Zöckler, Otto: Die Lehre vom Urstand des Menschen. Gütersloh, 1879.IX. Das Alter des Menschengeschlechts. Nilschlamme in einer Tiefe von 72 F. aufgefundnen Thonscherbennach Horner 24 000 Jahre, die dänischen Küchenabfälle wegen der in ihnen vorkommenden Knochenreste vom Auerhahn nach Steenstrup u. AA. mindestens 4 000 Jahre, oder nach Lyell gar 16 000 Jahre -- lauter gleich willkürliche Schätzungen, denen jetzt schon kein be- sonnener Forscher mehr irgendwelchen Werth beilegt. 1) Wohl der ärgste Schwindel auf dem hier in Rede stehenden 1) Vgl. überhaupt Reusch, Bibel und Ratur, 4. Aufl., S. 590 f.;
Güttler, a. a. O., S. 279 ff., u. m. "Gesch. der Beziehungen etc.," II, 587 ff. IX. Das Alter des Menſchengeſchlechts. Nilſchlamme in einer Tiefe von 72 F. aufgefundnen Thonſcherbennach Horner 24 000 Jahre, die däniſchen Küchenabfälle wegen der in ihnen vorkommenden Knochenreſte vom Auerhahn nach Steenſtrup u. AA. mindeſtens 4 000 Jahre, oder nach Lyell gar 16 000 Jahre — lauter gleich willkürliche Schätzungen, denen jetzt ſchon kein be- ſonnener Forſcher mehr irgendwelchen Werth beilegt. 1) Wohl der ärgſte Schwindel auf dem hier in Rede ſtehenden 1) Vgl. überhaupt Reuſch, Bibel und Ratur, 4. Aufl., S. 590 f.;
Güttler, a. a. O., S. 279 ff., u. m. „Geſch. der Beziehungen ꝛc.,‟ II, 587 ff. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0319" n="309"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">IX.</hi> Das Alter des Menſchengeſchlechts.</fw><lb/> Nilſchlamme in einer Tiefe von 72 F. aufgefundnen Thonſcherben<lb/> nach Horner 24 000 Jahre, die däniſchen Küchenabfälle wegen der<lb/> in ihnen vorkommenden Knochenreſte vom Auerhahn nach Steenſtrup<lb/> u. AA. mindeſtens 4 000 Jahre, oder nach Lyell gar 16 000 Jahre<lb/> — lauter gleich willkürliche Schätzungen, denen jetzt ſchon kein be-<lb/> ſonnener Forſcher mehr irgendwelchen Werth beilegt. <note place="foot" n="1)">Vgl. überhaupt <hi rendition="#g">Reuſch,</hi> Bibel und Ratur, 4. Aufl., S. 590 f.;<lb/><hi rendition="#g">Güttler,</hi> a. a. O., S. 279 ff., u. m. „Geſch. der Beziehungen ꝛc.,‟ <hi rendition="#aq">II,</hi> 587 ff.</note></p><lb/> <p>Wohl der ärgſte Schwindel auf dem hier in Rede ſtehenden<lb/> Gebiete iſt eine Zeitlang mit den <hi rendition="#g">Pfahlbauten</hi> und den an ſie<lb/> geknüpften Berechnungen des Alters der mitteleuropäiſchen Cultur-<lb/> völker getrieben worden. Mehrere der erſten Erforſcher dieſer zuerſt<lb/> 1854 im Züricher See, dann bald in den meiſten übrigen Schweizer-<lb/> ſeen, vielen Seen Oberitaliens, Oeſterreichs, Deutſchlands ꝛc. entdeckten<lb/> merkwürdigen Waſſerwohnungen aus ſcheinbar vorhiſtoriſcher Zeit ver-<lb/> ſtiegen ſich zu maaßlos hohen Schätzungen des Alters ihrer ein-<lb/> ſtigen Erbauer und Bewohner und fanden dafür Glauben in weiteren<lb/> Kreiſen. Ferdinand Keller in Zürich, der eigentliche Begründer dieſes<lb/> archäologiſchen Forſchungsbereichs, legte dem unterſten, ſeinem Jnhalte<lb/> nach anſcheinend noch der Steinzeit angehörigen Stockwerke der<lb/> Pfahlbauten von Robenhauſen ein Alter von 6720 Jahren bei.