Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Zschokke, Heinrich]: Geister und Geisterseher oder Leben und frühes Ende eines Nekromantisten. Küstrin, 1789.

Bild:
<< vorherige Seite

Wilhelm Walter.
bei gewissen Demoisellen, denen der vinaigre
de virginite
*) nicht gar unbekannt ist, zur

völ-
*) Unglaublich ist es fast, wie hoch Luxus und
Ueppigkeit in unserm Jahrhundert stieg; wie
sehr man sich bemühte den Reiz der Wollust zu
erhöhn und dennoch den Schein unverlorner Tu-
gend zu erhalten strebte. Der Vinaigre de vir-
ginite
mag Beweis davon sein und mancher ehr-
liche Mann wurde durch ihn getäuscht. Die
Kunst die verlorne Jungfrauschaft des Mädchens
wiederherzustellen, geht schon über unser Säku-
lum hinaus; denn im Jahre 1635 erschien zu
Amsterdamm eine bogenstarke Piece in duodez
unter dem Titel: Des remedes de rendre la Vir-
ginite a une Filie, par Cupido
. Der Autor em-
pfielt: La vapeur d'un peu de vinaigre, ou l'on
aura jette un Fer ou une brique rouge; la de-
coction adstringente de gland, de prunelljes
sauvages, de myrrhe, de roses de Provinz, et
de noix de cyptes, l'onguent adstringent de
Fernel, les eaux distillees de myrrhe, ces sont
tous de remedes, qui resserent les parties na-
turelles des Femmes qui sont trop ouvertes
.
Der Heilige Hieronimus wußte ganz gewis noch
nichts von dieser schönen Kunst, welche wahr-
scheinlich Frankreich zum Vaterlande hat; denn
einst schrieb er an ein iunges Mädchen Eustochian
über die Worte in der heiligen Schrift: die
Ruthe Jsraels ist gefallen und keiner ist der sie
aufhebe, folgendes: Jch gestehe es frei, wer-
thes

Wilhelm Walter.
bei gewiſſen Demoiſellen, denen der vinaigre
de virginité
*) nicht gar unbekannt iſt, zur

