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Zollikofer, Georg Joachim: Andachtsübungen und Gebete zum Privatgebrauche für nachdenkende und gutgesinnte Christen. Leipzig, 1785.

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Allgemeines Gebet.
Vertrauen üben sollen, zu unserer Beruhi-
gnng nicht.

Aber dir, Vater, gefällt es, wenn deine
Kinder einander lieben, und sich in Liebe vor
dir mit einander vereinigen; wenn jedes an den
Leiden und Freuden der übrigen herzlichen An-
theil nimmt; wenn keines blos auf das Sei-
nige, sondern auch auf das, was der andern
ist, sieht; wenn sie alle ihre Abhängigkeit von
dir, und ihre Verbindung mit einander erken-
nen, und Brüder für Brüder beten. Freylich
darfst du nicht erst, gleich einem schwachen
Menschen, durch unsre Fürbitte zum Mitlei-
den, und zum Wohlthun bewogen werden.
Freylich thust du auch ohne dieselbe von Ewig-
keit zu Ewigkeit alles, was recht und gut und
in jedem Falle das Beste ist. Aber diese Für-
bitte bringt uns einen dem andern näher, macht
uns theilnehmender und gütiger gegen einander
gesinnet, und eben dadurch williger und ge-
schickter, unser gegenseitiges Wohl zu befördern.

Ja, mit inniger Theilnehmung denke ich
an alle meine nähern und entferntern Brüder
auf Erden, so viel ich ihrer mit meinem Ver-
stande und mit meinem Herzen zu umfassen
vermag. Froh denke ich an alles Schöne und

Gute,
G 4

Allgemeines Gebet.
Vertrauen üben ſollen, zu unſerer Beruhi-
gnng nicht.

Aber dir, Vater, gefällt es, wenn deine
Kinder einander lieben, und ſich in Liebe vor
dir mit einander vereinigen; wenn jedes an den
Leiden und Freuden der übrigen herzlichen An-
theil nimmt; wenn keines blos auf das Sei-
nige, ſondern auch auf das, was der andern
iſt, ſieht; wenn ſie alle ihre Abhängigkeit von
dir, und ihre Verbindung mit einander erken-
nen, und Brüder für Brüder beten. Freylich
darfſt du nicht erſt, gleich einem ſchwachen
Menſchen, durch unſre Fürbitte zum Mitlei-
den, und zum Wohlthun bewogen werden.
Freylich thuſt du auch ohne dieſelbe von Ewig-
keit zu Ewigkeit alles, was recht und gut und
in jedem Falle das Beſte iſt. Aber dieſe Für-
bitte bringt uns einen dem andern näher, macht
uns theilnehmender und gütiger gegen einander
geſinnet, und eben dadurch williger und ge-
ſchickter, unſer gegenſeitiges Wohl zu befördern.

Ja, mit inniger Theilnehmung denke ich
an alle meine nähern und entferntern Brüder
auf Erden, ſo viel ich ihrer mit meinem Ver-
ſtande und mit meinem Herzen zu umfaſſen
vermag. Froh denke ich an alles Schöne und

Gute,
G 4
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[103/0125] Allgemeines Gebet. Vertrauen üben ſollen, zu unſerer Beruhi- gnng nicht. Aber dir, Vater, gefällt es, wenn deine Kinder einander lieben, und ſich in Liebe vor dir mit einander vereinigen; wenn jedes an den Leiden und Freuden der übrigen herzlichen An- theil nimmt; wenn keines blos auf das Sei- nige, ſondern auch auf das, was der andern iſt, ſieht; wenn ſie alle ihre Abhängigkeit von dir, und ihre Verbindung mit einander erken- nen, und Brüder für Brüder beten. Freylich darfſt du nicht erſt, gleich einem ſchwachen Menſchen, durch unſre Fürbitte zum Mitlei- den, und zum Wohlthun bewogen werden. Freylich thuſt du auch ohne dieſelbe von Ewig- keit zu Ewigkeit alles, was recht und gut und in jedem Falle das Beſte iſt. Aber dieſe Für- bitte bringt uns einen dem andern näher, macht uns theilnehmender und gütiger gegen einander geſinnet, und eben dadurch williger und ge- ſchickter, unſer gegenſeitiges Wohl zu befördern. Ja, mit inniger Theilnehmung denke ich an alle meine nähern und entferntern Brüder auf Erden, ſo viel ich ihrer mit meinem Ver- ſtande und mit meinem Herzen zu umfaſſen vermag. Froh denke ich an alles Schöne und Gute, G 4

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Zitationshilfe: Zollikofer, Georg Joachim: Andachtsübungen und Gebete zum Privatgebrauche für nachdenkende und gutgesinnte Christen. Leipzig, 1785, S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zollikofer_andachtsuebungen01_1785/125>, abgerufen am 04.12.2024.