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Zöckler, Otto: Die Lehre vom Urstand des Menschen. Gütersloh, 1879.

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VIII. Die Langlebigkeit der Patriarchen.
Maaß zu bringen! Angesichts der unleugbar festgehaltenen Absicht
des biblischen Erzählers, durch die überlieferten Ziffern im Wesent-
lichen ein langsames Herabsteigen menschlicher Lebenslänge bis zum
niederen Maaße der Jetztzeit zur anschaulichen Darstellung zu bringen,
tragen alle derartigen Versuche das Gepräge größerer oder gerin-
gerer Willkürlichkeit. Wir könnten füglich ganz von ihnen Umgang
nehmen, wollen indessen doch gerade deßhalb, weil die schlechthinige
Nothwendigkeit des einfachen Beharrens bei der Darstellung des
Grundtexts aus ihnen erhellt, hier eine kurze Uebersicht über sie
geben.

Schon die beiden frühesten Aenderungsversuche, von welchen
wenigstens der eine zugleich theilweiser Kürzungsversuch ist, lehren
auf bemerkenswerthe Weise das Unantastbare, von uralters her
Sicherstehende dieser vielhundertjährigen Altersangaben. Jn der
samaritanischen Version des Pentateuchs einerseits und in der alexan-
drinischen Bibelübersetzung andrerseits erscheint nämlich die gesammte
Zahlenreihe von Adam bis Noah derart umgestaltet, daß jene
Summe von 1656 Jahren dort um fast 350 Jahre verkürzt, hier
um 586 Jahre verlängert wird. Nichtsdestoweniger bleiben die
Angaben über die Lebenslänge der einzelnen zehn Patriarchen in
der einen wie in der andren Version größtentheils unangetastet;
die vorgenommenen Aenderungen betreffen in der Hauptsache nur
das jeweilige Jahr, in welchem der Erzvater seinen Sohn und
Stammhalter zeugte, bei Adam also das 130., bei Seth das 125.
Lebensjahr u. s. f. Der Samariter scheint seine Herabminderung
der Zahl 1656 auf 1307 wesentlich in der Absicht, eine gleich-
mäßigere Abnahme der Lebensalter stattfinden zu lassen, vorgenom-
men zu haben, hat jedoch dieser Tendenz zulieb nur drei Lebens-
alter: das des Jared (bei ihm nur 847 Jahre statt 962), das des
Methusalah (bei ihm 720 Jahre statt 969) und das des Lamech
(653 Jahre statt 777) verkürzt, die sieben übrigen dagegen so wie
sie der Urtext bietet belassen. Die Septuaginta scheinen ihre be-
trächtliche Steigerung der Distanz zwischen Adam und der Sintfluth

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VIII. Die Langlebigkeit der Patriarchen.
Maaß zu bringen! Angeſichts der unleugbar feſtgehaltenen Abſicht
des bibliſchen Erzählers, durch die überlieferten Ziffern im Weſent-
lichen ein langſames Herabſteigen menſchlicher Lebenslänge bis zum
niederen Maaße der Jetztzeit zur anſchaulichen Darſtellung zu bringen,
tragen alle derartigen Verſuche das Gepräge größerer oder gerin-
gerer Willkürlichkeit. Wir könnten füglich ganz von ihnen Umgang
nehmen, wollen indeſſen doch gerade deßhalb, weil die ſchlechthinige
Nothwendigkeit des einfachen Beharrens bei der Darſtellung des
Grundtexts aus ihnen erhellt, hier eine kurze Ueberſicht über ſie
geben.

