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Ziegler, Franz Wilhelm: Saat und Ernte. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 24. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 129–196. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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er Sie heut gar nicht, und morgen will ich ihn schon vorbereiten.

Der Actuar drückte ihr die Hand, und das Mädchen erröthete freudig erregt. Es ist eine unzerstörbare Liebe im weiblichen Gemüth zu Allem, was darin wahrhafte Neigung erregt, und es ist im Ganzen nichts unwahrer als der Vorwurf der Veränderlichkeit, den man den Frauen macht. Dabei überwiegt so sehr die höchste Bestimmung des Weibes als Mutter in ihrer Beziehung zum hülfsbedürftigen Kinde, daß ihre Liebe zu den Männern fast in demselben Maße wächset, als sie ihres Schutzes, ihrer Pflege in Noth und Krankheit nöthig haben. Der Actuar war in Gefahr, dies hatte das Mädchen fast erfreut; denn sie konnte ihm ja nun Liebes thun. Sie hatte das für ihn bestimmte Bett mit besonderer Sorgfalt gelegt und gestrichen, und ihre Liebe zu ihm war ihr selbst nun erst recht klar geworden, ja die Hoffnung auf eine Zukunft mochte, ihr selbst unbewußt, durchschimmern; denn er stand ihr ja nun näher, sie war ja schon halb wie sein Weib für ihn besorgt und thätig. Das Mädchen war daher trotz der Noth muthig, weil sie glücklich war, und hauchte diesen Muth in die Herzen der niedergeschlagen angekommenen Männer.

Dem Schmied war indessen nichts entgangen. Als er die Flüchtlinge am Schilfrande hinschleichen sah, rieb er sich die Hände. Prächtiger Junge, murmelte er, Gott segne die Hiebe, die du bekommen! -- Ein jun-

er Sie heut gar nicht, und morgen will ich ihn schon vorbereiten.

Der Actuar drückte ihr die Hand, und das Mädchen erröthete freudig erregt. Es ist eine unzerstörbare Liebe im weiblichen Gemüth zu Allem, was darin wahrhafte Neigung erregt, und es ist im Ganzen nichts unwahrer als der Vorwurf der Veränderlichkeit, den man den Frauen macht. Dabei überwiegt so sehr die höchste Bestimmung des Weibes als Mutter in ihrer Beziehung zum hülfsbedürftigen Kinde, daß ihre Liebe zu den Männern fast in demselben Maße wächset, als sie ihres Schutzes, ihrer Pflege in Noth und Krankheit nöthig haben. Der Actuar war in Gefahr, dies hatte das Mädchen fast erfreut; denn sie konnte ihm ja nun Liebes thun. Sie hatte das für ihn bestimmte Bett mit besonderer Sorgfalt gelegt und gestrichen, und ihre Liebe zu ihm war ihr selbst nun erst recht klar geworden, ja die Hoffnung auf eine Zukunft mochte, ihr selbst unbewußt, durchschimmern; denn er stand ihr ja nun näher, sie war ja schon halb wie sein Weib für ihn besorgt und thätig. Das Mädchen war daher trotz der Noth muthig, weil sie glücklich war, und hauchte diesen Muth in die Herzen der niedergeschlagen angekommenen Männer.

Dem Schmied war indessen nichts entgangen. Als er die Flüchtlinge am Schilfrande hinschleichen sah, rieb er sich die Hände. Prächtiger Junge, murmelte er, Gott segne die Hiebe, die du bekommen! — Ein jun-

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[0049] er Sie heut gar nicht, und morgen will ich ihn schon vorbereiten. Der Actuar drückte ihr die Hand, und das Mädchen erröthete freudig erregt. Es ist eine unzerstörbare Liebe im weiblichen Gemüth zu Allem, was darin wahrhafte Neigung erregt, und es ist im Ganzen nichts unwahrer als der Vorwurf der Veränderlichkeit, den man den Frauen macht. Dabei überwiegt so sehr die höchste Bestimmung des Weibes als Mutter in ihrer Beziehung zum hülfsbedürftigen Kinde, daß ihre Liebe zu den Männern fast in demselben Maße wächset, als sie ihres Schutzes, ihrer Pflege in Noth und Krankheit nöthig haben. Der Actuar war in Gefahr, dies hatte das Mädchen fast erfreut; denn sie konnte ihm ja nun Liebes thun. Sie hatte das für ihn bestimmte Bett mit besonderer Sorgfalt gelegt und gestrichen, und ihre Liebe zu ihm war ihr selbst nun erst recht klar geworden, ja die Hoffnung auf eine Zukunft mochte, ihr selbst unbewußt, durchschimmern; denn er stand ihr ja nun näher, sie war ja schon halb wie sein Weib für ihn besorgt und thätig. Das Mädchen war daher trotz der Noth muthig, weil sie glücklich war, und hauchte diesen Muth in die Herzen der niedergeschlagen angekommenen Männer. Dem Schmied war indessen nichts entgangen. Als er die Flüchtlinge am Schilfrande hinschleichen sah, rieb er sich die Hände. Prächtiger Junge, murmelte er, Gott segne die Hiebe, die du bekommen! — Ein jun-

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T14:10:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T14:10:09Z)

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Zitationshilfe: Ziegler, Franz Wilhelm: Saat und Ernte. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 24. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 129–196. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ziegler_ernte_1910/49>, abgerufen am 03.12.2024.