[Spaltenumbruch]
wesen/ welches den Leib gelind laxieren konnte.
Man führet aber vielerley Zucker in Eu- ropam/ da einer besser ist/ als der andere: Jns gemein haltet man den Maderiensi- schen/ Maderiense; demnach den Canarien- zucker/ Canariense Saccharum, für den besten; Der farb nach wird der weisseste für den fein- sten geachtet/ wiewol er auch etwas schärffer ist; nach dem kombt der grawe/ und endlich der rothe Zucker/ welcher noch zimlich un- rein ist. Dieser grawe Zucker wird in gro- ben Pulvers gestalt auch verkaufft/ und von den Materialisten Cassonaden/ oder Casto- naden geheissen. Der feine weisse Zucker a- ber/ Saccharum albissimum, seu finum aut refinatum, wird also gemacht/ man zerlaßt den unfeinen unreinen Zucker in dem filtrier- ten Laugen-wasser/ darinnen lebendiger Kalck abgelöschet ist/ kocht ihne darinnen/ schaumt ihne wohl ab/ siedet ihne gantz dick ein/ und gießt ihn in die Zuckerhüt/ welche unden ein wenig durchlöcheret/ damit die trübe schleimichte Heffen darauß fliessen können.
Neben dem gibt es auch annoch candierten Zucker/ welcher bey uns Zucker-candel/ o- der Candel-zucker; Frantzösisch/ du Sucre Candis; Englisch/ Sugar candy; Nider- ländisch/ Suycker-candi; Lateinisch/ Sac- charum candisatum, Saccharum candi, s. can- dum, vel candium, Saccharum crystallisatum, lucidum, vel crystallinum, genennet wird. Dieser ist nichts anders als ein zerlassener/ hernach durch abdämpffung des Wassers zu Crystallen angeschossener Zucker; welcher von dem Canarien-zucker weiß; von dem Thomasien-zucker aber roth wird/ und den Namen Sacchari candi rubri vel albi traget. Wenn das Wasser von dem zerlassenen Zu- cker genugsam abgedämpffet/ so giesset man ihn auch in erdene töpffe/ darein under- schiedliche höltzerne stecklein gestellet worden/ setzet ihn an kühle ort/ so wird der Candel- zucker in ein paar Tagen an solche stecklein so wol als die gefäß erystallisiert anschiessen.
Eigenschafft.
Der Zucker hat viel ölichte Schwefel-theil neben einem saurlichten Geist in sich/ und dannenher die Eigenschafft zu erwärmen/ zu lösen/ der Fäulung zu widerstehen/ zu versüssen/ wenn er mäßiglich gebraucht/ und mit andern nutzlichen sachen vermischet ist. Da er aber zu viel und übermäßig in allen Speisen/ ja in dem Tranck selbsten genos- sen wird/ so zeuget er ein scharffes/ corrosi- visches/ scharbockisches Geblüt/ von deme hernach allerhand ungelegenheit in dem menschlichen Leib verursachet werden. Jn dem feinen/ durch das Kalckwasser gerei- nigten schön weissen Zucker/ findet sich auch eine etzende/ von dem ungelöschten Kalck herrührende Schärffe/ welche allen innerli- chen theilen/ und sonderlich der Lungen höchst schädlich ist. Dannenher zu den Syrupen und Conserven/ mehr der grawe unfeine/ jedoch mit dem Eyerklar gesäuberte und in der kochung wohl abgeschaumte/ als der mit Kalckwasser so schädlich refinierte Zucker solle gebrauchet werden. Wenn man end- [Spaltenumbruch]
lich den Ursprung deß Zuckers bedencken wil/ kan man nicht anderst urtheilen/ als daß er gleichsam ein Essential Saltz seye/ welches auß dem süssen Safft oder Marck der Zucker- rohren gesotten worden. Welches Saltz neben seinem sauren Geist/ viel ölichte Schwefel-geister in sich haltet/ so da gleich einem Schwefel angezündet werden können; solche geistreiche theil erzeigen sich einem je- den under der gestalt kleiner heller Fünck- lein/ wenn man in einem finstern ort den Zucker wohl reibet.