Schon die beiden früheſten Aenderungsverſuche, von welchen
wenigſtens der eine zugleich theilweiſer Kürzungsverſuch iſt, lehren
auf bemerkenswerthe Weiſe das Unantaſtbare, von uralters her
Sicherſtehende dieſer vielhundertjährigen Altersangaben. Jn der
ſamaritaniſchen Verſion des Pentateuchs einerſeits und in der alexan-
driniſchen Bibelüberſetzung andrerſeits erſcheint nämlich die geſammte
Zahlenreihe von Adam bis Noah derart umgeſtaltet, daß jene
Summe von 1656 Jahren dort um faſt 350 Jahre verkürzt, hier
um 586 Jahre verlängert wird. Nichtsdeſtoweniger bleiben die
Angaben über die Lebenslänge der einzelnen zehn Patriarchen in
der einen wie in der andren Verſion größtentheils unangetaſtet;
die vorgenommenen Aenderungen betreffen in der Hauptſache nur
das jeweilige Jahr, in welchem der Erzvater ſeinen Sohn und
Stammhalter zeugte, bei Adam alſo das 130., bei Seth das 125.
Lebensjahr u. ſ. f. Der Samariter ſcheint ſeine Herabminderung
der Zahl 1656 auf 1307 weſentlich in der Abſicht, eine gleich-
mäßigere Abnahme der Lebensalter ſtattfinden zu laſſen, vorgenom-
men zu haben, hat jedoch dieſer Tendenz zulieb nur drei Lebens-
alter: das des Jared (bei ihm nur 847 Jahre ſtatt 962), das des
Methuſalah (bei ihm 720 Jahre ſtatt 969) und das des Lamech
(653 Jahre ſtatt 777) verkürzt, die ſieben übrigen dagegen ſo wie
ſie der Urtext bietet belaſſen. Die Septuaginta ſcheinen ihre be-
trächtliche Steigerung der Diſtanz zwiſchen Adam und der Sintfluth

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[259/0269] VIII. Die Langlebigkeit der Patriarchen. Maaß zu bringen! Angeſichts der unleugbar feſtgehaltenen Abſicht des bibliſchen Erzählers, durch die überlieferten Ziffern im Weſent- lichen ein langſames Herabſteigen menſchlicher Lebenslänge bis zum niederen Maaße der Jetztzeit zur anſchaulichen Darſtellung zu bringen, tragen alle derartigen Verſuche das Gepräge größerer oder gerin- gerer Willkürlichkeit. Wir könnten füglich ganz von ihnen Umgang nehmen, wollen indeſſen doch gerade deßhalb, weil die ſchlechthinige Nothwendigkeit des einfachen Beharrens bei der Darſtellung des Grundtexts aus ihnen erhellt, hier eine kurze Ueberſicht über ſie geben. Schon die beiden früheſten Aenderungsverſuche, von welchen wenigſtens der eine zugleich theilweiſer Kürzungsverſuch iſt, lehren auf bemerkenswerthe Weiſe das Unantaſtbare, von uralters her Sicherſtehende dieſer vielhundertjährigen Altersangaben. Jn der ſamaritaniſchen Verſion des Pentateuchs einerſeits und in der alexan- driniſchen Bibelüberſetzung andrerſeits erſcheint nämlich die geſammte Zahlenreihe von Adam bis Noah derart umgeſtaltet, daß jene Summe von 1656 Jahren dort um faſt 350 Jahre verkürzt, hier um 586 Jahre verlängert wird. Nichtsdeſtoweniger bleiben die Angaben über die Lebenslänge der einzelnen zehn Patriarchen in der einen wie in der andren Verſion größtentheils unangetaſtet; die vorgenommenen Aenderungen betreffen in der Hauptſache nur das jeweilige Jahr, in welchem der Erzvater ſeinen Sohn und Stammhalter zeugte, bei Adam alſo das 130., bei Seth das 125. Lebensjahr u. ſ. f. Der Samariter ſcheint ſeine Herabminderung der Zahl 1656 auf 1307 weſentlich in der Abſicht, eine gleich- mäßigere Abnahme der Lebensalter ſtattfinden zu laſſen, vorgenom- men zu haben, hat jedoch dieſer Tendenz zulieb nur drei Lebens- alter: das des Jared (bei ihm nur 847 Jahre ſtatt 962), das des Methuſalah (bei ihm 720 Jahre ſtatt 969) und das des Lamech (653 Jahre ſtatt 777) verkürzt, die ſieben übrigen dagegen ſo wie ſie der Urtext bietet belaſſen. Die Septuaginta ſcheinen ihre be- trächtliche Steigerung der Diſtanz zwiſchen Adam und der Sintfluth 17*

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Zitationshilfe: Zöckler, Otto: Die Lehre vom Urstand des Menschen. Gütersloh, 1879, S. 259. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zoeckler_lehre_1879/269>, abgerufen am 22.11.2024.