1. Das erste Geschlecht/ der gemeine Rein- fahren/ Tanacetum vulgare luteum, C. B. vulgare flore luteo, J. B. ist mit der Wurtzel/ Kraut und Stengeln dem Mutter-kraut et- licher massen gleich/ allein sind die zerschnit- tenen gekerfften/ scharff-riechenden und bitter-schmäckenden Blätter kleiner/ zärter/ und die braun-rothen/ runden/ etwas haa- rigen stengel grösser/ fast zweyer elen lang/ welche sich zu oberst vielfältig in kleine zinck- lein zerspalten/ deren gipffel mit viel gelben/ runden/ knöpfichten und drauschlichten blu- men gezieret werden/ welche demnach in schwärtzlichten/ dem Chamillen-samen nicht ungleichen/ jedoch grösseren und stärcker riechenden Samen außgehen. Das gantze Kraut ist hiemit am geschmack bitter/ am geruch starck/ und doch lieblicher als das Mutter-kraut. Es wächßt gern an den Wasser-gestaden und Gräben/ auch an et- lichen Mauren hinder den Zäunen/ bey den Gärten neben den Strassen/ und an den enden der Feldern/ gemeinlich in steinichtem [Spaltenumbruch]
grund/ und ungebawtem grasichtem Erd- reich. Man findets allhier bey Michelfel- den/ und in grosser mänge im Elsaß. Es kan der Reinfahren die Winter-kälte leiden/ und wiewohl er jährlich von seiner alten wurtzel widerumb herfür wächßt/ erjüngt er sich doch darneben von dem außgefallenen Samen. Selten wird er mit schönen weis- sen Blumen gefunden/ dahero wegen seiner seltzamkeit in die Gärten zum lust gepflan- tzet. Mit weissen Blumen/ so keinen geruch von sich geben/ wächßt er auff den höchsten Bergen in Franckenland.
2. Der Engelländische Reinfahren/ Ta- nacetum foliis crispis, C. B. crispum flore lu- teo, J. B. crispum Anglicum, Ger. hat breite- re und krause/ mit vielen kleinen kerffen tieff zerspaltene Blätter/ anzusehen wie ein lu- stige Strauß-feder/ er gibt einen liebliche- ren geruch von sich als der vorige/ ist aber bitteren geschmacks. Jn Engelland ist er in den Gärten sehr gemein/ in Teutschland wird er auch in die Lust-gärten leichtlich ge- zielet/ wie er denn in dem Fürstlichen Ey- stättischen Lust-garten anzutreffen gewesen. Joachimus Camerarius in Hort. Med. p. m. 166. berichtet/ daß die schwangeren Weiber in Schottland/ so sich einer Mißgeburt besor-Mißge- burt. gen/ dieses Kraut zerschneiden/ und mit gu- tem nutzen für die heimlichen Oerter halten.
3. Der Berg-Reinfahren/ Tanacetum Alpinum, C. B. Park. Iva moschata Rhaetis, Tanaceto cognata herbula, Gesn. hort. Mille- folio Alpino affinis planta, quibusdam Iva mo- schata, J. B. Wächßt in allem 4. oder 6. zoll hoch/ ist gantz weiß-graw/ mit einem Würtz-geruch begabet/ und weichen Haa- ren bekleydet. Die Wurtzel ist lang und dicklicht. Die Blätter sind zoll-breit/ und wie an der Berg-Schaffgarb/ von deren er meistentheils am geruch underschieden wird/ gar subtil gekerfft. Oben auff den stengelein erscheinen weisse blümlein wie ein krönlein ordentlich beysammen gesetzt. Man findet ihne auff den Schweitzerischen und Bündtnerischen Alp-Gebürgen.
4. Der Oestereichische Reinfahren/ Ta- nacetum montanum inodorum, minore flore, C. B. album, J. B. Bellis Tanaceti folio quo- rundam, Raji. bekomt rahne/ hohle/ haari- ge/ steiffe und harte stengel/ so elen-ja biß- weilen anderthalb elen hoch wachsen/ von welchen wenig gefiderte blätter gesehen wer- den/ so sich den gemeinen Reinfahren ver- gleichen/ sind jedoch ohne geruch/ und ge- ben einen hitzigen geschmack von sich; bey der wurtzel werden die blätter grösser und haarig. Oben zertheilet sich der stengel in etliche kurtze zweiglein/ auff welchen in dem Mäyen und Brachmonat grosse blumen si- tzen/ welche den grossen Maßlieben-blumen schier ähnlich sind/ sie bestehen auß 18. oder 20. blättlein/ deren etliche grösser/ andere kleiner werden/ und in der mitte ein gelbes Aepffelein haben. Wenn die Blumen ver- welcken/ folgt im mittleren köpflein ein läng- lichter schwartzer samen nach. Die wurtzel ist krum/ schwartz/ klein fingers-dick/ hat etliche haarige zaseln/ und stecket nicht tieff in der Erden. Man findet ihne schier auff allen nidrigen Bergen oder Haw-wäldern
in
Das Andere Buch/
[Spaltenumbruch]
lege/ habees ein ſonderliche krafft das grim- men zu ſtillen/ werde daher auch zu den Cly- ſtieren gebraucht.
