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[Zschokke, Heinrich]: Geister und Geisterseher oder Leben und frühes Ende eines Nekromantisten. Küstrin, 1789.

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Wilhelm Walter.
ne einen sehr würdigen, grossen Gelehrten,
welcher selbst zur Steuer des Aberglaubens
schrieb, und dennoch mir behauptete, daß
Gott ein überirrdisches, unbekanntes Et-
was durch alle Körper gegossen haben müs-
se, durch welches, wer es zu ergrübeln fä-
hig wäre, man ungeheure Kenntnisse über
das allgemeine Ganze zu seiner Selbstver-
vollkommnerung erhalten, sich über seine
Menschensphäre erheben und etwa zu einem
nähern, vertrauten Umgang mit höhern
Wesen fähig machen könnte! -- --

Kein Wunder, daß, wenn selbst Männer
bereichert mit Erfarung und weitumfassender
Wissenschaft, an solchen trüglichen Jdeen zu
saugen sich nicht erblöden, auch andre mit
mässigen Einsichten darnach forschen, und ihre
gesunde Vernunft berauschen, wo nicht töd-
ten. -- Das Beispiel Walters, der nun
seit etlichen Jahren schon unter der Erde
schlummert, aber dessen Familie noch exi-
stirt, mag warnende Lehre den Unerfahr-
nen sein!

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Wilhelm Walter.
ne einen ſehr wuͤrdigen, groſſen Gelehrten,
welcher ſelbſt zur Steuer des Aberglaubens
ſchrieb, und dennoch mir behauptete, daß
Gott ein uͤberirrdiſches, unbekanntes Et-
was durch alle Koͤrper gegoſſen haben muͤſ-
ſe, durch welches, wer es zu ergruͤbeln faͤ-
hig waͤre, man ungeheure Kenntniſſe uͤber
das allgemeine Ganze zu ſeiner Selbſtver-
vollkommnerung erhalten, ſich uͤber ſeine
Menſchenſphaͤre erheben und etwa zu einem
naͤhern, vertrauten Umgang mit hoͤhern
Weſen faͤhig machen koͤnnte! — —

Kein Wunder, daß, wenn ſelbſt Maͤnner
bereichert mit Erfarung und weitumfaſſender
Wiſſenſchaft, an ſolchen truͤglichen Jdeen zu
ſaugen ſich nicht erbloͤden, auch andre mit
maͤſſigen Einſichten darnach forſchen, und ihre
geſunde Vernunft berauſchen, wo nicht toͤd-
ten. — Das Beiſpiel Walters, der nun
ſeit etlichen Jahren ſchon unter der Erde
ſchlummert, aber deſſen Familie noch exi-
ſtirt, mag warnende Lehre den Unerfahr-
nen ſein!

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[7/0010] Wilhelm Walter. ne einen ſehr wuͤrdigen, groſſen Gelehrten, welcher ſelbſt zur Steuer des Aberglaubens ſchrieb, und dennoch mir behauptete, daß Gott ein uͤberirrdiſches, unbekanntes Et- was durch alle Koͤrper gegoſſen haben muͤſ- ſe, durch welches, wer es zu ergruͤbeln faͤ- hig waͤre, man ungeheure Kenntniſſe uͤber das allgemeine Ganze zu ſeiner Selbſtver- vollkommnerung erhalten, ſich uͤber ſeine Menſchenſphaͤre erheben und etwa zu einem naͤhern, vertrauten Umgang mit hoͤhern Weſen faͤhig machen koͤnnte! — — Kein Wunder, daß, wenn ſelbſt Maͤnner bereichert mit Erfarung und weitumfaſſender Wiſſenſchaft, an ſolchen truͤglichen Jdeen zu ſaugen ſich nicht erbloͤden, auch andre mit maͤſſigen Einſichten darnach forſchen, und ihre geſunde Vernunft berauſchen, wo nicht toͤd- ten. — Das Beiſpiel Walters, der nun ſeit etlichen Jahren ſchon unter der Erde ſchlummert, aber deſſen Familie noch exi- ſtirt, mag warnende Lehre den Unerfahr- nen ſein! Er A 4

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Zitationshilfe: [Zschokke, Heinrich]: Geister und Geisterseher oder Leben und frühes Ende eines Nekromantisten. Küstrin, 1789, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zschokke_geister_1789/10>, abgerufen am 27.04.2024.