Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Zollikofer, Georg Joachim: Andachtsübungen und Gebete zum Privatgebrauche für nachdenkende und gutgesinnte Christen. Leipzig, 1785.

Bild:
<< vorherige Seite

gemeinnützigen Leben.
jeder soll also das seinige zum gemeinen Besten,
zum Besten deiner großen Familie auf Erden
beytragen.

Und das soll, das will auch ich thun.
Kein Mensch, so niedrig und arm er auch seyn
mag, soll mir fremde seyn! Er ist dein Kind,
er ist mein Bruder. Er ist gleich mir nach
deinem Bilde geschaffen, ist unsterblich wie ich,
ist mit mir zu immer fortgehender Vollkom-
menheit und Glückseligkeit bestimmt. Nichts,
was ihn betrifft, darf mir gleichgültig seyn.
Seine Freuden sind meine Freuden, seine Lei-
den sind meine Leiden. Mit den Fröhlichen
soll ich mich freuen, und mit den Weinenden
weinen. Das ist Stimme der Natur; das
ist Gesetz der Religion. Keine Hülfe, kein
Dienst, den ich andern leisten kann, soll mir
je zur Last fallen; und kein Elender, kein
Schwacher, kein Nothleidender soll vergeblich
Hülfe und Beystand bey mir suchen, so lange
ich ihm dieselben zu leisten vermag. Ist doch
alles, was ich bin und habe und vermag, dein
Eigenthum, Gott, Vater der Menschen! Ja,
zum Besten deiner Kinder sowohl als zu mei-
nem eignen Besten hast du mir es anvertrauet,
und dir werde ich einst von dem Gebrauche

dessel

gemeinnützigen Leben.
jeder ſoll alſo das ſeinige zum gemeinen Beſten,
zum Beſten deiner großen Familie auf Erden
beytragen.

Und das ſoll, das will auch ich thun.
Kein Menſch, ſo niedrig und arm er auch ſeyn
mag, ſoll mir fremde ſeyn! Er iſt dein Kind,
er iſt mein Bruder. Er iſt gleich mir nach
deinem Bilde geſchaffen, iſt unſterblich wie ich,
iſt mit mir zu immer fortgehender Vollkom-
menheit und Glückſeligkeit beſtimmt. Nichts,
was ihn betrifft, darf mir gleichgültig ſeyn.
Seine Freuden ſind meine Freuden, ſeine Lei-
den ſind meine Leiden. Mit den Fröhlichen
ſoll ich mich freuen, und mit den Weinenden
weinen. Das iſt Stimme der Natur; das
iſt Geſetz der Religion. Keine Hülfe, kein
Dienſt, den ich andern leiſten kann, ſoll mir
je zur Laſt fallen; und kein Elender, kein
Schwacher, kein Nothleidender ſoll vergeblich
Hülfe und Beyſtand bey mir ſuchen, ſo lange
ich ihm dieſelben zu leiſten vermag. Iſt doch
alles, was ich bin und habe und vermag, dein
Eigenthum, Gott, Vater der Menſchen! Ja,
zum Beſten deiner Kinder ſowohl als zu mei-
nem eignen Beſten haſt du mir es anvertrauet,
und dir werde ich einſt von dem Gebrauche

deſſel
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0211" n="189"/><fw place="top" type="header">gemeinnützigen Leben.</fw><lb/>
jeder &#x017F;oll al&#x017F;o das &#x017F;einige zum gemeinen Be&#x017F;ten,<lb/>
zum Be&#x017F;ten deiner großen Familie auf Erden<lb/>
beytragen.</p><lb/>
              <p>Und das &#x017F;oll, das will auch ich thun.<lb/>
Kein Men&#x017F;ch, &#x017F;o niedrig und arm er auch &#x017F;eyn<lb/>
mag, &#x017F;oll mir fremde &#x017F;eyn! Er i&#x017F;t dein Kind,<lb/>
er i&#x017F;t mein Bruder. Er i&#x017F;t gleich mir nach<lb/>
deinem Bilde ge&#x017F;chaffen, i&#x017F;t un&#x017F;terblich wie ich,<lb/>
i&#x017F;t mit mir zu immer fortgehender Vollkom-<lb/>
menheit und Glück&#x017F;eligkeit be&#x017F;timmt. Nichts,<lb/>
was ihn betrifft, darf mir gleichgültig &#x017F;eyn.<lb/>
Seine Freuden &#x017F;ind meine Freuden, &#x017F;eine Lei-<lb/>
den &#x017F;ind meine Leiden. Mit den Fröhlichen<lb/>
&#x017F;oll ich mich freuen, und mit den Weinenden<lb/>
weinen. Das i&#x017F;t Stimme der Natur; das<lb/>
i&#x017F;t Ge&#x017F;etz der Religion. Keine Hülfe, kein<lb/>
Dien&#x017F;t, den ich andern lei&#x017F;ten kann, &#x017F;oll mir<lb/>
je zur La&#x017F;t fallen; und kein Elender, kein<lb/>
Schwacher, kein Nothleidender &#x017F;oll vergeblich<lb/>
Hülfe und Bey&#x017F;tand bey mir &#x017F;uchen, &#x017F;o lange<lb/>
ich ihm die&#x017F;elben zu lei&#x017F;ten vermag. I&#x017F;t doch<lb/>
alles, was ich bin und habe und vermag, dein<lb/>
Eigenthum, Gott, Vater der Men&#x017F;chen! Ja,<lb/>
zum Be&#x017F;ten deiner Kinder &#x017F;owohl als zu mei-<lb/>
nem eignen Be&#x017F;ten ha&#x017F;t du mir es anvertrauet,<lb/>
und dir werde ich ein&#x017F;t von dem Gebrauche<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">de&#x017F;&#x017F;el</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[189/0211] gemeinnützigen Leben. jeder ſoll alſo das ſeinige zum gemeinen Beſten, zum Beſten deiner großen Familie auf Erden beytragen. Und das ſoll, das will auch ich thun. Kein Menſch, ſo niedrig und arm er auch ſeyn mag, ſoll mir fremde ſeyn! Er iſt dein Kind, er iſt mein Bruder. Er iſt gleich mir nach deinem Bilde geſchaffen, iſt unſterblich wie ich, iſt mit mir zu immer fortgehender Vollkom- menheit und Glückſeligkeit beſtimmt. Nichts, was ihn betrifft, darf mir gleichgültig ſeyn. Seine Freuden ſind meine Freuden, ſeine Lei- den ſind meine Leiden. Mit den Fröhlichen ſoll ich mich freuen, und mit den Weinenden weinen. Das iſt Stimme der Natur; das iſt Geſetz der Religion. Keine Hülfe, kein Dienſt, den ich andern leiſten kann, ſoll mir je zur Laſt fallen; und kein Elender, kein Schwacher, kein Nothleidender ſoll vergeblich Hülfe und Beyſtand bey mir ſuchen, ſo lange ich ihm dieſelben zu leiſten vermag. Iſt doch alles, was ich bin und habe und vermag, dein Eigenthum, Gott, Vater der Menſchen! Ja, zum Beſten deiner Kinder ſowohl als zu mei- nem eignen Beſten haſt du mir es anvertrauet, und dir werde ich einſt von dem Gebrauche deſſel

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang: Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Linda Kirsten, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Erbauungsschriften zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW): Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/zollikofer_andachtsuebungen01_1785
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/zollikofer_andachtsuebungen01_1785/211
Zitationshilfe: Zollikofer, Georg Joachim: Andachtsübungen und Gebete zum Privatgebrauche für nachdenkende und gutgesinnte Christen. Leipzig, 1785, S. 189. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zollikofer_andachtsuebungen01_1785/211>, abgerufen am 04.12.2024.