Gebrauch.
Der Zucker hat viel jäsende oder johrende Theile bey sich/ darumb er leicht in einen Jast gerathet/ und alles saur machet/ wo- mit er vermischet wird. Daher er auch vie-Zucker wenn er schädlich. len Miltzesüchtigen/ Melancholischen/ mit dem Scharbock/ oder Mutter-blähungen behaffteten Persohnen sehr schädlich/ und erwecket bey denselben gleich inwendige Hi- tzen/ Jast/ Blähungen des Leibs/ Grim- men/ Durchlauff/ Unwillen/ Bangigkei- ten/ Mutter-auffsteigen und dergleichen. Umb dieser ursach willen soll man behutsam in dem Gebrauch des Zuckers/ und deren mit Zucker zubereiteten Artzneyen verfahren.
Den Zucker kan man auff zweyerley weißDestilla- tion des Zuckers. destillieren/ und also verschiedene sachen da- rauß ziehen. Denn erstlich pflegt man thne nur entweder einfältig und pur auß einem kolben glaß über den Helm/ oder mit sand vermischet auß einer Retorten in einen weiten Recipienten zu destillieren/ da denn ein geist- reiches Wasser neben einem Oel heraußkom- men wird. Welche Matery/ so man sie rectificiert/ den sauren/ scharffen/ etwas e- tzenden Geist/ wie ein destillierten Wein-es- sig/ oder Guajac-geist/ und ein flüchtiges Oel hergibt. Jn dem Kolben-glaß oder Retorten aber verbleibt annoch ein stincken- des öl/ neben dem fixen saltz und irdischen Theilgen/ welche nirgendzu gebraucht wer- den. Der destillierte saure Zucker-geist zer- laßt alle Crustacea, als Perlen/ Schnecken/ Corallen/ Ste[i]n/ und dergleichen. Etliche mischen halb theil Salmiac under den Zu- cker/ und destilli[e]ren also den sauren Geist auff obige weiß davon auß; bedienen sich hernach desselben auff 6. biß 8. tropffen in Pappelen- oder Ehrenpreiß-wasser zu Ab- treibung des Sands/ Grieses und SchleimsSand/ Schleim der Nieren. der Nieren/ und linderung oder verhütung des Lendenwehes.
Wenn man aber den Zucker zuvor in fri- schem Wasser zerläßt/ hernach deß bey den Zuckerbecken sich findenden Saurteigs da- runder mischt/ und also fermentieren oder johren läßt/ hernach destillieret/ so gibt er einen brennenden Schwefel-geist/ gleich dem Brantenwein auß.
Einen dienstlichen Zucker-syrup bereiteZucker-sy- rup. also: Nimm deß gemeinen Branntenweins/ der nicht wohl rectificiert ist/ nach belieben/ mische einen guten Candel-zucker darein/ so wird er sich darinnen zerlassen/ und also ei- nen guten/ süßlichten Syrup abgeben/ wel- cher von etlichen Oleum Sacchari genennet wird. Andere nehmen an statt des gemei- nen Branntenweins/ den Reckholder-brann-
tenwein/
Das Andere Buch/
[Spaltenumbruch]
weſen/ welches den Leib gelind laxieren konnte.
Man fuͤhret aber vielerley Zucker in Eu- ropam/ da einer beſſer iſt/ als der andere: Jns gemein haltet man den Maderienſi- ſchen/ Maderienſe; demnach den Canarien- zucker/ Canarienſe Saccharum, fuͤr den beſten; Der farb nach wird der weiſſeſte fuͤr den fein- ſten geachtet/ wiewol er auch etwas ſchaͤrffer iſt; nach dem kombt der grawe/ und endlich der rothe Zucker/ welcher noch zimlich un- rein iſt. Dieſer grawe Zucker wird in gro- ben Pulvers geſtalt auch verkaufft/ und von den Materialiſten Caſſonaden/ oder Caſto- naden geheiſſen. Der feine weiſſe Zucker a- ber/ Saccharum albiſſimum, ſeu finum aut refinatum, wird alſo gemacht/ man zerlaßt den unfeinen unreinen Zucker in dem filtrier- ten Laugen-waſſer/ darinnen lebendiger Kalck abgeloͤſchet iſt/ kocht ihne darinnen/ ſchaumt ihne wohl ab/ ſiedet ihne gantz dick ein/ und gießt ihn in die Zuckerhuͤt/ welche unden ein wenig durchloͤcheret/ damit die truͤbe ſchleimichte Heffen darauß flieſſen koͤnnen.
