Zöckler, Otto: Die Lehre vom Urstand des Menschen. Gütersloh, 1879.VIII. Die Langlebigkeit der Patriarchen. ja vielleicht ein Durchschnittsalter von 150--230 Jahren, ähnlich demgegen die abrahamidische Zeit hin in der Patriarchenlinie zur Gel- tung gelangenden nicht mehr überschritten. Die Kühnheit der Behauptungen dieses Apologeten fordert auf VIII. Die Langlebigkeit der Patriarchen. ja vielleicht ein Durchſchnittsalter von 150—230 Jahren, ähnlich demgegen die abrahamidiſche Zeit hin in der Patriarchenlinie zur Gel- tung gelangenden nicht mehr überſchritten. Die Kühnheit der Behauptungen dieſes Apologeten fordert auf <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0282" n="272"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">VIII.</hi> Die Langlebigkeit der Patriarchen.</fw><lb/> ja vielleicht ein Durchſchnittsalter von 150—230 Jahren, ähnlich dem<lb/> gegen die abrahamidiſche Zeit hin in der Patriarchenlinie zur Gel-<lb/> tung gelangenden nicht mehr überſchritten.</p><lb/> <p>Die Kühnheit der Behauptungen dieſes Apologeten fordert auf<lb/> manchen Punkten gewiß ſehr zum Widerſpruche heraus. Dennoch<lb/> ſchließen ſeine Annahmen mehrere theils durch die bibliſche Dar-<lb/> ſtellung ſelbſt theils durch phyſiologiſche und culturgeſchichtliche That-<lb/> ſachen nahe gelegte Geſichtspunkte in ſich, die wir nothwendig<lb/> in genauere Erwägung nehmen müſſen. Auf das Gebiet jener vor<lb/> Allem von ihm aufgezählten andersartigen äußeren Naturbedingungen<lb/> um die Geburts- und Kindheitszeit des Menſchengeſchlechts wagen<lb/> wir ihm kaum zu folgen. Ob die erſten Menſchen zu denjenigen<lb/> Zeiten lebten, wo wegen größerer Erdwärme, d. i. wegen noch<lb/> ſtärkerer Wirkung des Centralfeuers, eine höhere und gleichmäßiger<lb/> warme Temperatur über die Oberfläche des Planeten verbreitet<lb/> war, dürfte ſehr zweifelhaft ſein. Dieſe Zeiten liegen jedenfalls<lb/> weit jenſeits der Anfänge unſrer Geſchichte zurück; auch jene Wärme-<lb/> periode des Miocän, auf welche die Palmen im Polareiſe zurück-<lb/> zuführen ſind, kann als viel zu entlegen für irgendwelche auf die<lb/> Epochen der Menſchheitsgeſchichte bezügliche Speculation nicht benutzt<lb/> werden. Die innerhalb der heutigen Geologie herrſchende Strömung<lb/> verlegt das erſte Auftreten des Menſchen lieber in die große Eiszeit<lb/> oder doch unmittelbar ans Ende derſelben. Jſt irgendetwas Rich-<lb/> tiges an dieſer Zeitbeſtimmung, ſo kann eine derartige Gleichmäßig-<lb/> keit der Temperatur, ein ſo wenig ſchroffer Jahreszeitenwechſel, wie<lb/> unſer Apologet ihn annimmt, nirgendwo auf der Erde geherrſcht<lb/> haben, auch nicht in der äquatorialen Zone, wo oder nahe bei<lb/> welcher muthmaaßlich der Urſitz der Menſchen ſich befand. Winde<lb/> und Stürme müſſen ebenſo gut damals vorgekommen ſein, wie jetzt;<lb/> nicht minder müſſen ſchon Regenniederſchläge ſtattgefunden haben.<lb/> Für eine angebliche Regenloſigkeit der vorſintfluthlichen Epoche kann<lb/> weder 1 Moſ. 2, 6 angeführt werden, welche Stelle ſich doch wohl<lb/> bloß auf Zeit und Zuſtand des Paradieſes bezieht, noch die Erzäh-<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [272/0282]
VIII. Die Langlebigkeit der Patriarchen.
ja vielleicht ein Durchſchnittsalter von 150—230 Jahren, ähnlich dem
gegen die abrahamidiſche Zeit hin in der Patriarchenlinie zur Gel-
tung gelangenden nicht mehr überſchritten.
Die Kühnheit der Behauptungen dieſes Apologeten fordert auf
manchen Punkten gewiß ſehr zum Widerſpruche heraus. Dennoch
ſchließen ſeine Annahmen mehrere theils durch die bibliſche Dar-
ſtellung ſelbſt theils durch phyſiologiſche und culturgeſchichtliche That-
ſachen nahe gelegte Geſichtspunkte in ſich, die wir nothwendig
in genauere Erwägung nehmen müſſen. Auf das Gebiet jener vor
Allem von ihm aufgezählten andersartigen äußeren Naturbedingungen
um die Geburts- und Kindheitszeit des Menſchengeſchlechts wagen
wir ihm kaum zu folgen. Ob die erſten Menſchen zu denjenigen
Zeiten lebten, wo wegen größerer Erdwärme, d. i. wegen noch
ſtärkerer Wirkung des Centralfeuers, eine höhere und gleichmäßiger
warme Temperatur über die Oberfläche des Planeten verbreitet
war, dürfte ſehr zweifelhaft ſein. Dieſe Zeiten liegen jedenfalls
weit jenſeits der Anfänge unſrer Geſchichte zurück; auch jene Wärme-
periode des Miocän, auf welche die Palmen im Polareiſe zurück-
zuführen ſind, kann als viel zu entlegen für irgendwelche auf die
Epochen der Menſchheitsgeſchichte bezügliche Speculation nicht benutzt
werden. Die innerhalb der heutigen Geologie herrſchende Strömung
verlegt das erſte Auftreten des Menſchen lieber in die große Eiszeit
oder doch unmittelbar ans Ende derſelben. Jſt irgendetwas Rich-
tiges an dieſer Zeitbeſtimmung, ſo kann eine derartige Gleichmäßig-
keit der Temperatur, ein ſo wenig ſchroffer Jahreszeitenwechſel, wie
unſer Apologet ihn annimmt, nirgendwo auf der Erde geherrſcht
haben, auch nicht in der äquatorialen Zone, wo oder nahe bei
welcher muthmaaßlich der Urſitz der Menſchen ſich befand. Winde
und Stürme müſſen ebenſo gut damals vorgekommen ſein, wie jetzt;
nicht minder müſſen ſchon Regenniederſchläge ſtattgefunden haben.
Für eine angebliche Regenloſigkeit der vorſintfluthlichen Epoche kann
weder 1 Moſ. 2, 6 angeführt werden, welche Stelle ſich doch wohl
bloß auf Zeit und Zuſtand des Paradieſes bezieht, noch die Erzäh-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |