Zinzendorf, Nicolaus Ludwig von: Teutscher Gedichte Erster Theil. Herrnhuth, 1735.
LXXXIII. Auf seiner Gemahlin 29. Ge- burts-Tag. HErr JEsu! hier ist eine Schaar versammlet, Die beten, und zugleich gebieten kan; Denn also ist die Kraft, gleich wie der Mann: Und ob dabey die äußre Zunge stammlet, So ist der innre Mensch ein kühner Held, Der sich getrost dem HErrn vors Hertze stellt. Dein Nahme wird hier munter angeschrien, Dein Hertze wird zu uns hinab gerückt, Dein Geist wird gegen unsern Geist verzückt, Die Liebe läst sich gerne niederziehen, Man ist es so an ihrer Art gewohnt, Seitdem sie mitten unter uns gethront. Komm, Lieber! komm, und giesse deine Schätze Auf unsre Schwester, Erdmuth Dorothe, Gieb ihr, daß sie aus Kraft in Kräfte geh, Und sich durch dich bald über alles setze; Gieb ihr, daß sie sich deiner freuen mag, Und mache ihr den Tag zum Ruhe-Tag! Es ist uns Ernst um dieser Seele willen: Wir lieben sie und ihre Hütte auch. Bey unserm Ernst ist deiner seits der Brauch, Daß du ihn pflegst in Gnaden zu erfüllen. Hie hast du sie nach Geiste, Seel und Leib, Wir woll'n, daß alles noch beysammen bleib'! Du hast ihr erst ein Pfand der Treu genommen. Sie küssete mit Thränen diesen Ruf; Sie wuste wol, daß, der die Seele schuf, Auch Macht hat, daß er sie läßt wiederkommen, Sie hätte dirs auch mit der Zeit vergönnt, Wenn sie es erst zu Wucher angewendt. Da N
LXXXIII. Auf ſeiner Gemahlin 29. Ge- burts-Tag. HErr JEſu! hier iſt eine Schaar verſammlet, Die beten, und zugleich gebieten kan; Denn alſo iſt die Kraft, gleich wie der Mann: Und ob dabey die aͤußre Zunge ſtammlet, So iſt der innre Menſch ein kuͤhner Held, Der ſich getroſt dem HErrn vors Hertze ſtellt. Dein Nahme wird hier munter angeſchrien, Dein Hertze wird zu uns hinab geruͤckt, Dein Geiſt wird gegen unſern Geiſt verzuͤckt, Die Liebe laͤſt ſich gerne niederziehen, Man iſt es ſo an ihrer Art gewohnt, Seitdem ſie mitten unter uns gethront. Komm, Lieber! komm, und gieſſe deine Schaͤtze Auf unſre Schweſter, Erdmuth Dorothe, Gieb ihr, daß ſie aus Kraft in Kraͤfte geh, Und ſich durch dich bald uͤber alles ſetze; Gieb ihr, daß ſie ſich deiner freuen mag, Und mache ihr den Tag zum Ruhe-Tag! Es iſt uns Ernſt um dieſer Seele willen: Wir lieben ſie und ihre Huͤtte auch. Bey unſerm Ernſt iſt deiner ſeits der Brauch, Daß du ihn pflegſt in Gnaden zu erfuͤllen. Hie haſt du ſie nach Geiſte, Seel und Leib, Wir woll’n, daß alles noch beyſammen bleib’! Du haſt ihr erſt ein Pfand der Treu genommen. Sie kuͤſſete mit Thraͤnen dieſen Ruf; Sie wuſte wol, daß, der die Seele ſchuf, Auch Macht hat, daß er ſie laͤßt wiederkommen, Sie haͤtte dirs auch mit der Zeit vergoͤnnt, Wenn ſie es erſt zu Wucher angewendt. Da N
<TEI> <text> <body> <div> <lg type="poem"> <lg n="117"> <l> <pb facs="#f0203" n="193"/> <fw place="top" type="header">1729.</fw> </l><lb/> <l>Drum machen wir die Augen zu,</l><lb/> <l>Und <hi rendition="#fr">Jſrael zeucht mit dahin zu ſeiner Ruh.</hi></l> </lg> </lg><lb/> <lg type="poem"> <head> <hi rendition="#aq">LXXXIII.</hi> <hi rendition="#b">Auf ſeiner Gemahlin 29. Ge-<lb/> burts-Tag.