Zollikofer, Georg Joachim: Andachtsübungen und Gebete zum Privatgebrauche für nachdenkende und gutgesinnte Christen. Leipzig, 1785.des Vorhergehenden. bediente? Betrachtete und behandelte ich allemeine Nebenmenschen als Kinder unsers ge- meinschaftlichen Vaters im Himmel, als meine Brüder und Schwestern? Verehrte ich das Bild ihres Schöpfers und Vaters an ihnen? Sah ich sie alle mit Wohlgefallen, mit neidlo- sem, liebevollem Herzen an, so wie sie Gott ansieht? Freute ich mich alles Guten, was sie hatten und thaten und genossen, so wie sich der Vater seiner Kinder und ihrer Glückseligkeit freuet? Empfand ich es, daß ich nicht un- ter Fremden, sondern unter Geschwistern im Schooße der Familie meines Vaters lebte? Nahm ich aus diesem Grunde um so viel mehr Antheil an allem, was mich umgab, an allem, was ich sah und hörte? Verbreitete dieser Ge- danke Licht über alles, was ich finsteres und räthselhaftes in meinen und meiner Brüder Schicksalen erblickte? Flößte er mir Beruhi- gung und Trost ein, wenn ich zuweilen mehr Böses als Gutes, mehr Elend als Glückse- ligkeit unter den Menschen wahrzunehmen ver- meynte? Zerstreute dann ein glaubensvoller Blick auf Gottes allgemeine Vaterliebe den Zweifel, der mich bekümmerte? Fühlte ich die Kraft des Gedankens: Vater, nicht was K 3
des Vorhergehenden. bediente? Betrachtete und behandelte ich allemeine Nebenmenſchen als Kinder unſers ge- meinſchaftlichen Vaters im Himmel, als meine Brüder und Schweſtern? Verehrte ich das Bild ihres Schöpfers und Vaters an ihnen? Sah ich ſie alle mit Wohlgefallen, mit neidlo- ſem, liebevollem Herzen an, ſo wie ſie Gott anſieht? Freute ich mich alles Guten, was ſie hatten und thaten und genoſſen, ſo wie ſich der Vater ſeiner Kinder und ihrer Glückſeligkeit freuet? Empfand ich es, daß ich nicht un- ter Fremden, ſondern unter Geſchwiſtern im Schooße der Familie meines Vaters lebte? Nahm ich aus dieſem Grunde um ſo viel mehr Antheil an allem, was mich umgab, an allem, was ich ſah und hörte? Verbreitete dieſer Ge- danke Licht über alles, was ich finſteres und räthſelhaftes in meinen und meiner Brüder Schickſalen erblickte? Flößte er mir Beruhi- gung und Troſt ein, wenn ich zuweilen mehr Böſes als Gutes, mehr Elend als Glückſe- ligkeit unter den Menſchen wahrzunehmen ver- meynte? Zerſtreute dann ein glaubensvoller Blick auf Gottes allgemeine Vaterliebe den Zweifel, der mich bekümmerte? Fühlte ich die Kraft des Gedankens: Vater, nicht was K 3
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des Vorhergehenden.
bediente? Betrachtete und behandelte ich alle
meine Nebenmenſchen als Kinder unſers ge-
meinſchaftlichen Vaters im Himmel, als meine
Brüder und Schweſtern? Verehrte ich das
Bild ihres Schöpfers und Vaters an ihnen?
Sah ich ſie alle mit Wohlgefallen, mit neidlo-
ſem, liebevollem Herzen an, ſo wie ſie Gott
anſieht? Freute ich mich alles Guten, was ſie
hatten und thaten und genoſſen, ſo wie ſich der
Vater ſeiner Kinder und ihrer Glückſeligkeit
freuet? Empfand ich es, daß ich nicht un-
ter Fremden, ſondern unter Geſchwiſtern im
Schooße der Familie meines Vaters lebte?
Nahm ich aus dieſem Grunde um ſo viel mehr
Antheil an allem, was mich umgab, an allem,
was ich ſah und hörte? Verbreitete dieſer Ge-
danke Licht über alles, was ich finſteres und
räthſelhaftes in meinen und meiner Brüder
Schickſalen erblickte? Flößte er mir Beruhi-
gung und Troſt ein, wenn ich zuweilen mehr
Böſes als Gutes, mehr Elend als Glückſe-
ligkeit unter den Menſchen wahrzunehmen ver-
meynte? Zerſtreute dann ein glaubensvoller
Blick auf Gottes allgemeine Vaterliebe den
Zweifel, der mich bekümmerte? Fühlte ich
die Kraft des Gedankens: Vater, nicht
was
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