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[Zschokke, Heinrich]: Geister und Geisterseher oder Leben und frühes Ende eines Nekromantisten. Küstrin, 1789.

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Wilhelm Walter.
Bald sah den kleinen halbgeöffneten Mund,
Jn dem zwo dichte Reihn der schönsten Perlen schimmern[;]
Bald ein Paar Waden, nett und rund
Gedrechselt aus dem Grund des Baches flimmern:
Bald sich des Marmorleibes Gliederbau
Jn seinen schönen Theilen kunstgenau
Mit allen Prädikaten detaillirte
Und was noch mangelte, hinzu sich fantasirte --
Kurz, malt euch ganz die Gruppe, sie und ihn:
Und sagt, was fühlte hier der eisigste Paladin
*)

Jch wollte darauf wetten, man würde
Geheimnis, Geheimnis sein lassen -- her-
plaudern was man auf dem Herzen hätte und
sich davor den Minnesold des schönsten Mäd-
chens erkaufen. -- Mancher Leser wird frei-
lich züchtiglich läugnen; allein dem gebürte,
wenn anders Narrenzünfte**) noch so Sitte,

als
*) Aus einem noch ungedrukten, romantischen Ge-
dichte: die Helmaiden, erstes Buch.
**) Wer es weis, daß er ein Narr sei, ist es
schon weniger, als der, welcher es von sich
nicht glaubt. Jn den Tagen unsrer Väter war
Offenherzigkeit noch keine Schande und da ge-
stand man es gern; errichtete sogar, worauf
der Herr Verfasser der Walterschen Biografie
vielleicht anspielt, im J. 1381 einen grossen Nar-
ren
Wilhelm Walter.
Bald ſah den kleinen halbgeoͤffneten Mund,
Jn dem zwo dichte Reihn der ſchoͤnſten Perlen ſchimmern[;]
Bald ein Paar Waden, nett und rund
Gedrechſelt aus dem Grund des Baches flimmern:
Bald ſich des Marmorleibes Gliederbau
Jn ſeinen ſchoͤnen Theilen kunſtgenau
Mit allen Praͤdikaten detaillirte
Und was noch mangelte, hinzu ſich fantaſirte —
Kurz, malt euch ganz die Gruppe, ſie und ihn:
Und ſagt, was fuͤhlte hier der eiſigſte Paladin
*)

Jch wollte darauf wetten, man wuͤrde
Geheimnis, Geheimnis ſein laſſen — her-
plaudern was man auf dem Herzen haͤtte und
ſich davor den Minneſold des ſchoͤnſten Maͤd-
chens erkaufen. — Mancher Leſer wird frei-
lich zuͤchtiglich laͤugnen; allein dem gebuͤrte,
wenn anders Narrenzuͤnfte**) noch ſo Sitte,

als
*) Aus einem noch ungedrukten, romantiſchen Ge-
dichte: die Helmaiden, erſtes Buch.
**) Wer es weis, daß er ein Narr ſei, iſt es
ſchon weniger, als der, welcher es von ſich
nicht glaubt. Jn den Tagen unſrer Vaͤter war
Offenherzigkeit noch keine Schande und da ge-
ſtand man es gern; errichtete ſogar, worauf
der Herr Verfaſſer der Walterſchen Biografie
vielleicht anſpielt, im J. 1381 einen groſſen Nar-
ren
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[70/0073] Wilhelm Walter. Bald ſah den kleinen halbgeoͤffneten Mund, Jn dem zwo dichte Reihn der ſchoͤnſten Perlen ſchimmern; Bald ein Paar Waden, nett und rund Gedrechſelt aus dem Grund des Baches flimmern: Bald ſich des Marmorleibes Gliederbau Jn ſeinen ſchoͤnen Theilen kunſtgenau Mit allen Praͤdikaten detaillirte Und was noch mangelte, hinzu ſich fantaſirte — Kurz, malt euch ganz die Gruppe, ſie und ihn: Und ſagt, was fuͤhlte hier der eiſigſte Paladin *) Jch wollte darauf wetten, man wuͤrde Geheimnis, Geheimnis ſein laſſen — her- plaudern was man auf dem Herzen haͤtte und ſich davor den Minneſold des ſchoͤnſten Maͤd- chens erkaufen. — Mancher Leſer wird frei- lich zuͤchtiglich laͤugnen; allein dem gebuͤrte, wenn anders Narrenzuͤnfte **) noch ſo Sitte, als *) Aus einem noch ungedrukten, romantiſchen Ge- dichte: die Helmaiden, erſtes Buch. **) Wer es weis, daß er ein Narr ſei, iſt es ſchon weniger, als der, welcher es von ſich nicht glaubt. Jn den Tagen unſrer Vaͤter war Offenherzigkeit noch keine Schande und da ge- ſtand man es gern; errichtete ſogar, worauf der Herr Verfaſſer der Walterſchen Biografie vielleicht anſpielt, im J. 1381 einen groſſen Nar- ren

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Zitationshilfe: [Zschokke, Heinrich]: Geister und Geisterseher oder Leben und frühes Ende eines Nekromantisten. Küstrin, 1789, S. 70. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zschokke_geister_1789/73>, abgerufen am 04.12.2024.