</hi> </head><lb/> <lg n="118"> <l><hi rendition="#in">H</hi>Err JEſu! hier iſt eine Schaar verſammlet,</l><lb/> <l>Die beten, und zugleich gebieten kan;</l><lb/> <l>Denn alſo iſt die Kraft, gleich wie der Mann:</l><lb/> <l>Und ob dabey die aͤußre Zunge ſtammlet,</l><lb/> <l>So iſt der innre Menſch ein kuͤhner Held,</l><lb/> <l>Der ſich getroſt dem HErrn vors Hertze ſtellt.</l> </lg><lb/> <lg n="119"> <l>Dein Nahme wird hier munter angeſchrien,</l><lb/> <l>Dein Hertze wird zu uns hinab geruͤckt,</l><lb/> <l>Dein Geiſt wird gegen unſern Geiſt verzuͤckt,</l><lb/> <l>Die Liebe laͤſt ſich gerne niederziehen,</l><lb/> <l>Man iſt es ſo an ihrer Art gewohnt,</l><lb/> <l>Seitdem ſie mitten unter uns gethront.</l> </lg><lb/> <lg n="120"> <l>Komm, Lieber! komm, und gieſſe deine Schaͤtze<lb/><hi rendition="#fr">Auf unſre Schweſter, Erdmuth Dorothe,</hi></l><lb/> <l> <hi rendition="#fr">Gieb ihr, daß ſie aus Kraft in Kraͤfte geh,</hi> </l><lb/> <l>Und ſich durch dich bald uͤber alles ſetze;</l><lb/> <l>Gieb ihr, daß ſie ſich deiner freuen mag,</l><lb/> <l>Und mache ihr den Tag zum Ruhe-Tag!</l> </lg><lb/> <lg n="121"> <l>Es iſt uns Ernſt um dieſer Seele willen:</l><lb/> <l>Wir lieben ſie und ihre Huͤtte auch.</l><lb/> <l>Bey unſerm Ernſt iſt deiner ſeits der Brauch,</l><lb/> <l>Daß du ihn pflegſt in Gnaden zu erfuͤllen.</l><lb/> <l>Hie haſt du ſie nach Geiſte, Seel und Leib,</l><lb/> <l>Wir woll’n, daß alles noch beyſammen bleib’!</l> </lg><lb/> <lg n="122"> <l>Du haſt ihr erſt ein Pfand der Treu genommen.</l><lb/> <l>Sie kuͤſſete mit Thraͤnen dieſen Ruf;</l><lb/> <l>Sie wuſte wol, daß, der die Seele ſchuf,</l><lb/> <l>Auch Macht hat, daß er ſie laͤßt wiederkommen,</l><lb/> <l>Sie haͤtte dirs auch mit der Zeit vergoͤnnt,</l><lb/> <l>Wenn ſie es erſt zu Wucher angewendt.</l> </lg><lb/> <fw place="bottom" type="sig">N</fw> <fw place="bottom" type="catch">Da</fw><lb/> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [193/0203]
1729.
Drum machen wir die Augen zu,
Und Jſrael zeucht mit dahin zu ſeiner Ruh.
LXXXIII. Auf ſeiner Gemahlin 29. Ge-
burts-Tag.
HErr JEſu! hier iſt eine Schaar verſammlet,
Die beten, und zugleich gebieten kan;
Denn alſo iſt die Kraft, gleich wie der Mann:
Und ob dabey die aͤußre Zunge ſtammlet,
So iſt der innre Menſch ein kuͤhner Held,
Der ſich getroſt dem HErrn vors Hertze ſtellt.
Dein Nahme wird hier munter angeſchrien,
Dein Hertze wird zu uns hinab geruͤckt,
Dein Geiſt wird gegen unſern Geiſt verzuͤckt,
Die Liebe laͤſt ſich gerne niederziehen,
Man iſt es ſo an ihrer Art gewohnt,
Seitdem ſie mitten unter uns gethront.
Komm, Lieber! komm, und gieſſe deine Schaͤtze
Auf unſre Schweſter, Erdmuth Dorothe,
Gieb ihr, daß ſie aus Kraft in Kraͤfte geh,
Und ſich durch dich bald uͤber alles ſetze;
Gieb ihr, daß ſie ſich deiner freuen mag,
Und mache ihr den Tag zum Ruhe-Tag!
Es iſt uns Ernſt um dieſer Seele willen:
Wir lieben ſie und ihre Huͤtte auch.
Bey unſerm Ernſt iſt deiner ſeits der Brauch,
Daß du ihn pflegſt in Gnaden zu erfuͤllen.
Hie haſt du ſie nach Geiſte, Seel und Leib,
Wir woll’n, daß alles noch beyſammen bleib’!
Du haſt ihr erſt ein Pfand der Treu genommen.
Sie kuͤſſete mit Thraͤnen dieſen Ruf;
Sie wuſte wol, daß, der die Seele ſchuf,
Auch Macht hat, daß er ſie laͤßt wiederkommen,
Sie haͤtte dirs auch mit der Zeit vergoͤnnt,
Wenn ſie es erſt zu Wucher angewendt.
Da
N
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |