Zöckler, Otto: Die Lehre vom Urstand des Menschen. Gütersloh, 1879.I. Der Urstand nach kirchlicher Ueberlieferung. aber nur einen Tag darin verweilen ließ!1) -- Bis zu 40 Tagen wollteCäsarius (oder wohl richtiger Pseudo-Cäsarius) von Nazianz das Verweilen Adams im Paradiese ausgedehnt wissen, wohl aus ähn- lichen antitypisch-symbolischen Gründen wie die, welche Andere die Erstreckung des betr. Aufenthalts bis zu 30 Jahren (nach Luc. 3, 23) bevorzugen ließen. Auch die Siebenzahl von Jahren, welche das Jubiläenbuch statuirt, hat verschiedne Vertheidiger in der Kirche gefunden. So den byzantinischen Chronisten Syncellus, welchen Cedrenus deshalb tadelte; so noch neuerdings Jackson in seinen "Chronologischen Alterthümern der ältesten Königreiche", während ein andrer Chronologe neuester Zeit, Greswell, es vorzog bei der Hälfte eines Septennats stehen zu bleiben und den Paradieses- aufenthalt nur bis zu Freitag den 5. April des Jahres 4 der Welt dauern zu lassen!2) -- Die Absurdität erscheint hier in beiden Fällen gleich groß, bei den Minimal- wie bei den Maximal-Be- stimmungen eines Zeitraums, über dessen Länge die biblische Urkunde keinerlei auch nur annähernde Andeutung gibt und dessen absolute Unbestimmbarkeit schon Eusebius in seinem Chronikon ganz richtig erkannte.3) 2) Nicht sehr viel erquicklicher als die eben aufgezählten chrono- 1) Basil. Hom. De Paradiso; Joh. Damasc. De fide orthod. II, 10; Augustin, De Civ. Dei XX, 26; Greg. M. Dial. IV, 1; Pererius, 1. c., Usserii Annales Vet. et Novi Testamenti (vgl. Rösch, Art. "Bibl. Zeit- rechnung" in Herzog's Encycl.). 2) Vgl. Rösch, a. a. O., S. 424; auch Pererius l. c., sowie was Syncellus und Cedrenus betrifft, meine Gesch. der Bez. etc., I, 375. 3) Euseb. Chron I, 16, 4 ed Mai: "Tempora, quibus habitatum
est in illo -- -- paradiso, nemo est qui effari queat." I. Der Urſtand nach kirchlicher Ueberlieferung. aber nur einen Tag darin verweilen ließ!1) — Bis zu 40 Tagen wollteCäſarius (oder wohl richtiger Pſeudo-Cäſarius) von Nazianz das Verweilen Adams im Paradieſe ausgedehnt wiſſen, wohl aus ähn- lichen antitypiſch-ſymboliſchen Gründen wie die, welche Andere die Erſtreckung des betr. Aufenthalts bis zu 30 Jahren (nach Luc. 3, 23) bevorzugen ließen. Auch die Siebenzahl von Jahren, welche das Jubiläenbuch ſtatuirt, hat verſchiedne Vertheidiger in der Kirche gefunden. So den byzantiniſchen Chroniſten Syncellus, welchen Cedrenus deshalb tadelte; ſo noch neuerdings Jackſon in ſeinen „Chronologiſchen Alterthümern der älteſten Königreiche‟, während ein andrer Chronologe neueſter Zeit, Greswell, es vorzog bei der Hälfte eines Septennats ſtehen zu bleiben und den Paradieſes- aufenthalt nur bis zu Freitag den 5. April des Jahres 4 der Welt dauern zu laſſen!2) — Die Abſurdität erſcheint hier in beiden Fällen gleich groß, bei den Minimal- wie bei den Maximal-Be- ſtimmungen eines Zeitraums, über deſſen Länge die bibliſche Urkunde keinerlei auch nur annähernde Andeutung gibt und deſſen abſolute Unbeſtimmbarkeit ſchon Euſebius in ſeinem Chronikon ganz richtig erkannte.3) 2) Nicht ſehr viel erquicklicher als die eben aufgezählten chrono- 1) Basil. Hom. De Paradiso; Joh. Damasc. De fide orthod. II, 10; Auguſtin, De Civ. Dei XX, 26; Greg. M. Dial. IV, 1; Pererius, 1. c., Usserii Annales Vet. et Novi Testamenti (vgl. Röſch, Art. „Bibl. Zeit- rechnung‟ in Herzog’s Encycl.). 2) Vgl. Röſch, a. a. O., S. 424; auch Pererius l. c., ſowie was Syncellus und Cedrenus betrifft, meine Geſch. der Bez. ꝛc., I, 375. 3) Euseb. Chron I, 16, 4 ed Mai: „Tempora, quibus habitatum
est in illo — — paradiso, nemo est qui effari queat.‟ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0048" n="38"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">I.</hi> Der Urſtand nach kirchlicher Ueberlieferung.</fw><lb/> aber nur einen Tag darin verweilen ließ!<note place="foot" n="1)"><hi rendition="#aq">Basil. Hom. De Paradiso; Joh. Damasc. De fide orthod. II,</hi> 10;<lb/> Auguſtin, <hi rendition="#aq">De Civ. Dei XX, 26; Greg. M. Dial. IV, 1; Pererius, 1. c.,<lb/> Usserii Annales Vet. et Novi Testamenti</hi> (vgl. Röſch, Art. „Bibl. Zeit-<lb/> rechnung‟ in Herzog’s Encycl.).</note> — Bis zu 40 Tagen wollte<lb/> Cäſarius (oder wohl richtiger Pſeudo-Cäſarius) von Nazianz das<lb/> Verweilen Adams im Paradieſe ausgedehnt wiſſen, wohl aus ähn-<lb/> lichen antitypiſch-ſymboliſchen Gründen wie die, welche Andere die<lb/> Erſtreckung des betr. Aufenthalts bis zu 30 Jahren (nach Luc. 3,<lb/> 23) bevorzugen ließen. Auch die Siebenzahl von Jahren, welche<lb/> das Jubiläenbuch ſtatuirt, hat verſchiedne Vertheidiger in der Kirche<lb/> gefunden. So den byzantiniſchen Chroniſten Syncellus, welchen<lb/> Cedrenus deshalb tadelte; ſo noch neuerdings Jackſon in ſeinen<lb/> „Chronologiſchen Alterthümern der älteſten Königreiche‟, während<lb/> ein andrer Chronologe neueſter Zeit, Greswell, es vorzog bei der<lb/> Hälfte eines Septennats ſtehen zu bleiben und den Paradieſes-<lb/> aufenthalt nur bis zu Freitag den 5. April des Jahres 4 der Welt<lb/> dauern zu laſſen!<note place="foot" n="2)">Vgl. Röſch, a. a. O., S. 424; auch <hi rendition="#g">Pererius</hi> <hi rendition="#aq">l. c.,</hi> ſowie was<lb/> Syncellus und Cedrenus betrifft, meine Geſch. der Bez. ꝛc., <hi rendition="#aq">I,</hi> 375.</note> — Die Abſurdität erſcheint hier in beiden<lb/> Fällen gleich groß, bei den Minimal- wie bei den Maximal-Be-<lb/> ſtimmungen eines Zeitraums, über deſſen Länge die bibliſche Urkunde<lb/> keinerlei auch nur annähernde Andeutung gibt und deſſen abſolute<lb/> Unbeſtimmbarkeit ſchon Euſebius in ſeinem Chronikon ganz richtig<lb/> erkannte.<note place="foot" n="3)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">Euseb.</hi> Chron I, 16, 4 ed Mai: „Tempora, quibus habitatum<lb/> est in illo — — paradiso, nemo est qui effari queat.‟</hi></note></p><lb/> <p>2) Nicht ſehr viel erquicklicher als die eben aufgezählten chrono-<lb/> logiſchen Verſuche, übrigens aber mit größerer Conſequenz auf eine<lb/> gewiſſe Naturaliſirung des Urſtands ausgehend, erſcheinen die Ver-<lb/> ſuche zur <hi rendition="#g">Nachweiſung vorbereitender Keime und An-<lb/> fänge des Sündenfalles</hi> bei den Paradieſesbewohnern. Jene<lb/> antiocheniſch-pelagianiſche Darſtellung des Zuſtands des neugeſchaf-<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [38/0048]
I. Der Urſtand nach kirchlicher Ueberlieferung.
aber nur einen Tag darin verweilen ließ! 1) — Bis zu 40 Tagen wollte
Cäſarius (oder wohl richtiger Pſeudo-Cäſarius) von Nazianz das
Verweilen Adams im Paradieſe ausgedehnt wiſſen, wohl aus ähn-
lichen antitypiſch-ſymboliſchen Gründen wie die, welche Andere die
Erſtreckung des betr. Aufenthalts bis zu 30 Jahren (nach Luc. 3,
23) bevorzugen ließen. Auch die Siebenzahl von Jahren, welche
das Jubiläenbuch ſtatuirt, hat verſchiedne Vertheidiger in der Kirche
gefunden. So den byzantiniſchen Chroniſten Syncellus, welchen
Cedrenus deshalb tadelte; ſo noch neuerdings Jackſon in ſeinen
„Chronologiſchen Alterthümern der älteſten Königreiche‟, während
ein andrer Chronologe neueſter Zeit, Greswell, es vorzog bei der
Hälfte eines Septennats ſtehen zu bleiben und den Paradieſes-
aufenthalt nur bis zu Freitag den 5. April des Jahres 4 der Welt
dauern zu laſſen! 2) — Die Abſurdität erſcheint hier in beiden
Fällen gleich groß, bei den Minimal- wie bei den Maximal-Be-
ſtimmungen eines Zeitraums, über deſſen Länge die bibliſche Urkunde
keinerlei auch nur annähernde Andeutung gibt und deſſen abſolute
Unbeſtimmbarkeit ſchon Euſebius in ſeinem Chronikon ganz richtig
erkannte. 3)
2) Nicht ſehr viel erquicklicher als die eben aufgezählten chrono-
logiſchen Verſuche, übrigens aber mit größerer Conſequenz auf eine
gewiſſe Naturaliſirung des Urſtands ausgehend, erſcheinen die Ver-
ſuche zur Nachweiſung vorbereitender Keime und An-
fänge des Sündenfalles bei den Paradieſesbewohnern. Jene
antiocheniſch-pelagianiſche Darſtellung des Zuſtands des neugeſchaf-
1) Basil. Hom. De Paradiso; Joh. Damasc. De fide orthod. II, 10;
Auguſtin, De Civ. Dei XX, 26; Greg. M. Dial. IV, 1; Pererius, 1. c.,
Usserii Annales Vet. et Novi Testamenti (vgl. Röſch, Art. „Bibl. Zeit-
rechnung‟ in Herzog’s Encycl.).
2) Vgl. Röſch, a. a. O., S. 424; auch Pererius l. c., ſowie was
Syncellus und Cedrenus betrifft, meine Geſch. der Bez. ꝛc., I, 375.
3) Euseb. Chron I, 16, 4 ed Mai: „Tempora, quibus habitatum
est in illo — — paradiso, nemo est qui effari queat.‟
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |