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Mattioli, Pietro Andrea: Theatrvm Botanicvm, Das ist: Neu Vollkommenes Kräuter-Buch (Übers. Theodor Zwinger). Basel, 1690.

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Von den Kräuteren.
[Spaltenumbruch] [Abbildung] Grosser Schirling. Cicuta major.
Geschlecht und Gestalt.

1. Der grosse Schirling/ Cicuta major, C.
B.
Cicuta Veteribus & Neotericis, J. B.
hat ein
stengel mit vielen knoden/ ist etwan 7. schuh
lang/ schier wie des Fenchels/ und inwen-
dig hol. Die blätter vergleichen sich dem
Kerffel-kraut/ sind schwartz-grün/ zinne-
licht/ mit vielen schnitten zerspalten/ am ge-
ruch starck und stinckend/ bißweilen werden
sie breiter/ zu zeiten aber dünner oder schmäler.
Jn der höhe gewinnet er viel nebenzweig-
lein/ die tragen weisse gekrönte blumen wie
der Aniß. So ist auch der Samen dem A-
niß nicht unähnlich/ doch weisser und eines
bösen geschmacks. Die Wurtzel ist lang/
schlecht wie der Pestnachen/ und riecht übel.
Das Kraut blühet gegen dem Heumonat/
wächßt allenthalben gern/ sonderlich an un-
gebauten orten/ hinder den zäunen/ in den
kühlen schattichten zwingern/ und alten ver-
fallenen Mauren unter den unkräutern.
Wächßt allhier zu Basel inner der Statt-
mauren bey dem Steinen-thor/ und neben
den wänden der gärten/ zwischen der Neuen-
und St. Johanns-Vorstabt/ wie auch an
dem Weg der Cliben/ und bey dem Hauß
Michelfelden. Man findet ihn häuffig in
Bäyeren umb Landshut/ wie auch an der
Schweitz bey Keyserstuhl/ den allda nechsten
Flecken und Dörfferen/ welche an dem Rhein
ligen.

Eigenschafft und Gebrauch.

Der Schirling erhitzet sehr/ führet ein
recht etzend-scharffes ölichtes Saltz/ wie sol-
ches der weitberühmte Herr D. Joh. Jac.
Wepfferus in Historia Cicutae aquaticae
weit-
läuffig und gründlich beweiset. Jst derhal-
ben ein gantz schädlich und tödtlich Kraut/
so man es innerlich gebraucht. Er trägt bil-
lich den tyrannischen Namen Wütrich/ denn
[Spaltenumbruch] die Athenienser haben den Philosophum So-
cratem
mit Schirlingsafft getödet. Matthio-
lus
und Tragus haben wargenommen/ daß
etliche Schirling-wurtzel für Pestenach ge-
essen/ welche entweder gestorben/ oder doll
und unsinnig darvon worden. Ferners gibt
die erfahrung/ wenn die Gänß von dem
Schirling essen/ fahen sie an zu wüten. Jn
der Landschafft Toscana in Jtalien/ so die
Esel vom Schirling essen/ fallen sie umb/
und schlaffen so hart/ als wären sie todt. Es
hat sich nach dem bericht D. Matthioli auff
eine zeit begeben/ daß etliche Esel auff dem
Feld also für todt gelegen sind/ da solches et-
liche Bauren wargenommen/ und vermei-
net/ die Esel wären gestorben/ haben sie ih-
nen die Haut abziehen wollen/ als sie nun
dieses schier halb vollendet/ erwachten die
Esel vom schmertzen/ und die Bauern er-
schracken sehr.

[Abbildung] Kleiner Schirling. Cicuta minor.

2. Man findet noch ein kleinere Art des
Schirlings/ welche mit dem Peterlein sich
vergleichet/ daher ihne Theodorus Tabernae-
montanus
Gleiß- oder Hunds-peterlein nen-
net; Petroselinum caninum, Tab. Cicuta mi-
nor Petroselino similis, C. B. Cicutaria Apii fo-
lio. J. B.
Er hat ein spannen-lange wurtzel/
der Peterlein-wurtzen ähnlich/ ist aber klei-
ner/ und gibt einen unlieblichen geruch von
sich. Die blätter sind dem Peterlein also
gleich/ daß man sie kaum von einander un-
terscheiden kan/ außgenommen daß der Gleiß
sattgrüne und übelriechende/ hingegen der
Peterlein liecht-grüne und wolriechende
blätter hat. Es gewinnet der Gleiß auch ei-
nen runden stengel/ welcher im ersten Jahr
seine weisse blümlein auff den krönlein oder
dolden wie der Peterlein bringet/ darauff
ein länglichter samen wie der Kümmel nach-
folget: da unterdessen der Peterlein erst im
zweyten Jahr zum stengel auffschießt/ und

seine
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Von den Kraͤuteren.
[Spaltenumbruch] [Abbildung] Groſſer Schirling. Cicuta major.
Geſchlecht und Geſtalt.

