Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Zinzendorf, Nicolaus Ludwig von: Teutscher Gedichte Erster Theil. Herrnhuth, 1735.

Bild:
<< vorherige Seite
1731.
Und wenn ich ihn ans Hertze drück,
So fühl ich freundliches Umarmen.
Jhr Lieben bleibet doch
An seinem sanfften Joch,
Und traget seine leichte Bürden:
Wenn man mit ihm die Last
Auf seine Schuldern faßt,
So ruht man auch in seinen Hürden.
Georg Seyfert. (**)
Jch zehlte zwölff mahl sieben Jahr
Jn dieser unbeständgen Hütte.
Der Freund, des meine Seele war,
Erhörte meiner Brüder Bitte,
Und nahm mich in die Ruhe ein,
Dahin nur Seelen kommen können,
Die durch sein Blut versöhnet seyn,
Und munter nach dem Kleinod rennen.
Der HErr erbarmte sich
Vor kurtzen über mich:
Kaum aber, daß ichs Elend fühlte,
So war auch Gnade nah,
Und die Erlösung da,
Wornach mein Hertz so sehnlich zielte.
Paul Schindler. (***)
Jetzo seh ich, was ich solte,
Jetzo hab ich, was ich wolte,
Da ich kaum noch Othem holte,
Und vor Liebe brennete.
Ro-
(**) Ein Mann von etliche und 80. Jahren, der erst in seinem ho-
hen Alter die Schmach Christi höher achten lernen, denn die
Schätze Egypti.
(***) Ein 67. jähriger Mann, der seinen. Heyland innig geliebet,
und mit einer seligen Empfindung seiner Liebe verschieden
ist.
1731.
Und wenn ich ihn ans Hertze druͤck,
So fuͤhl ich freundliches Umarmen.
Jhr Lieben bleibet doch
An ſeinem ſanfften Joch,
Und traget ſeine leichte Buͤrden:
Wenn man mit ihm die Laſt
Auf ſeine Schuldern faßt,
So ruht man auch in ſeinen Huͤrden.
Georg Seyfert. (**)
Jch zehlte zwoͤlff mahl ſieben Jahr
Jn dieſer unbeſtaͤndgen Huͤtte.
Der Freund, des meine Seele war,
Erhoͤrte meiner Bruͤder Bitte,
Und nahm mich in die Ruhe ein,
Dahin nur Seelen kommen koͤnnen,
Die durch ſein Blut verſoͤhnet ſeyn,
Und munter nach dem Kleinod rennen.
Der HErr erbarmte ſich
Vor kurtzen uͤber mich:
Kaum aber, daß ichs Elend fuͤhlte,
So war auch Gnade nah,
Und die Erloͤſung da,
Wornach mein Hertz ſo ſehnlich zielte.
Paul Schindler. (***)
Jetzo ſeh ich, was ich ſolte,
Jetzo hab ich, was ich wolte,
Da ich kaum noch Othem holte,
Und vor Liebe brennete.
Ro-
(**) Ein Mann von etliche und 80. Jahren, der erſt in ſeinem ho-
hen Alter die Schmach Chriſti hoͤher achten lernen, denn die
Schaͤtze Egypti.
