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Zinzendorf, Nicolaus Ludwig von: Teutscher Gedichte Erster Theil. Herrnhuth, 1735.

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1730.

Eines gar getreuen Zeugen,
Soll man reden oder schweigen?
Sprachst du, selger Mann!
Man soll, was man kan.

Sage deinen Sinn:
Jst es auch Gewinn,
Was in deinem Vaterlande (*)
Christus wirckt durch Ehr und Schande?
Jch bin, sprachst du, Knecht,
Braucht ihr Freyheits-Recht!
O so siegle zu
Jn der stillen Ruh,
Das Geschäfte unsrer Glieder,
Und erkenne sie vor Brüder;
Plötzlich hielt'st du Stand:
Da ist meine Hand.
Wer sich matt geredt,
Den verlangt ins Bett,
Und mich in die Felsen-Ritzen,
Da die müden Tauben sitzen.
Ja, ich eil der Ruh,
Bey der Arbeit zu.
Laß mir deinen Geist,
Der so köstlich heist,
Daß ich ohne Worte spreche,
Daß ich ohne Sturm zerbreche,
Daß ich Sorgen frey,
Und doch sorgsam sey.
Du warst ja gewohnt,
Den, der droben thront
Auch vor Könige zu fassen: (**)
Kaum, daß du den Platz verlassen,
Oefnet seine Bahn
König Christian.
Sag
(*) Die Ober-Lausitz.
(**) Sonderlich vor Augustum den Andern, König in Pohlen, mit
dem er gereiset.

1730.

Eines gar getreuen Zeugen,
Soll man reden oder ſchweigen?
Sprachſt du, ſelger Mann!
Man ſoll, was man kan.

Sage deinen Sinn:
Jſt es auch Gewinn,
Was in deinem Vaterlande (*)
Chriſtus wirckt durch Ehr und Schande?
Jch bin, ſprachſt du, Knecht,
Braucht ihr Freyheits-Recht!
O ſo ſiegle zu
Jn der ſtillen Ruh,
Das Geſchaͤfte unſrer Glieder,
Und erkenne ſie vor Bruͤder;
Ploͤtzlich hielt’ſt du Stand:
Da iſt meine Hand.
Wer ſich matt geredt,
Den verlangt ins Bett,
Und mich in die Felſen-Ritzen,
Da die muͤden Tauben ſitzen.
Ja, ich eil der Ruh,
Bey der Arbeit zu.
Laß mir deinen Geiſt,
Der ſo koͤſtlich heiſt,
Daß ich ohne Worte ſpreche,
Daß ich ohne Sturm zerbreche,
Daß ich Sorgen frey,
Und doch ſorgſam ſey.
Du warſt ja gewohnt,
Den, der droben thront
Auch vor Koͤnige zu faſſen: (**)
Kaum, daß du den Platz verlaſſen,
Oefnet ſeine Bahn
Koͤnig Chriſtian.
Sag
(*) Die Ober-Lauſitz.
(**) Sonderlich vor Auguſtum den Andern, Koͤnig in Pohlen, mit
dem er gereiſet.
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[218/0228] 1730. Eines gar getreuen Zeugen, Soll man reden oder ſchweigen? Sprachſt du, ſelger Mann! Man ſoll, was man kan. Sage deinen Sinn: Jſt es auch Gewinn, Was in deinem Vaterlande (*) Chriſtus wirckt durch Ehr und Schande? Jch bin, ſprachſt du, Knecht, Braucht ihr Freyheits-Recht! O ſo ſiegle zu Jn der ſtillen Ruh, Das Geſchaͤfte unſrer Glieder, Und erkenne ſie vor Bruͤder; Ploͤtzlich hielt’ſt du Stand: Da iſt meine Hand. Wer ſich matt geredt, Den verlangt ins Bett, Und mich in die Felſen-Ritzen, Da die muͤden Tauben ſitzen. Ja, ich eil der Ruh, Bey der Arbeit zu. Laß mir deinen Geiſt, Der ſo koͤſtlich heiſt, Daß ich ohne Worte ſpreche, Daß ich ohne Sturm zerbreche, Daß ich Sorgen frey, Und doch ſorgſam ſey. Du warſt ja gewohnt, Den, der droben thront Auch vor Koͤnige zu faſſen: (**) Kaum, daß du den Platz verlaſſen, Oefnet ſeine Bahn Koͤnig Chriſtian. Sag (*) Die Ober-Lauſitz. (**) Sonderlich vor Auguſtum den Andern, Koͤnig in Pohlen, mit dem er gereiſet.

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Zitationshilfe: Zinzendorf, Nicolaus Ludwig von: Teutscher Gedichte Erster Theil. Herrnhuth, 1735, S. 218. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zinzendorf_gedichte_1735/228>, abgerufen am 21.11.2024.