Zollikofer, Georg Joachim: Andachtsübungen und Gebete zum Privatgebrauche für nachdenkende und gutgesinnte Christen. Leipzig, 1785.Sonntägliche Andachtsübung. die sie sonst zur Erde niederdrückten, erhebensich über den Staub, erheben sich bis zu dir, dem Vater aller Menschen, aller Geister, und finden in dir die Ruhe, die sie sonst nirgends finden konnten. Und wer kann die Summe von wahren, lichtvollen, guten, frommen Ge- danken, Empfindungen, Entschlüssen und Vor- sätzen zählen, die an einem solchen Tage un- ter den Menschen, unter den Christen entste- hen, oder aufs neue erweckt und gestärkt wer- den? Wer die Erndte berechnen, die diese Aus- saat verspricht? Und wie viel trauriger müßte und würde es nicht um den menschlichen Geist, um seine Moralität und Beruhigung, ausse- hen, wenn es ihm an dieser Nahrung und Er- quickung fehlte! Gewiß, wenn wir dem Chri- stenthume nichts anders als die Stiftung dieses Tages zu verdanken hätten, so müßten wir Jesum und seine Schüler unter die größten Wohl[t]häter des menschlichen Geschlechtes rech- nen, und ihr Andenken müßte jedem Menschen- herzen, das seine Brüder liebet und ihre Glück- seligkeit wünschet, ewig theuer seyn! Wo ist das Volk des Alterthums, das diese Vorzüge genossen hätte? Wo ist außer den Christen und den Israeliten die Nation der neuern Zeiten, die
Sonntägliche Andachtsübung. die ſie ſonſt zur Erde niederdrückten, erhebenſich über den Staub, erheben ſich bis zu dir, dem Vater aller Menſchen, aller Geiſter, und finden in dir die Ruhe, die ſie ſonſt nirgends finden konnten. Und wer kann die Summe von wahren, lichtvollen, guten, frommen Ge- danken, Empfindungen, Entſchlüſſen und Vor- ſätzen zählen, die an einem ſolchen Tage un- ter den Menſchen, unter den Chriſten entſte- hen, oder aufs neue erweckt und geſtärkt wer- den? Wer die Erndte berechnen, die dieſe Aus- ſaat verſpricht? Und wie viel trauriger müßte und würde es nicht um den menſchlichen Geiſt, um ſeine Moralität und Beruhigung, ausſe- hen, wenn es ihm an dieſer Nahrung und Er- quickung fehlte! Gewiß, wenn wir dem Chri- ſtenthume nichts anders als die Stiftung dieſes Tages zu verdanken hätten, ſo müßten wir Jeſum und ſeine Schüler unter die größten Wohl[t]häter des menſchlichen Geſchlechtes rech- nen, und ihr Andenken müßte jedem Menſchen- herzen, das ſeine Brüder liebet und ihre Glück- ſeligkeit wünſchet, ewig theuer ſeyn! Wo iſt das Volk des Alterthums, das dieſe Vorzüge genoſſen hätte? Wo iſt außer den Chriſten und den Iſraeliten die Nation der neuern Zeiten, die
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0130" n="108"/><fw place="top" type="header">Sonntägliche Andachtsübung.</fw><lb/> die ſie ſonſt zur Erde niederdrückten, erheben<lb/> ſich über den Staub, erheben ſich bis zu dir,<lb/> dem Vater aller Menſchen, aller Geiſter, und<lb/> finden in dir die Ruhe, die ſie ſonſt nirgends<lb/> finden konnten. Und wer kann die Summe<lb/> von wahren, lichtvollen, guten, frommen Ge-<lb/> danken, Empfindungen, Entſchlüſſen und Vor-<lb/> ſätzen zählen, die an einem ſolchen Tage un-<lb/> ter den Menſchen, unter den Chriſten entſte-<lb/> hen, oder aufs neue erweckt und geſtärkt wer-<lb/> den? Wer die Erndte berechnen, die dieſe Aus-<lb/> ſaat verſpricht? Und wie viel trauriger müßte<lb/> und würde es nicht um den menſchlichen Geiſt,<lb/> um ſeine Moralität und Beruhigung, ausſe-<lb/> hen, wenn es ihm an dieſer Nahrung und Er-<lb/> quickung fehlte! Gewiß, wenn wir dem Chri-<lb/> ſtenthume nichts anders als die Stiftung dieſes<lb/> Tages zu verdanken hätten, ſo müßten wir<lb/> Jeſum und ſeine Schüler unter die größten<lb/> Wohl<supplied>t</supplied>häter des menſchlichen Geſchlechtes rech-<lb/> nen, und ihr Andenken müßte jedem Menſchen-<lb/> herzen, das ſeine Brüder liebet und ihre Glück-<lb/> ſeligkeit wünſchet, ewig theuer ſeyn! Wo iſt<lb/> das Volk des Alterthums, das dieſe Vorzüge<lb/> genoſſen hätte? Wo iſt außer den Chriſten und<lb/> den Iſraeliten die Nation der neuern Zeiten,<lb/> <fw place="bottom" type="catch">die</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [108/0130]
Sonntägliche Andachtsübung.
die ſie ſonſt zur Erde niederdrückten, erheben
ſich über den Staub, erheben ſich bis zu dir,
dem Vater aller Menſchen, aller Geiſter, und
finden in dir die Ruhe, die ſie ſonſt nirgends
finden konnten. Und wer kann die Summe
von wahren, lichtvollen, guten, frommen Ge-
danken, Empfindungen, Entſchlüſſen und Vor-
ſätzen zählen, die an einem ſolchen Tage un-
ter den Menſchen, unter den Chriſten entſte-
hen, oder aufs neue erweckt und geſtärkt wer-
den? Wer die Erndte berechnen, die dieſe Aus-
ſaat verſpricht? Und wie viel trauriger müßte
und würde es nicht um den menſchlichen Geiſt,
um ſeine Moralität und Beruhigung, ausſe-
hen, wenn es ihm an dieſer Nahrung und Er-
quickung fehlte! Gewiß, wenn wir dem Chri-
ſtenthume nichts anders als die Stiftung dieſes
Tages zu verdanken hätten, ſo müßten wir
Jeſum und ſeine Schüler unter die größten
Wohlthäter des menſchlichen Geſchlechtes rech-
nen, und ihr Andenken müßte jedem Menſchen-
herzen, das ſeine Brüder liebet und ihre Glück-
ſeligkeit wünſchet, ewig theuer ſeyn! Wo iſt
das Volk des Alterthums, das dieſe Vorzüge
genoſſen hätte? Wo iſt außer den Chriſten und
den Iſraeliten die Nation der neuern Zeiten,
die
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang:
Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Linda Kirsten, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern:
Aufbau eines Korpus historischer Erbauungsschriften zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW): Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |