Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Zinzendorf, Nicolaus Ludwig von: Teutscher Gedichte Erster Theil. Herrnhuth, 1735.

Bild:
<< vorherige Seite

1734.

Da du gebohren warsdt (*) hab ich erfahren
Was Fleisch und Blut des Menschen Sohnes ist.

Du köntest billig mehr von mir begehren,
Als du biß jetzo noch an mir gesehn,
Weil meine Tage schon so lange währen,
Und mir so manche Gnade schon geschehn,
Doch der mein Hertze kennet,
Und mich zum Knecht ernennet,
Der weiß wie schwer es geht,
Und wie hingegen er mit dir gerennet,
Und dich schon lange an sein Creutz erhöht.
So gehe denn in dieser selgen Führung
Das künfftge Jahr mit grossen Schritten fort,
Erfahre seine wesentliche Rührung,
Und blicke manchmahl nach dem Ruhe-Port,
Doch laß es bey den Blicken,
Und fleißigem Beschicken
Der oberen Gemein,
Du aber must dich nicht vom Ort verrücken,
Und froh, und arbeitsam, und innig seyn.
Wenn du einmahl wirst ausgewürcket haben,
So wirst du zeit genug im Schooße ruhn,
Das ist der Zweck von unsern Zeugen-Gaben,
Daß wir, weils Tag ist, etwas sollen thun,
Nun bete du: Hegai,
Hier ist mein Mardachai
Und ich bin deine Magd,
Wir wollens machen wie dein Knecht vor Ai,
Mach du es wie dein Knecht zu Gilgal sagt.
CXXIX. Aufrichtige Erklärung, wies ihm
ums Hertz ist.
(**)
Du unser auserwehltes Haupt,
An welches unsre Seele glaubt!
Laß uns in deiner Nägelmahl
Er-
(*) Jm Nov. 1715.
(**) Gedruckt zu Tübingen, am Thomas-Tage.
U

1734.

Da du gebohren warſdt (*) hab ich erfahren
Was Fleiſch und Blut des Menſchen Sohnes iſt.