1. Der groſſe Schirling/ Cicuta major, C.
B.
Cicuta Veteribus & Neotericis, J. B.
hat ein
ſtengel mit vielen knoden/ iſt etwan 7. ſchuh
lang/ ſchier wie des Fenchels/ und inwen-
dig hol. Die blaͤtter vergleichen ſich dem
Kerffel-kraut/ ſind ſchwartz-gruͤn/ zinne-
licht/ mit vielen ſchnitten zerſpalten/ am ge-
ruch ſtarck und ſtinckend/ bißweilen werden
ſie breiter/ zu zeiten aber duͤñer oder ſchmaͤler.
Jn der hoͤhe gewinnet er viel nebenzweig-
lein/ die tragen weiſſe gekroͤnte blumen wie
der Aniß. So iſt auch der Samen dem A-
niß nicht unaͤhnlich/ doch weiſſer und eines
boͤſen geſchmacks. Die Wurtzel iſt lang/
ſchlecht wie der Peſtnachen/ und riecht uͤbel.
Das Kraut bluͤhet gegen dem Heumonat/
waͤchßt allenthalben gern/ ſonderlich an un-
gebauten orten/ hinder den zaͤunen/ in den
kuͤhlen ſchattichten zwingern/ und alten ver-
fallenen Mauren unter den unkraͤutern.
Waͤchßt allhier zu Baſel inner der Statt-
mauren bey dem Steinen-thor/ und neben
den waͤnden der gaͤrten/ zwiſchen der Neuen-
und St. Johanns-Vorſtabt/ wie auch an
dem Weg der Cliben/ und bey dem Hauß
Michelfelden. Man findet ihn haͤuffig in
Baͤyeren umb Landshut/ wie auch an der
Schweitz bey Keyſerſtuhl/ den allda nechſten
Flecken und Doͤrfferen/ welche an dem Rhein
ligen.

Eigenſchafft und Gebrauch.

Der Schirling erhitzet ſehr/ fuͤhret ein
recht etzend-ſcharffes oͤlichtes Saltz/ wie ſol-
ches der weitberuͤhmte Herꝛ D. Joh. Jac.
Wepfferus in Hiſtoriâ Cicutæ aquaticæ
weit-
laͤuffig und gruͤndlich beweiſet. Jſt derhal-
ben ein gantz ſchaͤdlich und toͤdtlich Kraut/
ſo man es innerlich gebraucht. Er traͤgt bil-
lich den tyranniſchen Namen Wuͤtrich/ denn
[Spaltenumbruch] die Athenienſer haben den Philoſophum So-
cratem
mit Schirlingſafft getoͤdet. Matthio-
lus
und Tragus haben wargenommen/ daß
etliche Schirling-wurtzel fuͤr Peſtenach ge-
eſſen/ welche entweder geſtorben/ oder doll
und unſinnig darvon worden. Ferners gibt
die erfahrung/ wenn die Gaͤnß von dem
Schirling eſſen/ fahen ſie an zu wuͤten. Jn
der Landſchafft Toſcana in Jtalien/ ſo die
Eſel vom Schirling eſſen/ fallen ſie umb/
und ſchlaffen ſo hart/ als waͤren ſie todt. Es
hat ſich nach dem bericht D. Matthioli auff
eine zeit begeben/ daß etliche Eſel auff dem
Feld alſo fuͤr todt gelegen ſind/ da ſolches et-
liche Bauren wargenommen/ und vermei-
net/ die Eſel waͤren geſtorben/ haben ſie ih-
nen die Haut abziehen wollen/ als ſie nun
dieſes ſchier halb vollendet/ erwachten die
Eſel vom ſchmertzen/ und die Bauern er-
ſchracken ſehr.

[Abbildung] Kleiner Schirling. Cicuta minor.

