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Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl’s wundersame Geschichte. In: Adelbert von Chamisso's Werke. Bd. 4. Leipzig, 1836. S. 225-327.

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Der schnell sich aufrichtende Mann, sich sogleich nach
seinem beglückten Bezwinger umsehend, erblickte auf der
weiten sonnigen Ebene weder ihn, noch dessen Schatten,
nach dem er besonders ängstlich umher lauschte. Denn
daß ich an und für mich schattenlos war, hatte er vorher
nicht Muße gehabt zu bemerken, und konnte es nicht ver-
muthen. Als er sich überzeugt, daß jede Spur verschwun-
den, kehrte er in der höchsten Verzweiflung die Hand gegen
sich selber und raufte sich das Haar aus. Mir aber gab
der errungene Schatz die Möglichkeit und die Begierde
zugleich, mich wieder unter die Menschen zu mischen. Es
fehlte mir nicht an Vorwand gegen mich selber, meinen
schnöden Raub zu beschönigen, oder vielmehr, ich bedurfte
solches nicht, und jedem Gedanken der Art zu entweichen
eilte ich hinweg, nach dem Unglücklichen nicht zurückschauend,
dessen ängstliche Stimme ich mir noch lange nachschallen
hörte. So wenigstens kamen mir damals alle Umstände
dieses Ereignisses vor.

Ich brannte nach dem Förstergarten zu gehen, und
durch mich selbst die Wahrheit dessen zu erkennen, was
mir jener Verhaßte verkündigt hatte; ich wußte aber nicht,
wo ich war, ich bestieg, um mich in der Gegend umzu-
schauen, den nächsten Hügel, ich sah von seinem Gipfel
das nahe Städtchen und den Förstergarten zu meinen
Füßen liegen. -- Heftig klopfte mir das Herz, und Thrä-
nen einer andern Art, als die ich bis dahin vergossen,
traten mir in die Augen: ich sollte sie wiedersehen. --
Bange Sehnsucht beschleunigte meine Schritte auf dem

Chamisso's Schriften. IV. 13

Der ſchnell ſich aufrichtende Mann, ſich ſogleich nach
ſeinem begluͤckten Bezwinger umſehend, erblickte auf der
weiten ſonnigen Ebene weder ihn, noch deſſen Schatten,
nach dem er beſonders aͤngſtlich umher lauſchte. Denn
daß ich an und fuͤr mich ſchattenlos war, hatte er vorher
nicht Muße gehabt zu bemerken, und konnte es nicht ver-
muthen. Als er ſich uͤberzeugt, daß jede Spur verſchwun-
den, kehrte er in der hoͤchſten Verzweiflung die Hand gegen
ſich ſelber und raufte ſich das Haar aus. Mir aber gab
der errungene Schatz die Moͤglichkeit und die Begierde
zugleich, mich wieder unter die Menſchen zu miſchen. Es
fehlte mir nicht an Vorwand gegen mich ſelber, meinen
ſchnoͤden Raub zu beſchoͤnigen, oder vielmehr, ich bedurfte
ſolches nicht, und jedem Gedanken der Art zu entweichen
eilte ich hinweg, nach dem Ungluͤcklichen nicht zuruͤckſchauend,
deſſen aͤngſtliche Stimme ich mir noch lange nachſchallen
hoͤrte. So wenigſtens kamen mir damals alle Umſtaͤnde
dieſes Ereigniſſes vor.

Ich brannte nach dem Foͤrſtergarten zu gehen, und
durch mich ſelbſt die Wahrheit deſſen zu erkennen, was
mir jener Verhaßte verkuͤndigt hatte; ich wußte aber nicht,
wo ich war, ich beſtieg, um mich in der Gegend umzu-
ſchauen, den naͤchſten Huͤgel, ich ſah von ſeinem Gipfel
das nahe Staͤdtchen und den Foͤrſtergarten zu meinen
Fuͤßen liegen. — Heftig klopfte mir das Herz, und Thraͤ-
nen einer andern Art, als die ich bis dahin vergoſſen,
traten mir in die Augen: ich ſollte ſie wiederſehen. —
Bange Sehnſucht beſchleunigte meine Schritte auf dem

Chamiſſo’s Schriften. IV. 13
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[289/0077] Der ſchnell ſich aufrichtende Mann, ſich ſogleich nach ſeinem begluͤckten Bezwinger umſehend, erblickte auf der weiten ſonnigen Ebene weder ihn, noch deſſen Schatten, nach dem er beſonders aͤngſtlich umher lauſchte. Denn daß ich an und fuͤr mich ſchattenlos war, hatte er vorher nicht Muße gehabt zu bemerken, und konnte es nicht ver- muthen. Als er ſich uͤberzeugt, daß jede Spur verſchwun- den, kehrte er in der hoͤchſten Verzweiflung die Hand gegen ſich ſelber und raufte ſich das Haar aus. Mir aber gab der errungene Schatz die Moͤglichkeit und die Begierde zugleich, mich wieder unter die Menſchen zu miſchen. Es fehlte mir nicht an Vorwand gegen mich ſelber, meinen ſchnoͤden Raub zu beſchoͤnigen, oder vielmehr, ich bedurfte ſolches nicht, und jedem Gedanken der Art zu entweichen eilte ich hinweg, nach dem Ungluͤcklichen nicht zuruͤckſchauend, deſſen aͤngſtliche Stimme ich mir noch lange nachſchallen hoͤrte. So wenigſtens kamen mir damals alle Umſtaͤnde dieſes Ereigniſſes vor. Ich brannte nach dem Foͤrſtergarten zu gehen, und durch mich ſelbſt die Wahrheit deſſen zu erkennen, was mir jener Verhaßte verkuͤndigt hatte; ich wußte aber nicht, wo ich war, ich beſtieg, um mich in der Gegend umzu- ſchauen, den naͤchſten Huͤgel, ich ſah von ſeinem Gipfel das nahe Staͤdtchen und den Foͤrſtergarten zu meinen Fuͤßen liegen. — Heftig klopfte mir das Herz, und Thraͤ- nen einer andern Art, als die ich bis dahin vergoſſen, traten mir in die Augen: ich ſollte ſie wiederſehen. — Bange Sehnſucht beſchleunigte meine Schritte auf dem Chamiſſo’s Schriften. IV. 13

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Zitationshilfe: Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl’s wundersame Geschichte. In: Adelbert von Chamisso's Werke. Bd. 4. Leipzig, 1836. S. 225-327, S. 289. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/19_ZZ_2749/77>, abgerufen am 23.11.2024.