Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Zollikofer, Georg Joachim: Andachtsübungen und Gebete zum Privatgebrauche für nachdenkende und gutgesinnte Christen. Leipzig, 1785.

Bild:
<< vorherige Seite
oder die Nachahmung Christi.

Das sehe ich wohl ein, daß ich mich als
ein Christ nicht mit einem von groben Verbre-
chen freyen Wandel, nicht mit einzelnen guten
Handlungen, nicht mit dem, was bey den mei-
sten Menschen Tugend heißt, befriedigen darf.
Nein, ich soll als ein Christ besser als andre
seyn, mehr als andre thun, mich von dem gros-
sen Haufen der Menschen auszeichnen, und
das Licht der Welt, das Salz der Erde seyn.
Mein Herz soll so rein seyn als mein Wandel;
meine Gesinnungen und Neigungen sollen mit
meinen Verhalten übereinstimmen. Und das
zu seyn, das zu thun, wünschet meine ganze
Seele. Dazu entschließe und verpflichte ich
mich aufs neue vor dir, dem [All]wissenden und
Allgegenwärtigen. O laß mich meines Wun-
sches gewähret, laß meinen Entschluß ausge-
führt werden! Begünstige die Ausführung
desselben durch deine weise, gütige Vorsehung,
und unterstütze mich dabey durch deine allesver-
mögende, stets wirksame Kraft. Das erhabne
Beyspiel meines Herrn, und der herrliche Aus-
gang seines tugendhaften, gemeinnützigen Le-
bens müssen mir stets vor Augen seyn. Stets
müsse ich mich selbst fragen: was würde er,
unser Herr, hierüber gedacht, und hiervon ge-

urtheilet;
M 4
oder die Nachahmung Chriſti.

Das ſehe ich wohl ein, daß ich mich als
ein Chriſt nicht mit einem von groben Verbre-
chen freyen Wandel, nicht mit einzelnen guten
Handlungen, nicht mit dem, was bey den mei-
ſten Menſchen Tugend heißt, befriedigen darf.
Nein, ich ſoll als ein Chriſt beſſer als andre
ſeyn, mehr als andre thun, mich von dem groſ-
ſen Haufen der Menſchen auszeichnen, und
das Licht der Welt, das Salz der Erde ſeyn.
Mein Herz ſoll ſo rein ſeyn als mein Wandel;
meine Geſinnungen und Neigungen ſollen mit
meinen Verhalten übereinſtimmen. Und das
zu ſeyn, das zu thun, wünſchet meine ganze
Seele. Dazu entſchließe und verpflichte ich
mich aufs neue vor dir, dem [All]wiſſenden und
Allgegenwärtigen. O laß mich meines Wun-
ſches gewähret, laß meinen Entſchluß ausge-
führt werden! Begünſtige die Ausführung
deſſelben durch deine weiſe, gütige Vorſehung,
und unterſtütze mich dabey durch deine allesver-
mögende, ſtets wirkſame Kraft. Das erhabne
Beyſpiel meines Herrn, und der herrliche Aus-
gang ſeines tugendhaften, gemeinnützigen Le-
bens müſſen mir ſtets vor Augen ſeyn. Stets
müſſe ich mich ſelbſt fragen: was würde er,
unſer Herr, hierüber gedacht, und hiervon ge-

