Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl’s wundersame Geschichte. Nürnberg, 1835.glitten ein Menschenschatten, dem meinigen nicht Da erwachte in mir ein mächtiger Trieb: Der Schatten, auf meine Bewegung, nahm glitten ein Menſchenſchatten, dem meinigen nicht Da erwachte in mir ein mächtiger Trieb: Der Schatten, auf meine Bewegung, nahm <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0100" n="88"/> glitten ein Menſchenſchatten, dem meinigen nicht<lb/> unähnlich, welcher, allein daher wandelnd, von<lb/> ſeinem Herrn abgekommen zu ſein ſchien.</p><lb/> <p>Da erwachte in mir ein mächtiger Trieb:<lb/> Schatten, dacht’ ich, ſuchſt du deinen Herrn? der<lb/> will ich ſein. Und ich ſprang hinzu, mich ſeiner<lb/> zu bemächtigen; ich dachte nämlich, daß, wenn es<lb/> mir glückte, in ſeine Spur zu treten, ſo, daß er<lb/> mir an die Füße käme, er wohl daran hängen<lb/> bleiben würde, und ſich mit der Zeit an mich ge-<lb/> wöhnen.</p><lb/> <p>Der Schatten, auf meine Bewegung, nahm<lb/> vor mir die Flucht, und ich mußte auf den leichten<lb/> Flüchtling eine angeſtrengte Jagd beginnen, zu<lb/> der mich allein der Gedanke, mich aus der furcht-<lb/> baren Lage, in der ich war, zu retten, mit hin-<lb/> reichenden Kräften ausrüſten konnte. Er floh ei-<lb/> nem freilich noch entfernten Walde zu, in deſſen<lb/> Schatten ich ihn nothwendig hätte verlieren müſ-<lb/> ſen, — ich ſah’s, ein Schreck durchzuckte mir das<lb/> Herz, fachte meine Begierde an, beflügelte mei-<lb/> nen Lauf — ich gewann ſichtbarlich auf den Schat-<lb/> ten, ich kam ihm nach und nach näher, ich mußte<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [88/0100]
glitten ein Menſchenſchatten, dem meinigen nicht
unähnlich, welcher, allein daher wandelnd, von
ſeinem Herrn abgekommen zu ſein ſchien.
Da erwachte in mir ein mächtiger Trieb:
Schatten, dacht’ ich, ſuchſt du deinen Herrn? der
will ich ſein. Und ich ſprang hinzu, mich ſeiner
zu bemächtigen; ich dachte nämlich, daß, wenn es
mir glückte, in ſeine Spur zu treten, ſo, daß er
mir an die Füße käme, er wohl daran hängen
bleiben würde, und ſich mit der Zeit an mich ge-
wöhnen.
Der Schatten, auf meine Bewegung, nahm
vor mir die Flucht, und ich mußte auf den leichten
Flüchtling eine angeſtrengte Jagd beginnen, zu
der mich allein der Gedanke, mich aus der furcht-
baren Lage, in der ich war, zu retten, mit hin-
reichenden Kräften ausrüſten konnte. Er floh ei-
nem freilich noch entfernten Walde zu, in deſſen
Schatten ich ihn nothwendig hätte verlieren müſ-
ſen, — ich ſah’s, ein Schreck durchzuckte mir das
Herz, fachte meine Begierde an, beflügelte mei-
nen Lauf — ich gewann ſichtbarlich auf den Schat-
ten, ich kam ihm nach und nach näher, ich mußte
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