1. Das erſte Geſchlecht/ der gemeine Rein- fahren/ Tanacetum vulgare luteum, C. B. vulgare flore luteo, J. B. iſt mit der Wurtzel/ Kraut und Stengeln dem Mutter-kraut et- licher maſſen gleich/ allein ſind die zerſchnit- tenen gekerfften/ ſcharff-riechenden und bitter-ſchmaͤckenden Blaͤtter kleiner/ zaͤrter/ und die braun-rothen/ runden/ etwas haa- rigen ſtengel groͤſſer/ faſt zweyer elen lang/ welche ſich zu oberſt vielfaͤltig in kleine zinck- lein zerſpalten/ deren gipffel mit viel gelben/ runden/ knoͤpfichten und drauſchlichten blu- men gezieret werden/ welche demnach in ſchwaͤrtzlichten/ dem Chamillen-ſamen nicht ungleichen/ jedoch groͤſſeren und ſtaͤrcker riechenden Samen außgehen. Das gantze Kraut iſt hiemit am geſchmack bitter/ am geruch ſtarck/ und doch lieblicher als das Mutter-kraut. Es waͤchßt gern an den Waſſer-geſtaden und Graͤben/ auch an et- lichen Mauren hinder den Zaͤunen/ bey den Gaͤrten neben den Straſſen/ und an den enden der Feldern/ gemeinlich in ſteinichtem [Spaltenumbruch]
grund/ und ungebawtem graſichtem Erd- reich. Man findets allhier bey Michelfel- den/ und in groſſer maͤnge im Elſaß. Es kan der Reinfahren die Winter-kaͤlte leiden/ und wiewohl er jaͤhrlich von ſeiner alten wurtzel widerumb herfuͤr waͤchßt/ erjuͤngt er ſich doch darneben von dem außgefallenen Samen. Selten wird er mit ſchoͤnen weiſ- ſen Blumen gefunden/ dahero wegen ſeiner ſeltzamkeit in die Gaͤrten zum luſt gepflan- tzet. Mit weiſſen Blumen/ ſo keinen geruch von ſich geben/ waͤchßt er auff den hoͤchſten Bergen in Franckenland.
2. Der Engellaͤndiſche Reinfahren/ Ta- nacetum foliis criſpis, C. B. criſpum flore lu- teo, J. B. criſpum Anglicum, Ger. hat breite- re und krauſe/ mit vielen kleinen kerffen tieff zerſpaltene Blaͤtter/ anzuſehen wie ein lu- ſtige Strauß-feder/ er gibt einen liebliche- ren geruch von ſich als der vorige/ iſt aber bitteren geſchmacks. Jn Engelland iſt er in den Gaͤrten ſehr gemein/ in Teutſchland wird er auch in die Luſt-gaͤrten leichtlich ge- zielet/ wie er denn in dem Fuͤrſtlichen Ey- ſtaͤttiſchen Luſt-garten anzutreffen geweſen. Joachimus Camerarius in Hort. Med. p. m. 166. berichtet/ daß die ſchwangeren Weiber in Schottland/ ſo ſich einer Mißgeburt beſor-Mißge- burt. gen/ dieſes Kraut zerſchneiden/ und mit gu- tem nutzen fuͤr die heimlichen Oerter halten.
3. Der Berg-Reinfahren/ Tanacetum Alpinum, C. B. Park. Iva moſchata Rhætis, Tanaceto cognata herbula, Geſn. hort. Mille- folio Alpino affinis planta, quibusdam Iva mo- ſchata, J. B. Waͤchßt in allem 4. oder 6. zoll hoch/ iſt gantz weiß-graw/ mit einem Wuͤrtz-geruch begabet/ und weichen Haa- ren bekleydet. Die Wurtzel iſt lang und dicklicht. Die Blaͤtter ſind zoll-breit/ und wie an der Berg-Schaffgarb/ von deren er meiſtentheils am geruch underſchieden wird/ gar ſubtil gekerfft. Oben auff den ſtengelein erſcheinen weiſſe bluͤmlein wie ein kroͤnlein ordentlich beyſammen geſetzt. Man findet ihne auff den Schweitzeriſchen und Buͤndtneriſchen Alp-Gebuͤrgen.
4. Der Oeſtereichiſche Reinfahren/ Ta- nacetum montanum inodorum, minore flore, C. B. album, J. B. Bellis Tanaceti folio quo- rundam, Raji. bekomt rahne/ hohle/ haari- ge/ ſteiffe und harte ſtengel/ ſo elen-ja biß- weilen anderthalb elen hoch wachſen/ von welchen wenig gefiderte blaͤtter geſehen wer- den/ ſo ſich den gemeinen Reinfahren ver- gleichen/ ſind jedoch ohne geruch/ und ge- ben einen hitzigen geſchmack von ſich; bey der wurtzel werden die blaͤtter groͤſſer und haarig. Oben zertheilet ſich der ſtengel in etliche kurtze zweiglein/ auff welchen in dem Maͤyen und Brachmonat groſſe blumen ſi- tzen/ welche den groſſen Maßlieben-blumen ſchier aͤhnlich ſind/ ſie beſtehen auß 18. oder 20. blaͤttlein/ deren etliche groͤſſer/ andere kleiner werden/ und in der mitte ein gelbes Aepffelein haben. Wenn die Blumen ver- welcken/ folgt im mittleren koͤpflein ein laͤng- lichter ſchwartzer ſamen nach. Die wurtzel iſt krum/ ſchwartz/ klein fingers-dick/ hat etliche haarige zaſeln/ und ſtecket nicht tieff in der Erden. Man findet ihne ſchier auff allen nidrigen Bergen oder Haw-waͤldern
in
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[504/0520]
Das Andere Buch/
lege/ habees ein ſonderliche krafft das grim-
men zu ſtillen/ werde daher auch zu den Cly-
ſtieren gebraucht.
CAPUT CXV.
[Abbildung Reinfahren. Tanacetum
]
Namen.
REinfahren oder Wurmkraut/ heißt
Griechiſch/ __.
Lateiniſch/ Tanacetum, Artemiſia te-
nuifolia, Athanaſia vulgaris, Ambroſia. Jta-
liaͤniſch/ Tanaceto daneda, Atanaſia. Fran-
tzoͤſiſch/ Atanaſie, Tanaſie, Eſpece de Tanſi.
Engliſch/ Tanſie. Daͤniſch/ Regefarn/
Ormkrud. Niderlaͤndiſch/ Reynvaer/
Wormkruyt.
Geſtalt.
1. Das erſte Geſchlecht/ der gemeine Rein-
fahren/ Tanacetum vulgare luteum, C. B.
vulgare flore luteo, J. B. iſt mit der Wurtzel/
Kraut und Stengeln dem Mutter-kraut et-
licher maſſen gleich/ allein ſind die zerſchnit-
tenen gekerfften/ ſcharff-riechenden und
bitter-ſchmaͤckenden Blaͤtter kleiner/ zaͤrter/
und die braun-rothen/ runden/ etwas haa-
rigen ſtengel groͤſſer/ faſt zweyer elen lang/
welche ſich zu oberſt vielfaͤltig in kleine zinck-
lein zerſpalten/ deren gipffel mit viel gelben/
runden/ knoͤpfichten und drauſchlichten blu-
men gezieret werden/ welche demnach in
ſchwaͤrtzlichten/ dem Chamillen-ſamen nicht
ungleichen/ jedoch groͤſſeren und ſtaͤrcker
riechenden Samen außgehen. Das gantze
Kraut iſt hiemit am geſchmack bitter/ am
geruch ſtarck/ und doch lieblicher als das
Mutter-kraut. Es waͤchßt gern an den
Waſſer-geſtaden und Graͤben/ auch an et-
lichen Mauren hinder den Zaͤunen/ bey den
Gaͤrten neben den Straſſen/ und an den
enden der Feldern/ gemeinlich in ſteinichtem
grund/ und ungebawtem graſichtem Erd-
reich. Man findets allhier bey Michelfel-
den/ und in groſſer maͤnge im Elſaß. Es
kan der Reinfahren die Winter-kaͤlte leiden/
und wiewohl er jaͤhrlich von ſeiner alten
wurtzel widerumb herfuͤr waͤchßt/ erjuͤngt er
ſich doch darneben von dem außgefallenen
Samen. Selten wird er mit ſchoͤnen weiſ-
ſen Blumen gefunden/ dahero wegen ſeiner
ſeltzamkeit in die Gaͤrten zum luſt gepflan-
tzet. Mit weiſſen Blumen/ ſo keinen geruch
von ſich geben/ waͤchßt er auff den hoͤchſten
Bergen in Franckenland.
