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Zöckler, Otto: Die Lehre vom Urstand des Menschen. Gütersloh, 1879.

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IX. Das Alter des Menschengeschlechts.
den Zeiträume, welche der Apostelgeschichtschreiber für das grund-
legende Wirken der Apostel und Evangelisten im Petrinischen Zeit-
alter, oder für Pauli erste Missionsreise (Apg. 13 u. 14) auswirft. --
Zieht man die aus solchen Beispielen erhellende Unbestimmtheit der
h. Schrift in Zeitrechnungsfragen nach Gebühr in Erwägung, so
verlieren jene auf die Makrobierjahre gestützten Distanzberechnungen
für die Zeit zwischen Adam und Christus von Usher, Calvisius etc.,
auch schon ohne daß man ihr Differiren unter sich selbst in Anschlag
bringt, ziemlich viel von ihrem Ansehen. Man gelangt zur Einsicht,
daß an jener Behauptung vom Nichtvorhandensein eines festen und
förmlichen chronologischen Systems in der Bibel in der That doch
etwas Wahres ist. Man lernt der Eventualität, daß doch noch
einmal sogenannte Tertiärmenschen, d. h. nach maaßvollerer geolo-
gischer Schätzung ziemlich tief in die letzte Eiszeit, ziemlich weit
jenseits des s. g. Diluviums zurückreichende Fossilreste und Actefacte
von Menschen aufgefunden und wissenschaftlich constatirt würden,
man lernt einer solchen Eventualität ruhiger entgegensehen. Und
man blickt nicht minder mit größerem Vertrauen auf den Fortgang
der assyriologischen und ägyptologischen Forschung hin, erkennt es
gern als möglich an, daß Manetho's Königsreihe mit ihren 3555
Jahren angeblicher Zwischenzeit zwischen Menes und Nectanebis II.
doch noch einmal durch spätere Denkmal-Entzifferungen als geschicht-
lich correct bestätigt werden dürfte, so daß also die auf diesem Felde
zuversichtlicher auftretenden Historiker wie Mariette, Lauth, Basil
Cooper etc. gegenüber den skeptischer gerichteten wie Brugsch, Mas-
pero schließlich Recht behielten.

Jn diesem Sinne und mit diesen Beschränkungen hat denn auch
eine Anzahl neuerer Apologeten des bibelgläubigen Standpunkts
eine Verlängerung des durch die Patriarchenregister abgesteckten
Zeitraums alttestamentlicher Geschichte und Chronologie hypothetischer-
weise zu vollziehen gesucht. Delitzsch nimmt die Lepsius-Eberssche
Fixirung des J. 3893 als ersten Regierungsjahrs des Menes als
möglicherweise richtig an und meint, wesentlich übereinstimmend mit

IX. Das Alter des Menſchengeſchlechts.
den Zeiträume, welche der Apoſtelgeſchichtſchreiber für das grund-
legende Wirken der Apoſtel und Evangeliſten im Petriniſchen Zeit-
alter, oder für Pauli erſte Miſſionsreiſe (Apg. 13 u. 14) auswirft. —
Zieht man die aus ſolchen Beiſpielen erhellende Unbeſtimmtheit der
h. Schrift in Zeitrechnungsfragen nach Gebühr in Erwägung, ſo
verlieren jene auf die Makrobierjahre geſtützten Diſtanzberechnungen
für die Zeit zwiſchen Adam und Chriſtus von Uſher, Calviſius ꝛc.,
auch ſchon ohne daß man ihr Differiren unter ſich ſelbſt in Anſchlag
bringt, ziemlich viel von ihrem Anſehen. Man gelangt zur Einſicht,
daß an jener Behauptung vom Nichtvorhandenſein eines feſten und
förmlichen chronologiſchen Syſtems in der Bibel in der That doch
etwas Wahres iſt. Man lernt der Eventualität, daß doch noch
einmal ſogenannte Tertiärmenſchen, d. h. nach maaßvollerer geolo-
giſcher Schätzung ziemlich tief in die letzte Eiszeit, ziemlich weit
jenſeits des ſ. g. Diluviums zurückreichende Foſſilreſte und Actefacte
von Menſchen aufgefunden und wiſſenſchaftlich conſtatirt würden,
man lernt einer ſolchen Eventualität ruhiger entgegenſehen. Und
man blickt nicht minder mit größerem Vertrauen auf den Fortgang
der aſſyriologiſchen und ägyptologiſchen Forſchung hin, erkennt es
gern als möglich an, daß Manetho’s Königsreihe mit ihren 3555
Jahren angeblicher Zwiſchenzeit zwiſchen Menes und Nectanebis II.
doch noch einmal durch ſpätere Denkmal-Entzifferungen als geſchicht-
lich correct beſtätigt werden dürfte, ſo daß alſo die auf dieſem Felde
zuverſichtlicher auftretenden Hiſtoriker wie Mariette, Lauth, Baſil
Cooper ꝛc. gegenüber den ſkeptiſcher gerichteten wie Brugſch, Mas-
péro ſchließlich Recht behielten.

