Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl’s wundersame Geschichte. Nürnberg, 1835.ben. Ich überdachte den befremdeten Antrag und Der Tag verging. Ich stillte meinen Hun- Ich befand mich am Morgen des vierten auf ben. Ich überdachte den befremdeten Antrag und Der Tag verging. Ich ſtillte meinen Hun- Ich befand mich am Morgen des vierten auf <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0099" n="87"/> ben. Ich überdachte den befremdeten Antrag und<lb/> meine Weigerung. Es war wüſt in mir, ich hatte<lb/> weder Urtheil noch Faſſungsvermögen mehr.</p><lb/> <p>Der Tag verging. Ich ſtillte meinen Hun-<lb/> ger mit wilden Früchten, meinen Durſt im näch-<lb/> ſten Bergſtrom; die Nacht brach ein, ich lagerte<lb/> mich unter einem Baum. Der feuchte Morgen<lb/> weckte mich aus einem ſchweren Schlaf, in dem<lb/> ich mich ſelber wie im Tode röcheln hörte. <hi rendition="#g">Ben-<lb/> del</hi> mußte meine Spur verloren haben, und es<lb/> freute mich, es zu denken. Ich wollte nicht un-<lb/> ter die Menſchen zurückkehren, vor welchen ich<lb/> ſchreckhaft floh, wie das ſcheue Wild des Gebir-<lb/> ges. So verlebte ich drei bange Tage.</p><lb/> <p>Ich befand mich am Morgen des vierten auf<lb/> einer ſandigen Ebene, welche die Sonne beſchien,<lb/> und ſaß auf Felſentrümmern in ihrem Strahl,<lb/> denn ich liebte jetzt, ihren lang’ entbehrten An-<lb/> blick zu genießen. Ich nährte ſtill mein Herz<lb/> mit ſeiner Verzweiflung. Da ſchreckte mich ein<lb/> leiſes Geräuſch auf, ich warf, zur Flucht bereit,<lb/> den Blick um mich her, ich ſah Niemand: aber es<lb/> kam auf dem ſonnigen Sande an mir vorbei ge-<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [87/0099]
ben. Ich überdachte den befremdeten Antrag und
meine Weigerung. Es war wüſt in mir, ich hatte
weder Urtheil noch Faſſungsvermögen mehr.
Der Tag verging. Ich ſtillte meinen Hun-
ger mit wilden Früchten, meinen Durſt im näch-
ſten Bergſtrom; die Nacht brach ein, ich lagerte
mich unter einem Baum. Der feuchte Morgen
weckte mich aus einem ſchweren Schlaf, in dem
ich mich ſelber wie im Tode röcheln hörte. Ben-
del mußte meine Spur verloren haben, und es
freute mich, es zu denken. Ich wollte nicht un-
ter die Menſchen zurückkehren, vor welchen ich
ſchreckhaft floh, wie das ſcheue Wild des Gebir-
ges. So verlebte ich drei bange Tage.
Ich befand mich am Morgen des vierten auf
einer ſandigen Ebene, welche die Sonne beſchien,
und ſaß auf Felſentrümmern in ihrem Strahl,
denn ich liebte jetzt, ihren lang’ entbehrten An-
blick zu genießen. Ich nährte ſtill mein Herz
mit ſeiner Verzweiflung. Da ſchreckte mich ein
leiſes Geräuſch auf, ich warf, zur Flucht bereit,
den Blick um mich her, ich ſah Niemand: aber es
kam auf dem ſonnigen Sande an mir vorbei ge-
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