Du koͤnteſt billig mehr von mir begehren,
Als du biß jetzo noch an mir geſehn,
Weil meine Tage ſchon ſo lange waͤhren,
Und mir ſo manche Gnade ſchon geſchehn,
Doch der mein Hertze kennet,
Und mich zum Knecht ernennet,
Der weiß wie ſchwer es geht,
Und wie hingegen er mit dir gerennet,
Und dich ſchon lange an ſein Creutz erhoͤht.
So gehe denn in dieſer ſelgen Fuͤhrung
Das kuͤnfftge Jahr mit groſſen Schritten fort,
Erfahre ſeine weſentliche Ruͤhrung,
Und blicke manchmahl nach dem Ruhe-Port,
Doch laß es bey den Blicken,
Und fleißigem Beſchicken
Der oberen Gemein,
Du aber muſt dich nicht vom Ort verruͤcken,
Und froh, und arbeitſam, und innig ſeyn.
Wenn du einmahl wirſt ausgewuͤrcket haben,
So wirſt du zeit genug im Schooße ruhn,
Das iſt der Zweck von unſern Zeugen-Gaben,
Daß wir, weils Tag iſt, etwas ſollen thun,
Nun bete du: Hegai,
Hier iſt mein Mardachai
Und ich bin deine Magd,
Wir wollens machen wie dein Knecht vor Ai,
Mach du es wie dein Knecht zu Gilgal ſagt.
CXXIX. Aufrichtige Erklaͤrung, wies ihm
ums Hertz iſt.
(**)
Du unſer auserwehltes Haupt,
An welches unſre Seele glaubt!
Laß uns in deiner Naͤgelmahl
Er-
(*) Jm Nov. 1715.
(**) Gedruckt zu Tuͤbingen, am Thomas-Tage.
U
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <lg type="poem">
          <lg n="15">
            <l>
              <pb facs="#f0315" n="305"/>
              <fw place="top" type="header">1734.</fw>
            </l><lb/>
            <l>Da du gebohren war&#x017F;dt <note place="foot" n="(*)">Jm Nov. 1715.</note> hab ich erfahren</l><lb/>
            <l>Was Flei&#x017F;ch und Blut des Men&#x017F;chen Sohnes i&#x017F;t.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="16">
            <l>Du ko&#x0364;nte&#x017F;t billig mehr von mir begehren,</l><lb/>
            <l>Als du biß jetzo noch an mir ge&#x017F;ehn,</l><lb/>
            <l>Weil meine Tage &#x017F;chon &#x017F;o lange wa&#x0364;hren,</l><lb/>
            <l>Und mir &#x017F;o manche Gnade &#x017F;chon ge&#x017F;chehn,</l><lb/>
            <l>Doch der mein Hertze kennet,</l><lb/>
            <l>Und mich zum Knecht ernennet,</l><lb/>
            <l>Der weiß wie &#x017F;chwer es geht,</l><lb/>
            <l>Und wie hingegen er mit dir gerennet,</l><lb/>
            <l>Und dich &#x017F;chon lange an &#x017F;ein Creutz erho&#x0364;ht.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="17">
            <l>So gehe denn in die&#x017F;er &#x017F;elgen Fu&#x0364;hrung</l><lb/>
            <l>Das ku&#x0364;nfftge Jahr mit gro&#x017F;&#x017F;en Schritten fort,</l><lb/>
            <l>Erfahre &#x017F;eine we&#x017F;entliche Ru&#x0364;hrung,</l><lb/>
            <l>Und blicke manchmahl nach dem Ruhe-Port,</l><lb/>
            <l>Doch laß es bey den Blicken,</l><lb/>
            <l>Und fleißigem Be&#x017F;chicken</l><lb/>
            <l>Der oberen Gemein,</l><lb/>
            <l>Du aber mu&#x017F;t dich nicht vom Ort verru&#x0364;cken,</l><lb/>
            <l>Und froh, und arbeit&#x017F;am, und innig &#x017F;eyn.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="18">
            <l>Wenn du einmahl wir&#x017F;t ausgewu&#x0364;rcket haben,</l><lb/>
            <l>So wir&#x017F;t du zeit genug im Schooße ruhn,</l><lb/>
            <l>Das i&#x017F;t der Zweck von un&#x017F;ern Zeugen-Gaben,</l><lb/>
            <l>Daß wir, weils Tag i&#x017F;t, etwas &#x017F;ollen thun,</l><lb/>
            <l>Nun bete du: <hi rendition="#fr">Hegai,</hi></l><lb/>
            <l> <hi rendition="#fr">Hier i&#x017F;t mein Mardachai</hi> </l><lb/>
            <l> <hi rendition="#fr">Und ich bin deine Magd,</hi> </l><lb/>
            <l> <hi rendition="#fr">Wir wollens machen wie dein Knecht vor Ai,</hi> </l><lb/>
            <l> <hi rendition="#fr">Mach du es wie dein Knecht zu Gilgal &#x017F;agt.</hi> </l>
          </lg>
        </lg><lb/>
        <lg type="poem">
          <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">CXXIX.</hi> Aufrichtige Erkla&#x0364;rung, wies ihm<lb/>
ums Hertz i&#x017F;t.</hi> <note place="foot" n="(**)">Gedruckt zu Tu&#x0364;bingen, am Thomas-Tage.</note>
          </head><lb/>
          <lg n="19">
            <l><hi rendition="#in">D</hi>u un&#x017F;er auserwehltes Haupt,</l><lb/>
            <l>An welches un&#x017F;re Seele glaubt!</l><lb/>
            <l>Laß uns in deiner Na&#x0364;gelmahl<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">U</fw><fw place="bottom" type="catch">Er-</fw><lb/></l>
          </lg>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[305/0315] 1734. Da du gebohren warſdt (*) hab ich erfahren Was Fleiſch und Blut des Menſchen Sohnes iſt. Du koͤnteſt billig mehr von mir begehren, Als du biß jetzo noch an mir geſehn, Weil meine Tage ſchon ſo lange waͤhren, Und mir ſo manche Gnade ſchon geſchehn, Doch der mein Hertze kennet, Und mich zum Knecht ernennet, Der weiß wie ſchwer es geht, Und wie hingegen er mit dir gerennet, Und dich ſchon lange an ſein Creutz erhoͤht. So gehe denn in dieſer ſelgen Fuͤhrung Das kuͤnfftge Jahr mit groſſen Schritten fort, Erfahre ſeine weſentliche Ruͤhrung, Und blicke manchmahl nach dem Ruhe-Port, Doch laß es bey den Blicken, Und fleißigem Beſchicken Der oberen Gemein, Du aber muſt dich nicht vom Ort verruͤcken, Und froh, und arbeitſam, und innig ſeyn. Wenn du einmahl wirſt ausgewuͤrcket haben, So wirſt du zeit genug im Schooße ruhn, Das iſt der Zweck von unſern Zeugen-Gaben, Daß wir, weils Tag iſt, etwas ſollen thun, Nun bete du: Hegai, Hier iſt mein Mardachai Und ich bin deine Magd, Wir wollens machen wie dein Knecht vor Ai, Mach du es wie dein Knecht zu Gilgal ſagt. CXXIX. Aufrichtige Erklaͤrung, wies ihm ums Hertz iſt. (**) Du unſer auserwehltes Haupt, An welches unſre Seele glaubt! Laß uns in deiner Naͤgelmahl Er- (*) Jm Nov. 1715. (**) Gedruckt zu Tuͤbingen, am Thomas-Tage. U

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/zinzendorf_gedichte_1735
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/zinzendorf_gedichte_1735/315
Zitationshilfe: Zinzendorf, Nicolaus Ludwig von: Teutscher Gedichte Erster Theil. Herrnhuth, 1735, S. 305. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zinzendorf_gedichte_1735/315>, abgerufen am 21.11.2024.