Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl’s wundersame Geschichte. In: Adelbert von Chamisso's Werke. Bd. 4. Leipzig, 1836. S. 225-327.und sagte: "Bleiben Sie hier, lieber Freund, nachher Ich schlich hinterher, ohne Jemandem beschwerlich zu Wir hatten den Rosenhain erreicht. Die schöne Fanny, und ſagte: 〟Bleiben Sie hier, lieber Freund, nachher Ich ſchlich hinterher, ohne Jemandem beſchwerlich zu Wir hatten den Roſenhain erreicht. Die ſchoͤne Fanny, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="1"> <p><pb facs="#f0021" n="239"/> und ſagte: 〟Bleiben Sie hier, lieber Freund, nachher<lb/> hab’ ich vielleicht Zeit, Ihnen zu ſagen, was ich hiezu<lb/> denke,〞 er deutete auf den Brief, den er ſodann einſteckte,<lb/> und wandte ſich wieder zu der Geſellſchaft. — Er bot einer<lb/> jungen Dame den Arm, andere Herren bemuͤhten ſich um<lb/> andere Schoͤnen, es fand ſich, was ſich paßte, und man<lb/> wallte dem roſenumbluͤhten Huͤgel zu.</p><lb/> <p>Ich ſchlich hinterher, ohne Jemandem beſchwerlich zu<lb/> fallen, denn keine Seele bekuͤmmerte ſich weiter um mich.<lb/> Die Geſellſchaft war ſehr aufgeraͤumt, es ward getaͤn-<lb/> delt und geſcherzt, man ſprach zuweilen von leichtſinnigen<lb/> Dingen wichtig, von wichtigen oͤfters leichtſinnig, und ge-<lb/> maͤchlich erging beſonders der Witz uͤber abweſende Freunde<lb/> und deren Verhaͤltniſſe. Ich war da zu fremd, um von<lb/> alle dem Vieles zu verſtehen, zu bekuͤmmert und in mich<lb/> gekehrt, um den Sinn auf ſolche Raͤthſel zu haben.</p><lb/> <p>Wir hatten den Roſenhain erreicht. Die ſchoͤne <hi rendition="#g">Fanny</hi>,<lb/> wie es ſchien, die Herrin des Tages, wollte aus Eigenſinn<lb/> einen bluͤhenden Zweig ſelbſt brechen, ſie verletzte ſich an<lb/> einem Dorn, und wie von den dunkeln Roſen, floß Pur-<lb/> pur auf ihre zarte Hand. Dieſes Ereigniß brachte die<lb/> ganze Geſellſchaft in Bewegung. Es wurde Engliſch Pfla-<lb/> ſter geſucht. Ein ſtiller, duͤnner, hag’rer, laͤnglichter, aͤlt-<lb/> licher Mann, der neben mitging, und den ich noch nicht<lb/> bemerkt hatte, ſteckte ſogleich die Hand in die knapp an-<lb/> liegende Schooßtaſche ſeines altfraͤnkiſchen, grautaffentnen<lb/> Rockes, brachte eine kleine Brieftaſche daraus hervor, oͤff-<lb/> nete ſie, und reichte der Dame mit devoter Verbeugung<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [239/0021]
und ſagte: 〟Bleiben Sie hier, lieber Freund, nachher
hab’ ich vielleicht Zeit, Ihnen zu ſagen, was ich hiezu
denke,〞 er deutete auf den Brief, den er ſodann einſteckte,
und wandte ſich wieder zu der Geſellſchaft. — Er bot einer
jungen Dame den Arm, andere Herren bemuͤhten ſich um
andere Schoͤnen, es fand ſich, was ſich paßte, und man
wallte dem roſenumbluͤhten Huͤgel zu.
Ich ſchlich hinterher, ohne Jemandem beſchwerlich zu
fallen, denn keine Seele bekuͤmmerte ſich weiter um mich.
Die Geſellſchaft war ſehr aufgeraͤumt, es ward getaͤn-
delt und geſcherzt, man ſprach zuweilen von leichtſinnigen
Dingen wichtig, von wichtigen oͤfters leichtſinnig, und ge-
maͤchlich erging beſonders der Witz uͤber abweſende Freunde
und deren Verhaͤltniſſe. Ich war da zu fremd, um von
alle dem Vieles zu verſtehen, zu bekuͤmmert und in mich
gekehrt, um den Sinn auf ſolche Raͤthſel zu haben.
Wir hatten den Roſenhain erreicht. Die ſchoͤne Fanny,
wie es ſchien, die Herrin des Tages, wollte aus Eigenſinn
einen bluͤhenden Zweig ſelbſt brechen, ſie verletzte ſich an
einem Dorn, und wie von den dunkeln Roſen, floß Pur-
pur auf ihre zarte Hand. Dieſes Ereigniß brachte die
ganze Geſellſchaft in Bewegung. Es wurde Engliſch Pfla-
ſter geſucht. Ein ſtiller, duͤnner, hag’rer, laͤnglichter, aͤlt-
licher Mann, der neben mitging, und den ich noch nicht
bemerkt hatte, ſteckte ſogleich die Hand in die knapp an-
liegende Schooßtaſche ſeines altfraͤnkiſchen, grautaffentnen
Rockes, brachte eine kleine Brieftaſche daraus hervor, oͤff-
nete ſie, und reichte der Dame mit devoter Verbeugung
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