Jn dieſem Sinne und mit dieſen Beſchränkungen hat denn auch
eine Anzahl neuerer Apologeten des bibelgläubigen Standpunkts
eine Verlängerung des durch die Patriarchenregiſter abgeſteckten
Zeitraums altteſtamentlicher Geſchichte und Chronologie hypothetiſcher-
weiſe zu vollziehen geſucht. Delitzſch nimmt die Lepſius-Ebersſche
Fixirung des J. 3893 als erſten Regierungsjahrs des Menes als
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[322/0332] IX. Das Alter des Menſchengeſchlechts. den Zeiträume, welche der Apoſtelgeſchichtſchreiber für das grund- legende Wirken der Apoſtel und Evangeliſten im Petriniſchen Zeit- alter, oder für Pauli erſte Miſſionsreiſe (Apg. 13 u. 14) auswirft. — Zieht man die aus ſolchen Beiſpielen erhellende Unbeſtimmtheit der h. Schrift in Zeitrechnungsfragen nach Gebühr in Erwägung, ſo verlieren jene auf die Makrobierjahre geſtützten Diſtanzberechnungen für die Zeit zwiſchen Adam und Chriſtus von Uſher, Calviſius ꝛc., auch ſchon ohne daß man ihr Differiren unter ſich ſelbſt in Anſchlag bringt, ziemlich viel von ihrem Anſehen. Man gelangt zur Einſicht, daß an jener Behauptung vom Nichtvorhandenſein eines feſten und förmlichen chronologiſchen Syſtems in der Bibel in der That doch etwas Wahres iſt. Man lernt der Eventualität, daß doch noch einmal ſogenannte Tertiärmenſchen, d. h. nach maaßvollerer geolo- giſcher Schätzung ziemlich tief in die letzte Eiszeit, ziemlich weit jenſeits des ſ. g. Diluviums zurückreichende Foſſilreſte und Actefacte von Menſchen aufgefunden und wiſſenſchaftlich conſtatirt würden, man lernt einer ſolchen Eventualität ruhiger entgegenſehen. Und man blickt nicht minder mit größerem Vertrauen auf den Fortgang der aſſyriologiſchen und ägyptologiſchen Forſchung hin, erkennt es gern als möglich an, daß Manetho’s Königsreihe mit ihren 3555 Jahren angeblicher Zwiſchenzeit zwiſchen Menes und Nectanebis II. doch noch einmal durch ſpätere Denkmal-Entzifferungen als geſchicht- lich correct beſtätigt werden dürfte, ſo daß alſo die auf dieſem Felde zuverſichtlicher auftretenden Hiſtoriker wie Mariette, Lauth, Baſil Cooper ꝛc. gegenüber den ſkeptiſcher gerichteten wie Brugſch, Mas- péro ſchließlich Recht behielten. Jn dieſem Sinne und mit dieſen Beſchränkungen hat denn auch eine Anzahl neuerer Apologeten des bibelgläubigen Standpunkts eine Verlängerung des durch die Patriarchenregiſter abgeſteckten Zeitraums altteſtamentlicher Geſchichte und Chronologie hypothetiſcher- weiſe zu vollziehen geſucht. Delitzſch nimmt die Lepſius-Ebersſche Fixirung des J. 3893 als erſten Regierungsjahrs des Menes als möglicherweiſe richtig an und meint, weſentlich übereinſtimmend mit

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Zitationshilfe: Zöckler, Otto: Die Lehre vom Urstand des Menschen. Gütersloh, 1879, S. 322. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zoeckler_lehre_1879/332>, abgerufen am 21.11.2024.