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Zinzendorf, Nicolaus Ludwig von: Teutscher Gedichte Erster Theil. Herrnhuth, 1735.

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1731.

Sie soll zugleich der Lust und Pein,
Jn eine sanffte Still entsincken,
Wenn nun der Feind nicht machen kan,
Daß wir uns an den schnöden Laffen,
Die er dem schönsten Seelen-Mann
Entgegen stellen kan, vergassen;
So braucht er seine Macht,
Wo möglich eine Nacht
Vor unser Augen-Licht zu ziehen,
Daß wir den Freund nicht sehn,
Wie gut er ist, wie schön,
Und uns mit düstern Schatten mühen.

Wenn ihm nun alles mißgelingt,
Uns von der Gnade abzuwehren,
(Daß er uns nicht vom Haben bringt,

Zum unersättlichen Begehren,
Worinnen sich ein Mensch bemüht,
Biß daß ihm alle Lust vergangen,
Und aus ermüdetem Gemüth,
Nunmehr läßt Händ und Füße hangen,)
So siegt der Helden-Krafft
Jn Christi Riitterschafft,
So sinckt schon in der Leibes-Höle
Das Hertz in tiefe Ruh,
Und thut die Sinnen zu,
Vor reiner Wollust seiner Seele.
C. Auf vier theure Mitglieder unsrer Ge-
meine, so in der Christ-Woche auf den
Hutberg kommen.
Lämmer Christi, weinet nicht, oder weinet ihr vor Freuden,
Daß von eurer Heerde schon neuntzig mit dem Lamme weyden?
Ubel angewandte Zähren, die man der Verwesung zollt!
Wem sind über Hoffnungs-Saaten Thränen auf sein Feld ge-
rollt?

Aber, was beweget mich unsre Brüder anzuschreyen:
Daß

1731.

Sie ſoll zugleich der Luſt und Pein,
Jn eine ſanffte Still entſincken,
Wenn nun der Feind nicht machen kan,
Daß wir uns an den ſchnoͤden Laffen,
Die er dem ſchoͤnſten Seelen-Mann
Entgegen ſtellen kan, vergaſſen;
So braucht er ſeine Macht,
Wo moͤglich eine Nacht
Vor unſer Augen-Licht zu ziehen,
Daß wir den Freund nicht ſehn,
Wie gut er iſt, wie ſchoͤn,
Und uns mit duͤſtern Schatten muͤhen.

Wenn ihm nun alles mißgelingt,
Uns von der Gnade abzuwehren,
(Daß er uns nicht vom Haben bringt,

Zum unerſaͤttlichen Begehren,
Worinnen ſich ein Menſch bemuͤht,
Biß daß ihm alle Luſt vergangen,
Und aus ermuͤdetem Gemuͤth,
Nunmehr laͤßt Haͤnd und Fuͤße hangen,)
So ſiegt der Helden-Krafft
Jn Chriſti Riitterſchafft,
So ſinckt ſchon in der Leibes-Hoͤle
Das Hertz in tiefe Ruh,
Und thut die Sinnen zu,
Vor reiner Wolluſt ſeiner Seele.
C. Auf vier theure Mitglieder unſrer Ge-
meine, ſo in der Chriſt-Woche auf den
Hutberg kommen.
Laͤmmer Chriſti, weinet nicht, oder weinet ihr vor Freuden,
Daß von eurer Heerde ſchon neuntzig mit dem Lamme weyden?
Ubel angewandte Zaͤhren, die man der Verweſung zollt!
Wem ſind uͤber Hoffnungs-Saaten Thraͤnen auf ſein Feld ge-
rollt?

Aber, was beweget mich unſre Bruͤder anzuſchreyen:
Daß
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[240/0250] 1731. Sie ſoll zugleich der Luſt und Pein, Jn eine ſanffte Still entſincken, Wenn nun der Feind nicht machen kan, Daß wir uns an den ſchnoͤden Laffen, Die er dem ſchoͤnſten Seelen-Mann Entgegen ſtellen kan, vergaſſen; So braucht er ſeine Macht, Wo moͤglich eine Nacht Vor unſer Augen-Licht zu ziehen, Daß wir den Freund nicht ſehn, Wie gut er iſt, wie ſchoͤn, Und uns mit duͤſtern Schatten muͤhen. Wenn ihm nun alles mißgelingt, Uns von der Gnade abzuwehren, (Daß er uns nicht vom Haben bringt, Zum unerſaͤttlichen Begehren, Worinnen ſich ein Menſch bemuͤht, Biß daß ihm alle Luſt vergangen, Und aus ermuͤdetem Gemuͤth, Nunmehr laͤßt Haͤnd und Fuͤße hangen,) So ſiegt der Helden-Krafft Jn Chriſti Riitterſchafft, So ſinckt ſchon in der Leibes-Hoͤle Das Hertz in tiefe Ruh, Und thut die Sinnen zu, Vor reiner Wolluſt ſeiner Seele. C. Auf vier theure Mitglieder unſrer Ge- meine, ſo in der Chriſt-Woche auf den Hutberg kommen. Laͤmmer Chriſti, weinet nicht, oder weinet ihr vor Freuden, Daß von eurer Heerde ſchon neuntzig mit dem Lamme weyden? Ubel angewandte Zaͤhren, die man der Verweſung zollt! Wem ſind uͤber Hoffnungs-Saaten Thraͤnen auf ſein Feld ge- rollt? Aber, was beweget mich unſre Bruͤder anzuſchreyen: Daß

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Zitationshilfe: Zinzendorf, Nicolaus Ludwig von: Teutscher Gedichte Erster Theil. Herrnhuth, 1735, S. 240. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zinzendorf_gedichte_1735/250>, abgerufen am 21.11.2024.