Neben dem gibt es auch annoch candierten Zucker/ welcher bey uns Zucker-candel/ o- der Candel-zucker; Frantzoͤſiſch/ du Sucre Candis; Engliſch/ Sugar candy; Nider- laͤndiſch/ Suycker-candi; Lateiniſch/ Sac- charum candiſatum, Saccharum candi, ſ. can- dum, vel candium, Saccharum cryſtalliſatum, lucidum, vel cryſtallinum, genennet wird. Dieſer iſt nichts anders als ein zerlaſſener/ hernach durch abdaͤmpffung des Waſſers zu Cryſtallen angeſchoſſener Zucker; welcher von dem Canarien-zucker weiß; von dem Thomaſien-zucker aber roth wird/ und den Namen Sacchari candi rubri vel albi traget. Wenn das Waſſer von dem zerlaſſenen Zu- cker genugſam abgedaͤmpffet/ ſo gieſſet man ihn auch in erdene toͤpffe/ darein under- ſchiedliche hoͤltzerne ſtecklein geſtellet worden/ ſetzet ihn an kuͤhle ort/ ſo wird der Candel- zucker in ein paar Tagen an ſolche ſtecklein ſo wol als die gefaͤß eryſtalliſiert anſchieſſen.
Eigenſchafft.
Der Zucker hat viel oͤlichte Schwefel-theil neben einem ſaurlichten Geiſt in ſich/ und dannenher die Eigenſchafft zu erwaͤrmen/ zu loͤſen/ der Faͤulung zu widerſtehen/ zu verſuͤſſen/ wenn er maͤßiglich gebraucht/ und mit andern nutzlichen ſachen vermiſchet iſt. Da er aber zu viel und uͤbermaͤßig in allen Speiſen/ ja in dem Tranck ſelbſten genoſ- ſen wird/ ſo zeuget er ein ſcharffes/ corroſi- viſches/ ſcharbockiſches Gebluͤt/ von deme hernach allerhand ungelegenheit in dem menſchlichen Leib verurſachet werden. Jn dem feinen/ durch das Kalckwaſſer gerei- nigten ſchoͤn weiſſen Zucker/ findet ſich auch eine etzende/ von dem ungeloͤſchten Kalck herꝛuͤhrende Schaͤrffe/ welche allen innerli- chen theilen/ und ſonderlich der Lungen hoͤchſt ſchaͤdlich iſt. Dannenher zu den Syrupen und Conſerven/ mehr der grawe unfeine/ jedoch mit dem Eyerklar geſaͤuberte und in der kochung wohl abgeſchaumte/ als der mit Kalckwaſſer ſo ſchaͤdlich refinierte Zucker ſolle gebrauchet werden. Wenn man end- [Spaltenumbruch]
lich den Urſprung deß Zuckers bedencken wil/ kan man nicht anderſt urtheilen/ als daß er gleichſam ein Eſſential Saltz ſeye/ welches auß dem ſuͤſſen Safft oder Marck der Zucker- rohren geſotten worden. Welches Saltz neben ſeinem ſauren Geiſt/ viel oͤlichte Schwefel-geiſter in ſich haltet/ ſo da gleich einem Schwefel angezuͤndet werden koͤnnen; ſolche geiſtreiche theil erzeigen ſich einem je- den under der geſtalt kleiner heller Fuͤnck- lein/ wenn man in einem finſtern ort den Zucker wohl reibet.
Gebrauch.
Der Zucker hat viel jaͤſende oder johrende Theile bey ſich/ darumb er leicht in einen Jaſt gerathet/ und alles ſaur machet/ wo- mit er vermiſchet wird. Daher er auch vie-Zucker wenn er ſchaͤdlich. len Miltzeſuͤchtigen/ Melancholiſchen/ mit dem Scharbock/ oder Mutter-blaͤhungen behaffteten Perſohnen ſehr ſchaͤdlich/ und erwecket bey denſelben gleich inwendige Hi- tzen/ Jaſt/ Blaͤhungen des Leibs/ Grim- men/ Durchlauff/ Unwillen/ Bangigkei- ten/ Mutter-auffſteigen und dergleichen. Umb dieſer urſach willen ſoll man behutſam in dem Gebrauch des Zuckers/ und deren mit Zucker zubereiteten Artzneyen verfahren.
Den Zucker kan man auff zweyerley weißDeſtilla- tion des Zuckers. deſtillieren/ und alſo verſchiedene ſachen da- rauß ziehen. Denn erſtlich pflegt man thne nur entweder einfaͤltig und pur auß einem kolben glaß uͤber den Helm/ oder mit ſand vermiſchet auß einer Retorten in einẽ weiten Recipienten zu deſtillieren/ da denn ein geiſt- reiches Waſſer neben einem Oel heraußkom- men wird. Welche Matery/ ſo man ſie rectificiert/ den ſauren/ ſcharffen/ etwas e- tzenden Geiſt/ wie ein deſtillierten Wein-eſ- ſig/ oder Guajac-geiſt/ und ein fluͤchtiges Oel hergibt. Jn dem Kolben-glaß oder Retorten aber verbleibt annoch ein ſtincken- des oͤl/ neben dem fixen ſaltz und irdiſchen Theilgen/ welche nirgendzu gebraucht wer- den. Der deſtillierte ſaure Zucker-geiſt zer- laßt alle Cruſtacea, als Perlen/ Schnecken/ Corallen/ Ste[i]n/ und dergleichen. Etliche miſchen halb theil Salmiac under den Zu- cker/ und deſtilli[e]ren alſo den ſauren Geiſt auff obige weiß davon auß; bedienen ſich hernach deſſelben auff 6. biß 8. tropffen in Pappelen- oder Ehrenpreiß-waſſer zu Ab- treibung des Sands/ Grieſes und SchleimsSand/ Schleim der Nierẽ. der Nieren/ und linderung oder verhuͤtung des Lendenwehes.
Wenn man aber den Zucker zuvor in fri- ſchem Waſſer zerlaͤßt/ hernach deß bey den Zuckerbecken ſich findenden Saurteigs da- runder miſcht/ und alſo fermentieren oder johren laͤßt/ hernach deſtillieret/ ſo gibt er einen brennenden Schwefel-geiſt/ gleich dem Brantenwein auß.
Einen dienſtlichen Zucker-ſyrup bereiteZucker-ſy- rup. alſo: Nim̃ deß gemeinen Branntenweins/ der nicht wohl rectificiert iſt/ nach belieben/ miſche einen guten Candel-zucker darein/ ſo wird er ſich darinnen zerlaſſen/ und alſo ei- nen guten/ ſuͤßlichten Syrup abgeben/ wel- cher von etlichen Oleum Sacchari genennet wird. Andere nehmen an ſtatt des gemei- nen Branntenweins/ den Reckholder-brañ-
tenwein/
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[312/0328]
Das Andere Buch/
weſen/ welches den Leib gelind laxieren
konnte.
