Zschokke, Heinrich: Der todte Gast. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 11. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [59]–219. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.Ich befehle ein- für allemal, ihr sollt mit euerm sogenannten Herrn von Hahn allen Umgang abbrechen. Aber was wird sein Vater sagen? Oh, der Alte wird nichts sagen. Und wie sollte er? Und in Gottes Namen, sag' er, was er wolle. Geh, ich bitte dich, schicke den Verführer fort! Frau Bantes ward verlegen. Sie trat freundlich zu ihm hin, legte ihre Hand traulich auf seine Schulter und sprach leise mit bittendem Tone: Lieber Mann, bedenke, was du aus eitler Furcht thust! Wegen eines blassen Gesichts und eines schwarzen Kleides wegen ist ja ein Fremder noch kein Gespenst. Wenn du aber befiehlst und darauf beharrst und es zu deiner Ruhe beiträgt, so werde ich dir gehorchen. Doch bedenke: Friederike und ich haben ihn schon zum Mittagessen eingeladen. Da könnte einen ja der Schlag rühren! schrie Herr Bantes. Nun gar zum Mittagessen! Der muß einen Zauberdunst und dergleichen in seinem Odem haben, daß er euch behext, wie die afrikanische Schlange die kleinen Vögel, die sich ihrem offenen Rachen gern oder ungern nähern müssen. Fort, fort, fort! Ich will nichts von ihm! In dem Augenblicke trat sehr heiter Friederike herein. Wo ist der Herr von Hahn? fragte die Mutter mißmuthig. Nur auf einen Augenblick in seine Wohnung. Er kommt sogleich zurück. Es ist wahrlich ein guter, edler Mensch! Ich befehle ein- für allemal, ihr sollt mit euerm sogenannten Herrn von Hahn allen Umgang abbrechen. Aber was wird sein Vater sagen? Oh, der Alte wird nichts sagen. Und wie sollte er? Und in Gottes Namen, sag' er, was er wolle. Geh, ich bitte dich, schicke den Verführer fort! Frau Bantes ward verlegen. Sie trat freundlich zu ihm hin, legte ihre Hand traulich auf seine Schulter und sprach leise mit bittendem Tone: Lieber Mann, bedenke, was du aus eitler Furcht thust! Wegen eines blassen Gesichts und eines schwarzen Kleides wegen ist ja ein Fremder noch kein Gespenst. Wenn du aber befiehlst und darauf beharrst und es zu deiner Ruhe beiträgt, so werde ich dir gehorchen. Doch bedenke: Friederike und ich haben ihn schon zum Mittagessen eingeladen. Da könnte einen ja der Schlag rühren! schrie Herr Bantes. Nun gar zum Mittagessen! Der muß einen Zauberdunst und dergleichen in seinem Odem haben, daß er euch behext, wie die afrikanische Schlange die kleinen Vögel, die sich ihrem offenen Rachen gern oder ungern nähern müssen. Fort, fort, fort! Ich will nichts von ihm! In dem Augenblicke trat sehr heiter Friederike herein. Wo ist der Herr von Hahn? fragte die Mutter mißmuthig. Nur auf einen Augenblick in seine Wohnung. Er kommt sogleich zurück. Es ist wahrlich ein guter, edler Mensch! <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="14"> <p><pb facs="#f0128"/> Ich befehle ein- für allemal, ihr sollt mit euerm sogenannten Herrn von Hahn allen Umgang abbrechen.</p><lb/> <p>Aber was wird sein Vater sagen?</p><lb/> <p>Oh, der Alte wird nichts sagen. Und wie sollte er? Und in Gottes Namen, sag' er, was er wolle. Geh, ich bitte dich, schicke den Verführer fort!</p><lb/> <p>Frau Bantes ward verlegen. Sie trat freundlich zu ihm hin, legte ihre Hand traulich auf seine Schulter und sprach leise mit bittendem Tone: Lieber Mann, bedenke, was du aus eitler Furcht thust! Wegen eines blassen Gesichts und eines schwarzen Kleides wegen ist ja ein Fremder noch kein Gespenst. Wenn du aber befiehlst und darauf beharrst und es zu deiner Ruhe beiträgt, so werde ich dir gehorchen. Doch bedenke: Friederike und ich haben ihn schon zum Mittagessen eingeladen.</p><lb/> <p>Da könnte einen ja der Schlag rühren! schrie Herr Bantes. Nun gar zum Mittagessen! Der muß einen Zauberdunst und dergleichen in seinem Odem haben, daß er euch behext, wie die afrikanische Schlange die kleinen Vögel, die sich ihrem offenen Rachen gern oder ungern nähern müssen. Fort, fort, fort! Ich will nichts von ihm!</p><lb/> <p>In dem Augenblicke trat sehr heiter Friederike herein. Wo ist der Herr von Hahn? fragte die Mutter mißmuthig.</p><lb/> <p>Nur auf einen Augenblick in seine Wohnung. Er kommt sogleich zurück. Es ist wahrlich ein guter, edler Mensch!</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [0128]
Ich befehle ein- für allemal, ihr sollt mit euerm sogenannten Herrn von Hahn allen Umgang abbrechen.
Aber was wird sein Vater sagen?
Oh, der Alte wird nichts sagen. Und wie sollte er? Und in Gottes Namen, sag' er, was er wolle. Geh, ich bitte dich, schicke den Verführer fort!
Frau Bantes ward verlegen. Sie trat freundlich zu ihm hin, legte ihre Hand traulich auf seine Schulter und sprach leise mit bittendem Tone: Lieber Mann, bedenke, was du aus eitler Furcht thust! Wegen eines blassen Gesichts und eines schwarzen Kleides wegen ist ja ein Fremder noch kein Gespenst. Wenn du aber befiehlst und darauf beharrst und es zu deiner Ruhe beiträgt, so werde ich dir gehorchen. Doch bedenke: Friederike und ich haben ihn schon zum Mittagessen eingeladen.
Da könnte einen ja der Schlag rühren! schrie Herr Bantes. Nun gar zum Mittagessen! Der muß einen Zauberdunst und dergleichen in seinem Odem haben, daß er euch behext, wie die afrikanische Schlange die kleinen Vögel, die sich ihrem offenen Rachen gern oder ungern nähern müssen. Fort, fort, fort! Ich will nichts von ihm!
In dem Augenblicke trat sehr heiter Friederike herein. Wo ist der Herr von Hahn? fragte die Mutter mißmuthig.
Nur auf einen Augenblick in seine Wohnung. Er kommt sogleich zurück. Es ist wahrlich ein guter, edler Mensch!
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