voͤl-
*) Unglaublich iſt es faſt, wie hoch Luxus und
Ueppigkeit in unſerm Jahrhundert ſtieg; wie
ſehr man ſich bemuͤhte den Reiz der Wolluſt zu
erhoͤhn und dennoch den Schein unverlorner Tu-
gend zu erhalten ſtrebte. Der Vinaigre de vir-
ginité
mag Beweis davon ſein und mancher ehr-
liche Mann wurde durch ihn getaͤuſcht. Die
Kunſt die verlorne Jungfrauſchaft des Maͤdchens
wiederherzuſtellen, geht ſchon uͤber unſer Saͤku-
lum hinaus; denn im Jahre 1635 erſchien zu
Amſterdamm eine bogenſtarke Piece in duodez
unter dem Titel: Des remedes de rendre la Vir-
ginité à une Filie, par Cupido
. Der Autor em-
pfielt: La vapeur d'un peu de vinaigre, ou l'on
aura jetté un Fer ou une brique rouge; la de-
coction adſtringente de gland, de prunelljes
ſauvages, de myrrhe, de roſes de Provinz, et
de noix de cyptés, l'onguent adstringent de
Fernel, les eaux diſtillées de myrrhe, ces ſont
tous de remédes, qui resſerent les parties na-
turelles des Femmes qui ſont trop ouvertes
.
Der Heilige Hieronimus wußte ganz gewis noch
nichts von dieſer ſchoͤnen Kunſt, welche wahr-
ſcheinlich Frankreich zum Vaterlande hat; denn
einſt ſchrieb er an ein iunges Maͤdchen Euſtochian
uͤber die Worte in der heiligen Schrift: die
Ruthe Jſraels iſt gefallen und keiner iſt der ſie
aufhebe, folgendes: Jch geſtehe es frei, wer-
thes
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0065" n="62"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Wilhelm Walter</hi>.</fw><lb/>
bei gewi&#x017F;&#x017F;en Demoi&#x017F;ellen, denen der <hi rendition="#aq">vinaigre<lb/>
de virginité</hi><note xml:id="seg2pn_3_1" next="#seg2pn_3_2" place="foot" n="*)">Unglaublich i&#x017F;t es fa&#x017F;t, wie hoch Luxus und<lb/>
Ueppigkeit in un&#x017F;erm Jahrhundert &#x017F;tieg; wie<lb/>
&#x017F;ehr man &#x017F;ich bemu&#x0364;hte den Reiz der Wollu&#x017F;t zu<lb/>
erho&#x0364;hn und dennoch den Schein unverlorner Tu-<lb/>
gend zu erhalten &#x017F;trebte. Der <hi rendition="#aq">Vinaigre de vir-<lb/>
ginité</hi> mag Beweis davon &#x017F;ein und mancher ehr-<lb/>
liche Mann wurde durch ihn geta&#x0364;u&#x017F;cht. Die<lb/>
Kun&#x017F;t die verlorne Jungfrau&#x017F;chaft des Ma&#x0364;dchens<lb/>
wiederherzu&#x017F;tellen, geht &#x017F;chon u&#x0364;ber un&#x017F;er Sa&#x0364;ku-<lb/>
lum hinaus; denn im Jahre 1635 er&#x017F;chien zu<lb/>
Am&#x017F;terdamm eine bogen&#x017F;tarke Piece in duodez<lb/>
unter dem Titel: <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Des remedes de rendre la Vir-<lb/>
ginité à une Filie, par Cupido</hi></hi>. Der Autor em-<lb/>
pfielt: <hi rendition="#aq">La vapeur d'un peu de vinaigre, ou l'on<lb/>
aura jetté un Fer ou une brique rouge; la de-<lb/>
coction ad&#x017F;tringente de gland, de prunelljes<lb/>
&#x017F;auvages, de myrrhe, de ro&#x017F;es de Provinz, et<lb/>
de noix de cyptés, l'onguent adstringent de<lb/>
Fernel, les eaux di&#x017F;tillées de myrrhe, ces &#x017F;ont<lb/>
tous de remédes, qui res&#x017F;erent les parties na-<lb/>
turelles des Femmes qui &#x017F;ont trop ouvertes</hi>.<lb/>
Der Heilige <hi rendition="#fr">Hieronimus</hi> wußte ganz gewis noch<lb/>
nichts von die&#x017F;er &#x017F;cho&#x0364;nen Kun&#x017F;t, welche wahr-<lb/>
&#x017F;cheinlich <hi rendition="#fr">Frankreich</hi> zum Vaterlande hat; denn<lb/>
ein&#x017F;t &#x017F;chrieb er an ein iunges Ma&#x0364;dchen <hi rendition="#fr">Eu&#x017F;tochian</hi><lb/>
u&#x0364;ber die Worte in der heiligen Schrift: die<lb/>
Ruthe J&#x017F;raels i&#x017F;t gefallen und keiner i&#x017F;t der &#x017F;ie<lb/>
aufhebe, folgendes: <hi rendition="#fr">Jch ge&#x017F;tehe es frei, wer-</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">thes</hi></fw></note> nicht gar unbekannt i&#x017F;t, zur<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">vo&#x0364;l-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[62/0065] Wilhelm Walter. bei gewiſſen Demoiſellen, denen der vinaigre de virginité *) nicht gar unbekannt iſt, zur voͤl- *) Unglaublich iſt es faſt, wie hoch Luxus und Ueppigkeit in unſerm Jahrhundert ſtieg; wie ſehr man ſich bemuͤhte den Reiz der Wolluſt zu erhoͤhn und dennoch den Schein unverlorner Tu- gend zu erhalten ſtrebte. Der Vinaigre de vir- ginité mag Beweis davon ſein und mancher ehr- liche Mann wurde durch ihn getaͤuſcht. Die Kunſt die verlorne Jungfrauſchaft des Maͤdchens wiederherzuſtellen, geht ſchon uͤber unſer Saͤku- lum hinaus; denn im Jahre 1635 erſchien zu Amſterdamm eine bogenſtarke Piece in duodez unter dem Titel: Des remedes de rendre la Vir- ginité à une Filie, par Cupido. Der Autor em- pfielt: La vapeur d'un peu de vinaigre, ou l'on aura jetté un Fer ou une brique rouge; la de- coction adſtringente de gland, de prunelljes ſauvages, de myrrhe, de roſes de Provinz, et de noix de cyptés, l'onguent adstringent de Fernel, les eaux diſtillées de myrrhe, ces ſont tous de remédes, qui resſerent les parties na- turelles des Femmes qui ſont trop ouvertes. Der Heilige Hieronimus wußte ganz gewis noch nichts von dieſer ſchoͤnen Kunſt, welche wahr- ſcheinlich Frankreich zum Vaterlande hat; denn einſt ſchrieb er an ein iunges Maͤdchen Euſtochian uͤber die Worte in der heiligen Schrift: die Ruthe Jſraels iſt gefallen und keiner iſt der ſie aufhebe, folgendes: Jch geſtehe es frei, wer- thes

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/zschokke_geister_1789
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/zschokke_geister_1789/65
Zitationshilfe: [Zschokke, Heinrich]: Geister und Geisterseher oder Leben und frühes Ende eines Nekromantisten. Küstrin, 1789, S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zschokke_geister_1789/65>, abgerufen am 04.12.2024.