Man fuͤhret aber vielerley Zucker in Eu-
ropam/ da einer beſſer iſt/ als der andere:
Jns gemein haltet man den Maderienſi-
ſchen/ Maderienſe; demnach den Canarien-
zucker/ Canarienſe Saccharum, fuͤr den beſten;
Der farb nach wird der weiſſeſte fuͤr den fein-
ſten geachtet/ wiewol er auch etwas ſchaͤrffer
iſt; nach dem kombt der grawe/ und endlich
der rothe Zucker/ welcher noch zimlich un-
rein iſt. Dieſer grawe Zucker wird in gro-
ben Pulvers geſtalt auch verkaufft/ und von
den Materialiſten Caſſonaden/ oder Caſto-
naden geheiſſen. Der feine weiſſe Zucker a-
ber/ Saccharum albiſſimum, ſeu finum aut
refinatum, wird alſo gemacht/ man zerlaßt
den unfeinen unreinen Zucker in dem filtrier-
ten Laugen-waſſer/ darinnen lebendiger
Kalck abgeloͤſchet iſt/ kocht ihne darinnen/
ſchaumt ihne wohl ab/ ſiedet ihne gantz dick
ein/ und gießt ihn in die Zuckerhuͤt/ welche
unden ein wenig durchloͤcheret/ damit die
truͤbe ſchleimichte Heffen darauß flieſſen
koͤnnen.
Neben dem gibt es auch annoch candierten
Zucker/ welcher bey uns Zucker-candel/ o-
der Candel-zucker; Frantzoͤſiſch/ du Sucre
Candis; Engliſch/ Sugar candy; Nider-
laͤndiſch/ Suycker-candi; Lateiniſch/ Sac-
charum candiſatum, Saccharum candi, ſ. can-
dum, vel candium, Saccharum cryſtalliſatum,
lucidum, vel cryſtallinum, genennet wird.
Dieſer iſt nichts anders als ein zerlaſſener/
hernach durch abdaͤmpffung des Waſſers zu
Cryſtallen angeſchoſſener Zucker; welcher
von dem Canarien-zucker weiß; von dem
Thomaſien-zucker aber roth wird/ und den
Namen Sacchari candi rubri vel albi traget.
Wenn das Waſſer von dem zerlaſſenen Zu-
cker genugſam abgedaͤmpffet/ ſo gieſſet man
ihn auch in erdene toͤpffe/ darein under-
ſchiedliche hoͤltzerne ſtecklein geſtellet worden/
ſetzet ihn an kuͤhle ort/ ſo wird der Candel-
zucker in ein paar Tagen an ſolche ſtecklein
ſo wol als die gefaͤß eryſtalliſiert anſchieſſen.
Eigenſchafft.
Der Zucker hat viel oͤlichte Schwefel-theil
neben einem ſaurlichten Geiſt in ſich/ und
dannenher die Eigenſchafft zu erwaͤrmen/
zu loͤſen/ der Faͤulung zu widerſtehen/ zu
verſuͤſſen/ wenn er maͤßiglich gebraucht/ und
mit andern nutzlichen ſachen vermiſchet iſt.
Da er aber zu viel und uͤbermaͤßig in allen
Speiſen/ ja in dem Tranck ſelbſten genoſ-
ſen wird/ ſo zeuget er ein ſcharffes/ corroſi-
viſches/ ſcharbockiſches Gebluͤt/ von deme
hernach allerhand ungelegenheit in dem
menſchlichen Leib verurſachet werden. Jn
dem feinen/ durch das Kalckwaſſer gerei-
nigten ſchoͤn weiſſen Zucker/ findet ſich auch
eine etzende/ von dem ungeloͤſchten Kalck
herꝛuͤhrende Schaͤrffe/ welche allen innerli-
chen theilen/ und ſonderlich der Lungen hoͤchſt
ſchaͤdlich iſt. Dannenher zu den Syrupen
und Conſerven/ mehr der grawe unfeine/
jedoch mit dem Eyerklar geſaͤuberte und in
der kochung wohl abgeſchaumte/ als der
mit Kalckwaſſer ſo ſchaͤdlich refinierte Zucker
ſolle gebrauchet werden. Wenn man end-
lich den Urſprung deß Zuckers bedencken wil/
kan man nicht anderſt urtheilen/ als daß er
gleichſam ein Eſſential Saltz ſeye/ welches
auß dem ſuͤſſen Safft oder Marck der Zucker-
rohren geſotten worden. Welches Saltz
neben ſeinem ſauren Geiſt/ viel oͤlichte
Schwefel-geiſter in ſich haltet/ ſo da gleich
einem Schwefel angezuͤndet werden koͤnnen;
ſolche geiſtreiche theil erzeigen ſich einem je-
den under der geſtalt kleiner heller Fuͤnck-
lein/ wenn man in einem finſtern ort den
Zucker wohl reibet.