(***) Ein 67. jaͤhriger Mann, der ſeinen. Heyland innig geliebet,
und mit einer ſeligen Empfindung ſeiner Liebe verſchieden
iſt.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <lg type="poem">
          <pb facs="#f0252" n="242"/>
          <fw place="top" type="header">1731.</fw><lb/>
          <l>Und wenn ich ihn ans Hertze dru&#x0364;ck,</l><lb/>
          <l>So fu&#x0364;hl ich freundliches Umarmen.</l><lb/>
          <l>Jhr Lieben bleibet doch</l><lb/>
          <l>An &#x017F;einem &#x017F;anfften Joch,</l><lb/>
          <l>Und traget &#x017F;eine leichte Bu&#x0364;rden:</l><lb/>
          <l>Wenn man mit ihm die La&#x017F;t</l><lb/>
          <l>Auf &#x017F;eine Schuldern faßt,</l><lb/>
          <l>So ruht man auch in &#x017F;einen Hu&#x0364;rden.</l>
        </lg><lb/>
        <lg type="poem">
          <head> <hi rendition="#b">Georg Seyfert.</hi> <note place="foot" n="(**)">Ein Mann von etliche und 80. Jahren, der er&#x017F;t in &#x017F;einem ho-<lb/>
hen Alter die Schmach Chri&#x017F;ti ho&#x0364;her achten lernen, denn die<lb/>
Scha&#x0364;tze Egypti.</note>
          </head><lb/>
          <l><hi rendition="#in">J</hi>ch zehlte zwo&#x0364;lff mahl &#x017F;ieben Jahr</l><lb/>
          <l>Jn die&#x017F;er unbe&#x017F;ta&#x0364;ndgen Hu&#x0364;tte.</l><lb/>
          <l>Der Freund, des meine Seele war,</l><lb/>
          <l>Erho&#x0364;rte meiner Bru&#x0364;der Bitte,</l><lb/>
          <l>Und nahm mich in die Ruhe ein,</l><lb/>
          <l>Dahin nur Seelen kommen ko&#x0364;nnen,</l><lb/>
          <l>Die durch &#x017F;ein Blut ver&#x017F;o&#x0364;hnet &#x017F;eyn,</l><lb/>
          <l>Und munter nach dem Kleinod rennen.</l><lb/>
          <l>Der HErr erbarmte &#x017F;ich</l><lb/>
          <l>Vor kurtzen u&#x0364;ber mich:</l><lb/>
          <l>Kaum aber, daß ichs Elend fu&#x0364;hlte,</l><lb/>
          <l>So war auch Gnade nah,</l><lb/>
          <l>Und die Erlo&#x0364;&#x017F;ung da,</l><lb/>
          <l>Wornach mein Hertz &#x017F;o &#x017F;ehnlich zielte.</l>
        </lg><lb/>
        <lg type="poem">
          <head> <hi rendition="#b">Paul Schindler.</hi> <note place="foot" n="(***)">Ein 67. ja&#x0364;hriger Mann, der &#x017F;einen. Heyland innig geliebet,<lb/>
und mit einer &#x017F;eligen Empfindung &#x017F;einer Liebe ver&#x017F;chieden<lb/>
i&#x017F;t.</note>
          </head><lb/>
          <l><hi rendition="#in">J</hi>etzo &#x017F;eh ich, was ich &#x017F;olte,</l><lb/>
          <l>Jetzo hab ich, was ich wolte,</l><lb/>
          <l>Da ich kaum noch Othem holte,</l><lb/>
          <l>Und vor Liebe brennete.</l>
        </lg><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#b">Ro-</hi> </fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[242/0252] 1731. Und wenn ich ihn ans Hertze druͤck, So fuͤhl ich freundliches Umarmen. Jhr Lieben bleibet doch An ſeinem ſanfften Joch, Und traget ſeine leichte Buͤrden: Wenn man mit ihm die Laſt Auf ſeine Schuldern faßt, So ruht man auch in ſeinen Huͤrden. Georg Seyfert. (**) Jch zehlte zwoͤlff mahl ſieben Jahr Jn dieſer unbeſtaͤndgen Huͤtte. Der Freund, des meine Seele war, Erhoͤrte meiner Bruͤder Bitte, Und nahm mich in die Ruhe ein, Dahin nur Seelen kommen koͤnnen, Die durch ſein Blut verſoͤhnet ſeyn, Und munter nach dem Kleinod rennen. Der HErr erbarmte ſich Vor kurtzen uͤber mich: Kaum aber, daß ichs Elend fuͤhlte, So war auch Gnade nah, Und die Erloͤſung da, Wornach mein Hertz ſo ſehnlich zielte. Paul Schindler. (***) Jetzo ſeh ich, was ich ſolte, Jetzo hab ich, was ich wolte, Da ich kaum noch Othem holte, Und vor Liebe brennete. Ro- (**) Ein Mann von etliche und 80. Jahren, der erſt in ſeinem ho- hen Alter die Schmach Chriſti hoͤher achten lernen, denn die Schaͤtze Egypti. (***) Ein 67. jaͤhriger Mann, der ſeinen. Heyland innig geliebet, und mit einer ſeligen Empfindung ſeiner Liebe verſchieden iſt.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/zinzendorf_gedichte_1735
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/zinzendorf_gedichte_1735/252
Zitationshilfe: Zinzendorf, Nicolaus Ludwig von: Teutscher Gedichte Erster Theil. Herrnhuth, 1735, S. 242. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zinzendorf_gedichte_1735/252>, abgerufen am 14.05.2024.