Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl’s wundersame Geschichte. In: Adelbert von Chamisso's Werke. Bd. 4. Leipzig, 1836. S. 225-327.ich in der Welt, kraft meines Seckels, ausführen würde, "Sie scheinen, mein Herr, zu vergessen, daß ich Ihnen "Sie können mich nicht leiden, mein Herr, Sie hassen ich in der Welt, kraft meines Seckels, ausfuͤhren wuͤrde, 〟Sie ſcheinen, mein Herr, zu vergeſſen, daß ich Ihnen 〟Sie koͤnnen mich nicht leiden, mein Herr, Sie haſſen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="1"> <p><pb facs="#f0094" n="306"/> ich in der Welt, kraft meines Seckels, ausfuͤhren wuͤrde,<lb/> wenn ich erſt meinen Schatten wieder in meiner Gewalt<lb/> haͤtte. Die Ellenbogen auf die Knie geſtuͤtzt, hielt ich<lb/> mein Geſicht in meinen Haͤnden verborgen und hoͤrte dem<lb/> Falſchen zu, das Herz zwiefach getheilt zwiſchen der Ver-<lb/> fuͤhrung und dem ſtrengen Willen in mir. Ich konnte<lb/> bei ſolchem innerlichen Zwieſpalt laͤnger nicht ausdauern,<lb/> und begann den entſcheidenden Kampf:</p><lb/> <p>〟Sie ſcheinen, mein Herr, zu vergeſſen, daß ich Ihnen<lb/> zwar erlaubt habe, unter gewiſſen Bedingungen in meiner<lb/> Begleitung zu bleiben, daß ich mir aber meine voͤllige Frei-<lb/> heit vorbehalten habe.〞 — 〟Wenn Sie befehlen, ſo pack’<lb/> ich ein.〞 Die Drohung war ihm gelaͤufig. Ich ſchwieg;<lb/> er ſetzte ſich gleich daran, meinen Schatten wieder zuſam-<lb/> menzurollen. Ich erblaßte, aber ich ließ es ſtumm geſche-<lb/> hen. Es erfolgte ein langes Stillſchweigen. Er nahm<lb/> zuerſt das Wort:</p><lb/> <p>〟Sie koͤnnen mich nicht leiden, mein Herr, Sie haſſen<lb/> mich, ich weiß es; doch warum haſſen Sie mich? Iſt es<lb/> etwa, weil Sie mich auf oͤffentlicher Straße angefallen,<lb/> und mir mein Vogelneſt mit Gewalt zu rauben gemeint?<lb/> oder iſt es darum, daß Sie mein Gut, den Schatten,<lb/> den Sie Ihrer bloßen Ehrlichkeit anvertraut glaubten, mir<lb/> diebiſcher Weiſe zu entwenden geſucht haben? Ich meiner-<lb/> ſeits haſſe Sie darum nicht; ich finde ganz natuͤrlich, daß<lb/> Sie alle Ihre Vortheile, Liſt und Gewalt geltend zu ma-<lb/> chen ſuchen; daß Sie uͤbrigens die allerſtrengſten Grund-<lb/> ſaͤtze haben und wie die Ehrlichkeit ſelbſt denken, iſt eine<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [306/0094]
ich in der Welt, kraft meines Seckels, ausfuͤhren wuͤrde,
wenn ich erſt meinen Schatten wieder in meiner Gewalt
haͤtte. Die Ellenbogen auf die Knie geſtuͤtzt, hielt ich
mein Geſicht in meinen Haͤnden verborgen und hoͤrte dem
Falſchen zu, das Herz zwiefach getheilt zwiſchen der Ver-
fuͤhrung und dem ſtrengen Willen in mir. Ich konnte
bei ſolchem innerlichen Zwieſpalt laͤnger nicht ausdauern,
und begann den entſcheidenden Kampf:
〟Sie ſcheinen, mein Herr, zu vergeſſen, daß ich Ihnen
zwar erlaubt habe, unter gewiſſen Bedingungen in meiner
Begleitung zu bleiben, daß ich mir aber meine voͤllige Frei-
heit vorbehalten habe.〞 — 〟Wenn Sie befehlen, ſo pack’
ich ein.〞 Die Drohung war ihm gelaͤufig. Ich ſchwieg;
er ſetzte ſich gleich daran, meinen Schatten wieder zuſam-
menzurollen. Ich erblaßte, aber ich ließ es ſtumm geſche-
hen. Es erfolgte ein langes Stillſchweigen. Er nahm
zuerſt das Wort:
〟Sie koͤnnen mich nicht leiden, mein Herr, Sie haſſen
mich, ich weiß es; doch warum haſſen Sie mich? Iſt es
etwa, weil Sie mich auf oͤffentlicher Straße angefallen,
und mir mein Vogelneſt mit Gewalt zu rauben gemeint?
oder iſt es darum, daß Sie mein Gut, den Schatten,
den Sie Ihrer bloßen Ehrlichkeit anvertraut glaubten, mir
diebiſcher Weiſe zu entwenden geſucht haben? Ich meiner-
ſeits haſſe Sie darum nicht; ich finde ganz natuͤrlich, daß
Sie alle Ihre Vortheile, Liſt und Gewalt geltend zu ma-
chen ſuchen; daß Sie uͤbrigens die allerſtrengſten Grund-
ſaͤtze haben und wie die Ehrlichkeit ſelbſt denken, iſt eine
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