urtheilet;
M 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <pb facs="#f0205" n="183"/>
              <fw place="top" type="header">oder die Nachahmung Chri&#x017F;ti.</fw><lb/>
              <p>Das &#x017F;ehe ich wohl ein, daß ich mich als<lb/>
ein Chri&#x017F;t nicht mit einem von groben Verbre-<lb/>
chen freyen Wandel, nicht mit einzelnen guten<lb/>
Handlungen, nicht mit dem, was bey den mei-<lb/>
&#x017F;ten Men&#x017F;chen Tugend heißt, befriedigen darf.<lb/>
Nein, ich &#x017F;oll als ein Chri&#x017F;t be&#x017F;&#x017F;er als andre<lb/>
&#x017F;eyn, mehr als andre thun, mich von dem gro&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en Haufen der Men&#x017F;chen auszeichnen, und<lb/>
das Licht der Welt, das Salz der Erde &#x017F;eyn.<lb/>
Mein Herz &#x017F;oll &#x017F;o rein &#x017F;eyn als mein Wandel;<lb/>
meine Ge&#x017F;innungen und Neigungen &#x017F;ollen mit<lb/>
meinen Verhalten überein&#x017F;timmen. Und das<lb/>
zu &#x017F;eyn, das zu thun, wün&#x017F;chet meine ganze<lb/>
Seele. Dazu ent&#x017F;chließe und verpflichte ich<lb/>
mich aufs neue vor dir, dem <supplied>All</supplied>wi&#x017F;&#x017F;enden und<lb/>
Allgegenwärtigen. O laß mich meines Wun-<lb/>
&#x017F;ches gewähret, laß meinen Ent&#x017F;chluß ausge-<lb/>
führt werden! Begün&#x017F;tige die Ausführung<lb/>
de&#x017F;&#x017F;elben durch deine wei&#x017F;e, gütige Vor&#x017F;ehung,<lb/>
und unter&#x017F;tütze mich dabey durch deine allesver-<lb/>
mögende, &#x017F;tets wirk&#x017F;ame Kraft. Das erhabne<lb/>
Bey&#x017F;piel meines Herrn, und der herrliche Aus-<lb/>
gang &#x017F;eines tugendhaften, gemeinnützigen Le-<lb/>
bens mü&#x017F;&#x017F;en mir &#x017F;tets vor Augen &#x017F;eyn. Stets<lb/>&#x017F;&#x017F;e ich mich &#x017F;elb&#x017F;t fragen: was würde er,<lb/>
un&#x017F;er Herr, hierüber gedacht, und hiervon ge-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">M 4</fw><fw place="bottom" type="catch">urtheilet;</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[183/0205] oder die Nachahmung Chriſti. Das ſehe ich wohl ein, daß ich mich als ein Chriſt nicht mit einem von groben Verbre- chen freyen Wandel, nicht mit einzelnen guten Handlungen, nicht mit dem, was bey den mei- ſten Menſchen Tugend heißt, befriedigen darf. Nein, ich ſoll als ein Chriſt beſſer als andre ſeyn, mehr als andre thun, mich von dem groſ- ſen Haufen der Menſchen auszeichnen, und das Licht der Welt, das Salz der Erde ſeyn. Mein Herz ſoll ſo rein ſeyn als mein Wandel; meine Geſinnungen und Neigungen ſollen mit meinen Verhalten übereinſtimmen. Und das zu ſeyn, das zu thun, wünſchet meine ganze Seele. Dazu entſchließe und verpflichte ich mich aufs neue vor dir, dem Allwiſſenden und Allgegenwärtigen. O laß mich meines Wun- ſches gewähret, laß meinen Entſchluß ausge- führt werden! Begünſtige die Ausführung deſſelben durch deine weiſe, gütige Vorſehung, und unterſtütze mich dabey durch deine allesver- mögende, ſtets wirkſame Kraft. Das erhabne Beyſpiel meines Herrn, und der herrliche Aus- gang ſeines tugendhaften, gemeinnützigen Le- bens müſſen mir ſtets vor Augen ſeyn. Stets müſſe ich mich ſelbſt fragen: was würde er, unſer Herr, hierüber gedacht, und hiervon ge- urtheilet; M 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang: Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Linda Kirsten, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Erbauungsschriften zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW): Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/zollikofer_andachtsuebungen01_1785
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/zollikofer_andachtsuebungen01_1785/205
Zitationshilfe: Zollikofer, Georg Joachim: Andachtsübungen und Gebete zum Privatgebrauche für nachdenkende und gutgesinnte Christen. Leipzig, 1785, S. 183. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zollikofer_andachtsuebungen01_1785/205>, abgerufen am 04.12.2024.