Gebrauch.
Der Zucker hat viel jaͤſende oder johrende
Theile bey ſich/ darumb er leicht in einen
Jaſt gerathet/ und alles ſaur machet/ wo-
mit er vermiſchet wird. Daher er auch vie-
len Miltzeſuͤchtigen/ Melancholiſchen/ mit
dem Scharbock/ oder Mutter-blaͤhungen
behaffteten Perſohnen ſehr ſchaͤdlich/ und
erwecket bey denſelben gleich inwendige Hi-
tzen/ Jaſt/ Blaͤhungen des Leibs/ Grim-
men/ Durchlauff/ Unwillen/ Bangigkei-
ten/ Mutter-auffſteigen und dergleichen.
Umb dieſer urſach willen ſoll man behutſam
in dem Gebrauch des Zuckers/ und deren
mit Zucker zubereiteten Artzneyen verfahren.
Zucker
wenn er
ſchaͤdlich.
Den Zucker kan man auff zweyerley weiß
deſtillieren/ und alſo verſchiedene ſachen da-
rauß ziehen. Denn erſtlich pflegt man thne
nur entweder einfaͤltig und pur auß einem
kolben glaß uͤber den Helm/ oder mit ſand
vermiſchet auß einer Retorten in einẽ weiten
Recipienten zu deſtillieren/ da denn ein geiſt-
reiches Waſſer neben einem Oel heraußkom-
men wird. Welche Matery/ ſo man ſie
rectificiert/ den ſauren/ ſcharffen/ etwas e-
tzenden Geiſt/ wie ein deſtillierten Wein-eſ-
ſig/ oder Guajac-geiſt/ und ein fluͤchtiges
Oel hergibt. Jn dem Kolben-glaß oder
Retorten aber verbleibt annoch ein ſtincken-
des oͤl/ neben dem fixen ſaltz und irdiſchen
Theilgen/ welche nirgendzu gebraucht wer-
den. Der deſtillierte ſaure Zucker-geiſt zer-
laßt alle Cruſtacea, als Perlen/ Schnecken/
Corallen/ Stein/ und dergleichen. Etliche
miſchen halb theil Salmiac under den Zu-
cker/ und deſtillieren alſo den ſauren Geiſt
auff obige weiß davon auß; bedienen ſich
hernach deſſelben auff 6. biß 8. tropffen in
Pappelen- oder Ehrenpreiß-waſſer zu Ab-
treibung des Sands/ Grieſes und Schleims
der Nieren/ und linderung oder verhuͤtung
des Lendenwehes.
Deſtilla-
tion des
Zuckers.
Sand/
Schleim
der Nierẽ.
Wenn man aber den Zucker zuvor in fri-
ſchem Waſſer zerlaͤßt/ hernach deß bey den
Zuckerbecken ſich findenden Saurteigs da-
runder miſcht/ und alſo fermentieren oder
johren laͤßt/ hernach deſtillieret/ ſo gibt er
einen brennenden Schwefel-geiſt/ gleich dem
Brantenwein auß.
Einen dienſtlichen Zucker-ſyrup bereite
alſo: Nim̃ deß gemeinen Branntenweins/
der nicht wohl rectificiert iſt/ nach belieben/
miſche einen guten Candel-zucker darein/ ſo
wird er ſich darinnen zerlaſſen/ und alſo ei-
nen guten/ ſuͤßlichten Syrup abgeben/ wel-
cher von etlichen Oleum Sacchari genennet
wird. Andere nehmen an ſtatt des gemei-
nen Branntenweins/ den Reckholder-brañ-
tenwein/
Zucker-ſy-
rup.
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Mattioli, Pietro Andrea: Theatrvm Botanicvm, Das ist: Neu Vollkommenes Kräuter-Buch (Übers. Theodor Zwinger). Basel, 1690, S. 312. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zwinger_theatrum_1690/328>, abgerufen am 21.11.2024.
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