Zinzendorf, Nicolaus Ludwig von: Teutscher Gedichte Erster Theil. Herrnhuth, 1735.
Als nun der Mann, der HErr Vom Himmel abgeschieden, Und als ein Wanderer, Jn armer Knechts-Gestalt, Die Erde durchgewallt; Hat er, nebst andrer Last, Auch diese aufgefast. Allein das war ein Mann, Der wuste sich zu rathen, Obgleich der gantze Bann Auf seinen Schultern lag, Biß an den Todes-Tag; Noch stand er aufgerichts, Warum? Er wolte nichts. Es soll ein ein'ger Sohn Die Zornes-Flut durchwaten, Verleugnen Cron und Thron, Noch schlechten Nutzen sehn, Und Strafe überstehn: Ein Sohn, der nichts gethan; Der Vater stiftets an! Ach! hätte dieses Lamm Gewust, was Wollen wäre: Hätt' unser Bräutigam, So sehr als seine Braut, Auf Fug und Recht gebaut; Er wär noch immer GOtt, Und wir des Teufels Spott. Allein, er wolte nicht; Er litte nach der Schwere: Er war auf nichts erpicht; Nahm die beschiedne Pein Jns Vaters Willen ein. Nun ist sein Schmertz vorbey, Und wir sind völlig frey. Es
Als nun der Mann, der HErr Vom Himmel abgeſchieden, Und als ein Wanderer, Jn armer Knechts-Geſtalt, Die Erde durchgewallt; Hat er, nebſt andrer Laſt, Auch dieſe aufgefaſt. Allein das war ein Mann, Der wuſte ſich zu rathen, Obgleich der gantze Bann Auf ſeinen Schultern lag, Biß an den Todes-Tag; Noch ſtand er aufgerichts, Warum? Er wolte nichts. Es ſoll ein ein’ger Sohn Die Zornes-Flut durchwaten, Verleugnen Cron und Thron, Noch ſchlechten Nutzen ſehn, Und Strafe uͤberſtehn: Ein Sohn, der nichts gethan; Der Vater ſtiftets an! Ach! haͤtte dieſes Lamm Gewuſt, was Wollen waͤre: Haͤtt’ unſer Braͤutigam, So ſehr als ſeine Braut, Auf Fug und Recht gebaut; Er waͤr noch immer GOtt, Und wir des Teufels Spott. Allein, er wolte nicht; Er litte nach der Schwere: Er war auf nichts erpicht; Nahm die beſchiedne Pein Jns Vaters Willen ein. Nun iſt ſein Schmertz vorbey, Und wir ſind voͤllig frey. Es
<TEI> <text> <body> <div> <lg type="poem"> <lg n="43"> <l> <pb facs="#f0092" n="82"/> <fw place="top" type="header">1724.</fw> </l><lb/> <l>Das, wenn ers worden iſt,</l><lb/> <l>Jhm an dem Hertzen frißt.</l> </lg><lb/> <lg n="44"> <l>Als nun der Mann, der HErr</l><lb/> <l>Vom Himmel abgeſchieden,</l><lb/> <l>Und als ein Wanderer,</l><lb/> <l>Jn armer Knechts-Geſtalt,</l><lb/> <l>Die Erde durchgewallt;</l><lb/> <l>Hat er, nebſt andrer Laſt,</l><lb/> <l>Auch dieſe aufgefaſt.</l> </lg><lb/> <lg n="45"> <l>Allein das war ein Mann,</l><lb/> <l>Der wuſte ſich zu rathen,</l><lb/> <l>Obgleich der gantze Bann</l><lb/> <l>Auf ſeinen Schultern lag,</l><lb/> <l>Biß an den Todes-Tag;</l><lb/> <l>Noch ſtand er aufgerichts,</l><lb/> <l>Warum? <hi rendition="#fr">Er wolte nichts.</hi></l> </lg><lb/> <lg n="46"> <l>Es ſoll ein ein’ger Sohn</l><lb/> <l>Die Zornes-Flut durchwaten,</l><lb/> <l>Verleugnen Cron und Thron,</l><lb/> <l>Noch ſchlechten Nutzen ſehn,</l><lb/> <l>Und Strafe uͤberſtehn:</l><lb/> <l>Ein Sohn, der nichts gethan;</l><lb/> <l>Der Vater ſtiftets an!</l> </lg><lb/> <lg n="47"> <l>Ach! haͤtte dieſes Lamm</l><lb/> <l>Gewuſt, was <hi rendition="#fr">Wollen</hi> waͤre:</l><lb/> <l>Haͤtt’ unſer Braͤutigam,</l><lb/> <l>So ſehr als ſeine Braut,</l><lb/> <l>Auf Fug und Recht gebaut;</l><lb/> <l>Er waͤr noch immer GOtt,</l><lb/> <l>Und wir des Teufels Spott.</l> </lg><lb/> <lg n="48"> <l>Allein, er wolte nicht;</l><lb/> <l>Er litte nach der Schwere:</l><lb/> <l>Er war auf nichts erpicht;</l><lb/> <l>Nahm die beſchiedne Pein</l><lb/> <l>Jns Vaters Willen ein.</l><lb/> <l>Nun iſt ſein Schmertz vorbey,</l><lb/> <l>Und wir ſind voͤllig frey.</l> </lg><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Es</fw><lb/> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [82/0092]
1724.
Das, wenn ers worden iſt,
Jhm an dem Hertzen frißt.
Als nun der Mann, der HErr
Vom Himmel abgeſchieden,
Und als ein Wanderer,
Jn armer Knechts-Geſtalt,
Die Erde durchgewallt;
Hat er, nebſt andrer Laſt,
Auch dieſe aufgefaſt.
Allein das war ein Mann,
Der wuſte ſich zu rathen,
Obgleich der gantze Bann
Auf ſeinen Schultern lag,
Biß an den Todes-Tag;
Noch ſtand er aufgerichts,
Warum? Er wolte nichts.
Es ſoll ein ein’ger Sohn
Die Zornes-Flut durchwaten,
Verleugnen Cron und Thron,
Noch ſchlechten Nutzen ſehn,
Und Strafe uͤberſtehn:
Ein Sohn, der nichts gethan;
Der Vater ſtiftets an!
Ach! haͤtte dieſes Lamm
Gewuſt, was Wollen waͤre:
Haͤtt’ unſer Braͤutigam,
So ſehr als ſeine Braut,
Auf Fug und Recht gebaut;
Er waͤr noch immer GOtt,
Und wir des Teufels Spott.
Allein, er wolte nicht;
Er litte nach der Schwere:
Er war auf nichts erpicht;
Nahm die beſchiedne Pein
Jns Vaters Willen ein.
Nun iſt ſein Schmertz vorbey,
Und wir ſind voͤllig frey.
Es
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |