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Zschokke, Heinrich: Der todte Gast. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 11. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [59]–219. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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leichtgläubigen Schönen zu belustigen. Warum, zum Beispiel, wählten Sie eben den ersten Adventssonntag zu Ihrer Ankunst und eben den Augenblick des ärgsten Sturms und Regens, wenn Sie nichts gewußt hätten von der Fabel?

Sie haben Recht, Herr Bürgermeister, er ist auffallend, dieser Zufall; er überrascht mich selbst. Indessen darf ich Sie versichern, daß ich im Kalender so unerfahren bin, daß ich eben jetzt erst das Vergnügen habe, zu erfahren, ich sei am ersten Advent hergekommen. Auch kann ich mit einem Eide betheuern, daß ich den Regen vom Himmel gar nicht bestellt hatte; umgekehrt, ich hätte ihn gern abbestellt, weil das Wetter mir sehr übel zuschlug.

Wie aber, Herr von Hahn, erklären Sie mir den Griff, welchen Sie diesen Morgen so schalkhaft nach dem Nacken Ihres Wirthes machten? Wußten Sie nichts von unserm Gaste und seinem berühmten Griff?

Herr von Hahn lachte laut auf: Aha, darum duckte sich der arme Teufel tief unter mir weg! Der Wirth hielt meine unschuldige Handbewegung -- ich wollte ihm auf die Schulter klopfen -- für verdächtig.

Noch Eins, Herr von Hahn. Kennen Sie die Jungfer Wiesel?

Manche Wiesel, Herr Bürgermeister, aber keine Jungfer dieses schönen Namens.

Man will doch behaupten, Sie wären mit ihr, und sogar bis auf die Hinterthür, bekannt.

leichtgläubigen Schönen zu belustigen. Warum, zum Beispiel, wählten Sie eben den ersten Adventssonntag zu Ihrer Ankunst und eben den Augenblick des ärgsten Sturms und Regens, wenn Sie nichts gewußt hätten von der Fabel?

Sie haben Recht, Herr Bürgermeister, er ist auffallend, dieser Zufall; er überrascht mich selbst. Indessen darf ich Sie versichern, daß ich im Kalender so unerfahren bin, daß ich eben jetzt erst das Vergnügen habe, zu erfahren, ich sei am ersten Advent hergekommen. Auch kann ich mit einem Eide betheuern, daß ich den Regen vom Himmel gar nicht bestellt hatte; umgekehrt, ich hätte ihn gern abbestellt, weil das Wetter mir sehr übel zuschlug.

Wie aber, Herr von Hahn, erklären Sie mir den Griff, welchen Sie diesen Morgen so schalkhaft nach dem Nacken Ihres Wirthes machten? Wußten Sie nichts von unserm Gaste und seinem berühmten Griff?

Herr von Hahn lachte laut auf: Aha, darum duckte sich der arme Teufel tief unter mir weg! Der Wirth hielt meine unschuldige Handbewegung — ich wollte ihm auf die Schulter klopfen — für verdächtig.

Noch Eins, Herr von Hahn. Kennen Sie die Jungfer Wiesel?

Manche Wiesel, Herr Bürgermeister, aber keine Jungfer dieses schönen Namens.

Man will doch behaupten, Sie wären mit ihr, und sogar bis auf die Hinterthür, bekannt.

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[0143] leichtgläubigen Schönen zu belustigen. Warum, zum Beispiel, wählten Sie eben den ersten Adventssonntag zu Ihrer Ankunst und eben den Augenblick des ärgsten Sturms und Regens, wenn Sie nichts gewußt hätten von der Fabel? Sie haben Recht, Herr Bürgermeister, er ist auffallend, dieser Zufall; er überrascht mich selbst. Indessen darf ich Sie versichern, daß ich im Kalender so unerfahren bin, daß ich eben jetzt erst das Vergnügen habe, zu erfahren, ich sei am ersten Advent hergekommen. Auch kann ich mit einem Eide betheuern, daß ich den Regen vom Himmel gar nicht bestellt hatte; umgekehrt, ich hätte ihn gern abbestellt, weil das Wetter mir sehr übel zuschlug. Wie aber, Herr von Hahn, erklären Sie mir den Griff, welchen Sie diesen Morgen so schalkhaft nach dem Nacken Ihres Wirthes machten? Wußten Sie nichts von unserm Gaste und seinem berühmten Griff? Herr von Hahn lachte laut auf: Aha, darum duckte sich der arme Teufel tief unter mir weg! Der Wirth hielt meine unschuldige Handbewegung — ich wollte ihm auf die Schulter klopfen — für verdächtig. Noch Eins, Herr von Hahn. Kennen Sie die Jungfer Wiesel? Manche Wiesel, Herr Bürgermeister, aber keine Jungfer dieses schönen Namens. Man will doch behaupten, Sie wären mit ihr, und sogar bis auf die Hinterthür, bekannt.

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T14:15:44Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T14:15:44Z)

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Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




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Zitationshilfe: Zschokke, Heinrich: Der todte Gast. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 11. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [59]–219. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zschokke_gast_1910/143>, abgerufen am 28.04.2024.