Zinzendorf, Nicolaus Ludwig von: Teutscher Gedichte Erster Theil. Herrnhuth, 1735.1728. Jch wende mich zu dir: Du hochgebohrne Braut!Vor deren Herrlichkeit wir itzt die Segel streichen: Es müsse dir an Ruhm, mit Fruchtbarkeit bethaut, Jm Vor- und Nach-Gesicht der Zeiten keine gleichen! Was ich und mein Gemahl dir wünschend zugedacht, Das kröne deinen Lauf und wohl bestandne Tugend. Und wie du deinem Herrn vom Höchsten zugebracht, So weyht demselben auch: Euch selber und die Jugend. Geht; bringt dem Helden-Blut den alten Wahlspruch bey: Doch nehmt den einen aus, der mir das Hertz genommen, Der lasse dermaleinst, wenn diese Welt vorbey Die Zweige mit dem Stamm ins neue Erdreich kommen! LXII. Bey Herrn Christoph Jmmigs, JCti, erbaulichem Ende zu Herrnhuth. (*) DU heiliger und reiner Geist, Ein Geist, darnach nicht Noth zu fragen, Jndem er sich genug beweist, Du Alter ausser allen Tagen! Allgegenwart, Allwissenheit, Sind deiner Gottheit Eigenschaften, Und Zeugen deiner Ewigkeit. Die unzertrennlich an dir haften. Du sitzest in der Ruh, Und hörst den Blöden zu, Die vor dem Thron der Gnade wimmern: Hier liegt ein altes Kind, Das erst sein Hertze findt, Und will sich um sein Heyl bekümmern. Jch zehle eilfmal sieben Jahr Jn dieser unbeständgen Hütte. Was meine gröste Sorge war, Der Zweck, wornach ich hellig schritte, Den heisset man Gelehrsamkeit, Das nennt man ein solides Wissen: Jch (*) Aus seinen eignen Worten.
1728. Jch wende mich zu dir: Du hochgebohrne Braut!Vor deren Herrlichkeit wir itzt die Segel ſtreichen: Es muͤſſe dir an Ruhm, mit Fruchtbarkeit bethaut, Jm Vor- und Nach-Geſicht der Zeiten keine gleichen! Was ich und mein Gemahl dir wuͤnſchend zugedacht, Das kroͤne deinen Lauf und wohl beſtandne Tugend. Und wie du deinem Herrn vom Hoͤchſten zugebracht, So weyht demſelben auch: Euch ſelber und die Jugend. Geht; bringt dem Helden-Blut den alten Wahlſpruch bey: Doch nehmt den einen aus, der mir das Hertz genommen, Der laſſe dermaleinſt, wenn dieſe Welt vorbey Die Zweige mit dem Stamm ins neue Erdreich kommen! LXII. Bey Herrn Chriſtoph Jmmigs, JCti, erbaulichem Ende zu Herrnhuth. (*) DU heiliger und reiner Geiſt, Ein Geiſt, darnach nicht Noth zu fragen, Jndem er ſich genug beweiſt, Du Alter auſſer allen Tagen! Allgegenwart, Allwiſſenheit, Sind deiner Gottheit Eigenſchaften, Und Zeugen deiner Ewigkeit. Die unzertrennlich an dir haften. Du ſitzeſt in der Ruh, Und hoͤrſt den Bloͤden zu, Die vor dem Thron der Gnade wimmern: Hier liegt ein altes Kind, Das erſt ſein Hertze findt, Und will ſich um ſein Heyl bekuͤmmern. Jch zehle eilfmal ſieben Jahr Jn dieſer unbeſtaͤndgen Huͤtte. Was meine groͤſte Sorge war, Der Zweck, wornach ich hellig ſchritte, Den heiſſet man Gelehrſamkeit, Das nennt man ein ſolides Wiſſen: Jch (*) Aus ſeinen eignen Worten.
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1728.
Jch wende mich zu dir: Du hochgebohrne Braut!
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Es muͤſſe dir an Ruhm, mit Fruchtbarkeit bethaut,
Jm Vor- und Nach-Geſicht der Zeiten keine gleichen!
Was ich und mein Gemahl dir wuͤnſchend zugedacht,
Das kroͤne deinen Lauf und wohl beſtandne Tugend.
Und wie du deinem Herrn vom Hoͤchſten zugebracht,
So weyht demſelben auch: Euch ſelber und die Jugend.
Geht; bringt dem Helden-Blut den alten Wahlſpruch bey:
Doch nehmt den einen aus, der mir das Hertz genommen,
Der laſſe dermaleinſt, wenn dieſe Welt vorbey
Die Zweige mit dem Stamm ins neue Erdreich kommen!
LXII. Bey Herrn Chriſtoph Jmmigs, JCti,
erbaulichem Ende zu Herrnhuth. (*)
DU heiliger und reiner Geiſt,
Ein Geiſt, darnach nicht Noth zu fragen,
Jndem er ſich genug beweiſt,
Du Alter auſſer allen Tagen!
Allgegenwart, Allwiſſenheit,
Sind deiner Gottheit Eigenſchaften,
Und Zeugen deiner Ewigkeit.
Die unzertrennlich an dir haften.
Du ſitzeſt in der Ruh,
Und hoͤrſt den Bloͤden zu,
Die vor dem Thron der Gnade wimmern:
Hier liegt ein altes Kind,
Das erſt ſein Hertze findt,
Und will ſich um ſein Heyl bekuͤmmern.
Jch zehle eilfmal ſieben Jahr
Jn dieſer unbeſtaͤndgen Huͤtte.
Was meine groͤſte Sorge war,
Der Zweck, wornach ich hellig ſchritte,
Den heiſſet man Gelehrſamkeit,
Das nennt man ein ſolides Wiſſen:
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