2. Der Engellaͤndiſche Reinfahren/ Ta-
nacetum foliis criſpis, C. B. criſpum flore lu-
teo, J. B. criſpum Anglicum, Ger. hat breite-
re und krauſe/ mit vielen kleinen kerffen tieff
zerſpaltene Blaͤtter/ anzuſehen wie ein lu-
ſtige Strauß-feder/ er gibt einen liebliche-
ren geruch von ſich als der vorige/ iſt aber
bitteren geſchmacks. Jn Engelland iſt er in
den Gaͤrten ſehr gemein/ in Teutſchland
wird er auch in die Luſt-gaͤrten leichtlich ge-
zielet/ wie er denn in dem Fuͤrſtlichen Ey-
ſtaͤttiſchen Luſt-garten anzutreffen geweſen.
Joachimus Camerarius in Hort. Med. p. m. 166.
berichtet/ daß die ſchwangeren Weiber in
Schottland/ ſo ſich einer Mißgeburt beſor-
gen/ dieſes Kraut zerſchneiden/ und mit gu-
tem nutzen fuͤr die heimlichen Oerter halten.
Mißge-
burt.
3. Der Berg-Reinfahren/ Tanacetum
Alpinum, C. B. Park. Iva moſchata Rhætis,
Tanaceto cognata herbula, Geſn. hort. Mille-
folio Alpino affinis planta, quibusdam Iva mo-
ſchata, J. B. Waͤchßt in allem 4. oder 6.
zoll hoch/ iſt gantz weiß-graw/ mit einem
Wuͤrtz-geruch begabet/ und weichen Haa-
ren bekleydet. Die Wurtzel iſt lang und
dicklicht. Die Blaͤtter ſind zoll-breit/ und
wie an der Berg-Schaffgarb/ von deren
er meiſtentheils am geruch underſchieden
wird/ gar ſubtil gekerfft. Oben auff den
ſtengelein erſcheinen weiſſe bluͤmlein wie ein
kroͤnlein ordentlich beyſammen geſetzt. Man
findet ihne auff den Schweitzeriſchen und
Buͤndtneriſchen Alp-Gebuͤrgen.
4. Der Oeſtereichiſche Reinfahren/ Ta-
nacetum montanum inodorum, minore flore,
C. B. album, J. B. Bellis Tanaceti folio quo-
rundam, Raji. bekomt rahne/ hohle/ haari-
ge/ ſteiffe und harte ſtengel/ ſo elen-ja biß-
weilen anderthalb elen hoch wachſen/ von
welchen wenig gefiderte blaͤtter geſehen wer-
den/ ſo ſich den gemeinen Reinfahren ver-
gleichen/ ſind jedoch ohne geruch/ und ge-
ben einen hitzigen geſchmack von ſich; bey
der wurtzel werden die blaͤtter groͤſſer und
haarig. Oben zertheilet ſich der ſtengel in
etliche kurtze zweiglein/ auff welchen in dem
Maͤyen und Brachmonat groſſe blumen ſi-
tzen/ welche den groſſen Maßlieben-blumen
ſchier aͤhnlich ſind/ ſie beſtehen auß 18. oder
20. blaͤttlein/ deren etliche groͤſſer/ andere
kleiner werden/ und in der mitte ein gelbes
Aepffelein haben. Wenn die Blumen ver-
welcken/ folgt im mittleren koͤpflein ein laͤng-
lichter ſchwartzer ſamen nach. Die wurtzel
iſt krum/ ſchwartz/ klein fingers-dick/ hat
etliche haarige zaſeln/ und ſtecket nicht tieff
in der Erden. Man findet ihne ſchier auff
allen nidrigen Bergen oder Haw-waͤldern
in
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Mattioli, Pietro Andrea: Theatrvm Botanicvm, Das ist: Neu Vollkommenes Kräuter-Buch (Übers. Theodor Zwinger). Basel, 1690, S. 504. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zwinger_theatrum_1690/520>, abgerufen am 22.11.2024.
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