Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ziegler, Franz Wilhelm: Saat und Ernte. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 24. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 129–196. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

Bild:
<< vorherige Seite

der in wasserarmen Jahren wieder sein Besitzthum zu Gunsten des Wiesenbesitzers schwinden sieht.

Man könnte ganze Strecken dieser Gegend noch unfertige nennen, insbesondere haben es zuweilen die Fenne und Brücher noch nicht zur Consistenz des Untergrundes gebracht. Sie sind mit einer grünen Oberfläche bedeckt, die aus einem durch die Wurzeln der Gräser und Sumpfpflanzen gebildeten verfilzten Netze besteht, das unter dem Tritte des Becassinen-Jägers, besonders im Frühjahr und Herbst, sich senkt und vor und hinter ihm Erhöhungen bildet, die wie grüne Wellen, seinen Bewegungen folgend, auf und ab schwanken.

Die Jäger sind fast die einzigen Leute, die sich solchen Oertlichkeiten anzuvertrauen wagen. Ihre Passion für die Jagd, die hier besonders für Schnepfen sehr reichlich ausfällt, lockt sie auf diesen unsicheren Boden und läßt sie zuletzt doch so weit sich zurecht finden, daß sie die trügerischen Stellen erkennen und auch wohl Anderen einen Pfad bezeichnen können, auf dem, für Monate wenigstens, ein Richtweg eingeschlagen werden kann, oder auf dem sich zu einer Oase festeren Grundes, wo gutes Gras zu schneiden ist, gelangen läßt.

Der jüngere Jäger geht immer bei dem ältern in die Schule, und obwohl selten weniger als zwei zugleich hier Jagd machen, kommen doch Unglücksfälle vor.

In der grünen Decke, in dem Netze, das auf dem grundlosen Moder aufliegt, ist zuweilen hie und da eine Masche gerissen, nur ist ein solches einen halben

der in wasserarmen Jahren wieder sein Besitzthum zu Gunsten des Wiesenbesitzers schwinden sieht.

Man könnte ganze Strecken dieser Gegend noch unfertige nennen, insbesondere haben es zuweilen die Fenne und Brücher noch nicht zur Consistenz des Untergrundes gebracht. Sie sind mit einer grünen Oberfläche bedeckt, die aus einem durch die Wurzeln der Gräser und Sumpfpflanzen gebildeten verfilzten Netze besteht, das unter dem Tritte des Becassinen-Jägers, besonders im Frühjahr und Herbst, sich senkt und vor und hinter ihm Erhöhungen bildet, die wie grüne Wellen, seinen Bewegungen folgend, auf und ab schwanken.

Die Jäger sind fast die einzigen Leute, die sich solchen Oertlichkeiten anzuvertrauen wagen. Ihre Passion für die Jagd, die hier besonders für Schnepfen sehr reichlich ausfällt, lockt sie auf diesen unsicheren Boden und läßt sie zuletzt doch so weit sich zurecht finden, daß sie die trügerischen Stellen erkennen und auch wohl Anderen einen Pfad bezeichnen können, auf dem, für Monate wenigstens, ein Richtweg eingeschlagen werden kann, oder auf dem sich zu einer Oase festeren Grundes, wo gutes Gras zu schneiden ist, gelangen läßt.

Der jüngere Jäger geht immer bei dem ältern in die Schule, und obwohl selten weniger als zwei zugleich hier Jagd machen, kommen doch Unglücksfälle vor.

In der grünen Decke, in dem Netze, das auf dem grundlosen Moder aufliegt, ist zuweilen hie und da eine Masche gerissen, nur ist ein solches einen halben

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0008"/>
der in wasserarmen Jahren wieder sein Besitzthum           zu Gunsten des Wiesenbesitzers schwinden sieht.</p><lb/>
        <p>Man könnte ganze Strecken dieser Gegend noch unfertige nennen, insbesondere haben es           zuweilen die Fenne und Brücher noch nicht zur Consistenz des Untergrundes gebracht. Sie           sind mit einer grünen Oberfläche bedeckt, die aus einem durch die Wurzeln der Gräser und           Sumpfpflanzen gebildeten verfilzten Netze besteht, das unter dem Tritte des           Becassinen-Jägers, besonders im Frühjahr und Herbst, sich senkt und vor und hinter ihm           Erhöhungen bildet, die wie grüne Wellen, seinen Bewegungen folgend, auf und ab           schwanken.</p><lb/>
        <p>Die Jäger sind fast die einzigen Leute, die sich solchen <choice><sic>Oerlichkeiten</sic><corr>Oertlichkeiten</corr></choice> anzuvertrauen           wagen. Ihre Passion für die Jagd, die hier besonders für Schnepfen sehr reichlich           ausfällt, lockt sie auf diesen unsicheren Boden und läßt sie zuletzt doch so weit sich           zurecht finden, daß sie die trügerischen Stellen erkennen und auch wohl Anderen einen Pfad           bezeichnen können, auf dem, für Monate wenigstens, ein Richtweg eingeschlagen werden kann,           oder auf dem sich zu einer Oase festeren Grundes, wo gutes Gras zu schneiden ist, gelangen           läßt.</p><lb/>
        <p>Der jüngere Jäger geht immer bei dem ältern in die Schule, und obwohl selten weniger als           zwei zugleich hier Jagd machen, kommen doch Unglücksfälle vor.</p><lb/>
        <p>In der grünen Decke, in dem Netze, das auf dem grundlosen Moder aufliegt, ist zuweilen           hie und da eine Masche gerissen, nur ist ein solches einen halben<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0008] der in wasserarmen Jahren wieder sein Besitzthum zu Gunsten des Wiesenbesitzers schwinden sieht. Man könnte ganze Strecken dieser Gegend noch unfertige nennen, insbesondere haben es zuweilen die Fenne und Brücher noch nicht zur Consistenz des Untergrundes gebracht. Sie sind mit einer grünen Oberfläche bedeckt, die aus einem durch die Wurzeln der Gräser und Sumpfpflanzen gebildeten verfilzten Netze besteht, das unter dem Tritte des Becassinen-Jägers, besonders im Frühjahr und Herbst, sich senkt und vor und hinter ihm Erhöhungen bildet, die wie grüne Wellen, seinen Bewegungen folgend, auf und ab schwanken. Die Jäger sind fast die einzigen Leute, die sich solchen Oertlichkeiten anzuvertrauen wagen. Ihre Passion für die Jagd, die hier besonders für Schnepfen sehr reichlich ausfällt, lockt sie auf diesen unsicheren Boden und läßt sie zuletzt doch so weit sich zurecht finden, daß sie die trügerischen Stellen erkennen und auch wohl Anderen einen Pfad bezeichnen können, auf dem, für Monate wenigstens, ein Richtweg eingeschlagen werden kann, oder auf dem sich zu einer Oase festeren Grundes, wo gutes Gras zu schneiden ist, gelangen läßt. Der jüngere Jäger geht immer bei dem ältern in die Schule, und obwohl selten weniger als zwei zugleich hier Jagd machen, kommen doch Unglücksfälle vor. In der grünen Decke, in dem Netze, das auf dem grundlosen Moder aufliegt, ist zuweilen hie und da eine Masche gerissen, nur ist ein solches einen halben

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T14:10:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T14:10:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ziegler_ernte_1910
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ziegler_ernte_1910/8
Zitationshilfe: Ziegler, Franz Wilhelm: Saat und Ernte. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 24. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 129–196. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ziegler_ernte_1910/8>, abgerufen am 03.12.2024.