Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl’s wundersame Geschichte. Nürnberg, 1835.Die Mutter kam hinzu, die glücklichen Leute Am nächsten Abend ging ich wieder nach dem Nun fand ich sie öfters in Thränen; mir Die Mutter kam hinzu, die glücklichen Leute Am nächſten Abend ging ich wieder nach dem Nun fand ich ſie öfters in Thränen; mir <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0080" n="70"/> <p>Die Mutter kam hinzu, die glücklichen Leute<lb/> drangen in mich, den Abend länger unter ihnen<lb/> zu bleiben; ich durfte keine Minute weilen: ich<lb/> ſah ſchon den aufgehenden Mond am Horizonte<lb/> dämmern. — Meine Zeit war um. —</p><lb/> <p>Am nächſten Abend ging ich wieder nach dem<lb/> Förſtergarten. Ich hatte den Mantel weit über<lb/> die Schulter geworfen, den Hut tief in die Au-<lb/> gen gedrückt, ich ging auf <hi rendition="#g">Mina</hi> zu; wie ſie auf-<lb/> ſah, und mich anblickte, machte ſie eine unwill-<lb/> kührliche Bewegung; da ſtand mir wieder klar vor<lb/> der Seele die Erſcheinung jener ſchaurigen Nacht,<lb/> wo ich mich im Mondſchein ohne Schatten ge-<lb/> zeigt. Sie war es wirklich. Hatte ſie mich aber<lb/> auch jetzt erkannt? Sie war ſtill und gedanken-<lb/> voll — mir lag es zentnerſchwer auf der Bruſt —<lb/> Ich ſtand von meinem Sitz auf. Sie warf ſich<lb/> ſtille weinend an meine Bruſt. Ich ging.</p><lb/> <p>Nun fand ich ſie öfters in Thränen; mir<lb/> ward’s finſter und finſterer um die Seele, —<lb/> nur die Eltern ſchwammen in unüberſchwengli-<lb/> cher Glückſeligkeit; der verhängnißvolle Tag rückte<lb/> heran, bang und dumpf, wie eine Gewitter-<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [70/0080]
Die Mutter kam hinzu, die glücklichen Leute
drangen in mich, den Abend länger unter ihnen
zu bleiben; ich durfte keine Minute weilen: ich
ſah ſchon den aufgehenden Mond am Horizonte
dämmern. — Meine Zeit war um. —
Am nächſten Abend ging ich wieder nach dem
Förſtergarten. Ich hatte den Mantel weit über
die Schulter geworfen, den Hut tief in die Au-
gen gedrückt, ich ging auf Mina zu; wie ſie auf-
ſah, und mich anblickte, machte ſie eine unwill-
kührliche Bewegung; da ſtand mir wieder klar vor
der Seele die Erſcheinung jener ſchaurigen Nacht,
wo ich mich im Mondſchein ohne Schatten ge-
zeigt. Sie war es wirklich. Hatte ſie mich aber
auch jetzt erkannt? Sie war ſtill und gedanken-
voll — mir lag es zentnerſchwer auf der Bruſt —
Ich ſtand von meinem Sitz auf. Sie warf ſich
ſtille weinend an meine Bruſt. Ich ging.
Nun fand ich ſie öfters in Thränen; mir
ward’s finſter und finſterer um die Seele, —
nur die Eltern ſchwammen in unüberſchwengli-
cher Glückſeligkeit; der verhängnißvolle Tag rückte
heran, bang und dumpf, wie eine Gewitter-
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