<lb/> Morlot ſuchte aus Anſchwemmungen der Tini<hi rendition="#aq">è</hi>re bei ihrer Mündung<lb/> in den Genferſee für die Pfahlbauten in den Umgebungen dieſes Sees<lb/> ein Alter von 10—13 000 Jahren herauszurechnen. Etwas vorſichtiger<lb/> verfuhr Troyon in Lauſanne ſowie Gilli<hi rendition="#aq">è</hi>ron, welcher Letztere einer<lb/> Pfahlwohnung zwiſchen dem Neuchateler und Bieler See ein Alter<lb/> von 6750 Jahren ertheilte. Für weit jenſeits aller hiſtoriſchen Zeit<lb/> entſtanden wurden die mitteleuropäiſchen Pfahlbauten während des<lb/> erſten Jahrzehnis nach ihrer Entdeckung auch von vielen ſonſt be-<lb/> ſonnenen Alterthumsforſchern gehalten. Namentlich auch für die in<lb/> Mecklenburg und andern Oſtſeeländern entdeckten Seewohnungen<lb/> dieſer Art meinten Liſch und Virchow, übereinſtimmend mit der<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [309/0319]
IX. Das Alter des Menſchengeſchlechts.
Nilſchlamme in einer Tiefe von 72 F. aufgefundnen Thonſcherben
nach Horner 24 000 Jahre, die däniſchen Küchenabfälle wegen der
in ihnen vorkommenden Knochenreſte vom Auerhahn nach Steenſtrup
u. AA. mindeſtens 4 000 Jahre, oder nach Lyell gar 16 000 Jahre
— lauter gleich willkürliche Schätzungen, denen jetzt ſchon kein be-
ſonnener Forſcher mehr irgendwelchen Werth beilegt. 1)
Wohl der ärgſte Schwindel auf dem hier in Rede ſtehenden
Gebiete iſt eine Zeitlang mit den Pfahlbauten und den an ſie
geknüpften Berechnungen des Alters der mitteleuropäiſchen Cultur-
völker getrieben worden. Mehrere der erſten Erforſcher dieſer zuerſt
1854 im Züricher See, dann bald in den meiſten übrigen Schweizer-
ſeen, vielen Seen Oberitaliens, Oeſterreichs, Deutſchlands ꝛc. entdeckten
merkwürdigen Waſſerwohnungen aus ſcheinbar vorhiſtoriſcher Zeit ver-
ſtiegen ſich zu maaßlos hohen Schätzungen des Alters ihrer ein-
ſtigen Erbauer und Bewohner und fanden dafür Glauben in weiteren
Kreiſen. Ferdinand Keller in Zürich, der eigentliche Begründer dieſes
archäologiſchen Forſchungsbereichs, legte dem unterſten, ſeinem Jnhalte
nach anſcheinend noch der Steinzeit angehörigen Stockwerke der
Pfahlbauten von Robenhauſen ein Alter von 6720 Jahren bei.
Morlot ſuchte aus Anſchwemmungen der Tinière bei ihrer Mündung
in den Genferſee für die Pfahlbauten in den Umgebungen dieſes Sees
ein Alter von 10—13 000 Jahren herauszurechnen. Etwas vorſichtiger
verfuhr Troyon in Lauſanne ſowie Gillièron, welcher Letztere einer
Pfahlwohnung zwiſchen dem Neuchateler und Bieler See ein Alter
von 6750 Jahren ertheilte. Für weit jenſeits aller hiſtoriſchen Zeit
entſtanden wurden die mitteleuropäiſchen Pfahlbauten während des
erſten Jahrzehnis nach ihrer Entdeckung auch von vielen ſonſt be-
ſonnenen Alterthumsforſchern gehalten. Namentlich auch für die in
Mecklenburg und andern Oſtſeeländern entdeckten Seewohnungen
dieſer Art meinten Liſch und Virchow, übereinſtimmend mit der
1) Vgl. überhaupt Reuſch, Bibel und Ratur, 4. Aufl., S. 590 f.;
Güttler, a. a. O., S. 279 ff., u. m. „Geſch. der Beziehungen ꝛc.,‟ II, 587 ff.
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