2. Man findet noch ein kleinere Art des
Schirlings/ welche mit dem Peterlein ſich
vergleichet/ daher ihne Theodorus Tabernæ-
montanus
Gleiß- oder Hunds-peterlein nen-
net; Petroſelinum caninum, Tab. Cicuta mi-
nor Petroſelino ſimilis, C. B. Cicutaria Apii fo-
lio. J. B.
Er hat ein ſpannen-lange wurtzel/
der Peterlein-wurtzen aͤhnlich/ iſt aber klei-
ner/ und gibt einen unlieblichen geruch von
ſich. Die blaͤtter ſind dem Peterlein alſo
gleich/ daß man ſie kaum von einander un-
terſcheiden kan/ außgenom̃en daß der Gleiß
ſattgruͤne und uͤbelriechende/ hingegen der
Peterlein liecht-gruͤne und wolriechende
blaͤtter hat. Es gewinnet der Gleiß auch ei-
nen runden ſtengel/ welcher im erſten Jahr
ſeine weiſſe bluͤmlein auff den kroͤnlein oder
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[905/0921] Von den Kraͤuteren. [Abbildung Groſſer Schirling. Cicuta major. ] Geſchlecht und Geſtalt. 1. Der groſſe Schirling/ Cicuta major, C. B. Cicuta Veteribus & Neotericis, J. B. hat ein ſtengel mit vielen knoden/ iſt etwan 7. ſchuh lang/ ſchier wie des Fenchels/ und inwen- dig hol. Die blaͤtter vergleichen ſich dem Kerffel-kraut/ ſind ſchwartz-gruͤn/ zinne- licht/ mit vielen ſchnitten zerſpalten/ am ge- ruch ſtarck und ſtinckend/ bißweilen werden ſie breiter/ zu zeiten aber duͤñer oder ſchmaͤler. Jn der hoͤhe gewinnet er viel nebenzweig- lein/ die tragen weiſſe gekroͤnte blumen wie der Aniß. So iſt auch der Samen dem A- niß nicht unaͤhnlich/ doch weiſſer und eines boͤſen geſchmacks. Die Wurtzel iſt lang/ ſchlecht wie der Peſtnachen/ und riecht uͤbel. Das Kraut bluͤhet gegen dem Heumonat/ waͤchßt allenthalben gern/ ſonderlich an un- gebauten orten/ hinder den zaͤunen/ in den kuͤhlen ſchattichten zwingern/ und alten ver- fallenen Mauren unter den unkraͤutern. Waͤchßt allhier zu Baſel inner der Statt- mauren bey dem Steinen-thor/ und neben den waͤnden der gaͤrten/ zwiſchen der Neuen- und St. Johanns-Vorſtabt/ wie auch an dem Weg der Cliben/ und bey dem Hauß Michelfelden. Man findet ihn haͤuffig in Baͤyeren umb Landshut/ wie auch an der Schweitz bey Keyſerſtuhl/ den allda nechſten Flecken und Doͤrfferen/ welche an dem Rhein ligen. Eigenſchafft und Gebrauch. Der Schirling erhitzet ſehr/ fuͤhret ein recht etzend-ſcharffes oͤlichtes Saltz/ wie ſol- ches der weitberuͤhmte Herꝛ D. Joh. Jac. Wepfferus in Hiſtoriâ Cicutæ aquaticæ weit- laͤuffig und gruͤndlich beweiſet. Jſt derhal- ben ein gantz ſchaͤdlich und toͤdtlich Kraut/ ſo man es innerlich gebraucht. Er traͤgt bil- lich den tyranniſchen Namen Wuͤtrich/ denn die Athenienſer haben den Philoſophum So- cratem mit Schirlingſafft getoͤdet. Matthio- lus und Tragus haben wargenommen/ daß etliche Schirling-wurtzel fuͤr Peſtenach ge- eſſen/ welche entweder geſtorben/ oder doll und unſinnig darvon worden. Ferners gibt die erfahrung/ wenn die Gaͤnß von dem Schirling eſſen/ fahen ſie an zu wuͤten. Jn der Landſchafft Toſcana in Jtalien/ ſo die Eſel vom Schirling eſſen/ fallen ſie umb/ und ſchlaffen ſo hart/ als waͤren ſie todt. Es hat ſich nach dem bericht D. Matthioli auff eine zeit begeben/ daß etliche Eſel auff dem Feld alſo fuͤr todt gelegen ſind/ da ſolches et- liche Bauren wargenommen/ und vermei- net/ die Eſel waͤren geſtorben/ haben ſie ih- nen die Haut abziehen wollen/ als ſie nun dieſes ſchier halb vollendet/ erwachten die Eſel vom ſchmertzen/ und die Bauern er- ſchracken ſehr. [Abbildung Kleiner Schirling. Cicuta minor. ] 2. Man findet noch ein kleinere Art des Schirlings/ welche mit dem Peterlein ſich vergleichet/ daher ihne Theodorus Tabernæ- montanus Gleiß- oder Hunds-peterlein nen- net; Petroſelinum caninum, Tab. Cicuta mi- nor Petroſelino ſimilis, C. B. Cicutaria Apii fo- lio. J. B. Er hat ein ſpannen-lange wurtzel/ der Peterlein-wurtzen aͤhnlich/ iſt aber klei- ner/ und gibt einen unlieblichen geruch von ſich. Die blaͤtter ſind dem Peterlein alſo gleich/ daß man ſie kaum von einander un- terſcheiden kan/ außgenom̃en daß der Gleiß ſattgruͤne und uͤbelriechende/ hingegen der Peterlein liecht-gruͤne und wolriechende blaͤtter hat. Es gewinnet der Gleiß auch ei- nen runden ſtengel/ welcher im erſten Jahr ſeine weiſſe bluͤmlein auff den kroͤnlein oder dolden wie der Peterlein bringet/ darauff ein laͤnglichter ſamen wie der Kuͤmmel nach- folget: da unterdeſſen der Peterlein erſt im zweyten Jahr zum ſtengel auffſchießt/ und ſeine Y y y y y

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Zitationshilfe: Mattioli, Pietro Andrea: Theatrvm Botanicvm, Das ist: Neu Vollkommenes Kräuter-Buch (Übers. Theodor Zwinger). Basel, 1690, S. 905. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zwinger_theatrum_1690/921>, abgerufen am 22.11.2024.