Seilerus, Tobias: THRENOLOGIA. Christliche Leich vnd EhrenSermon, Bey dem Adelichen Leichbegengniß Der Edlen/ viel- Ehren Tugendtreichen Frawen Barbaræ/ gebornen Zettritzin. Leipzig, 1605.Christliche Leichpredigt. absolute mit natürlichen Augen an/ O so ist er schrecklichanzusehen/ hat lange Schenckel/ gelbbleckende Zeene/ ei- nen spitzigen Stachel/ vnnd scharffe Todtensichel/ da scheiden sich die besten Freunde Leib vnd Seel: auß dem Gehirn wechset eine gifftige Kröte: aus dem Rücken- grad eine Schlange: alle Knochen werden puluersiret vnnd zersplittert: Aber wann man den Todt ansiehet relatiue durch die Geistliche Perspectiuam, das ist/ durch die allerheiligste auffgespaltene Seite vnd Blut- fliessende Wunden Jesu Christi/ O so wird er so wun- derlieblich Metamorphosiret vnd geendert/ das er eine gantz freundliche gestalt bekompt. Dannher Lutherus kurtz für seinem Tode/ einem gu- Chrysostomus nimpt für sich die grossen Heiligen/ lischen E iij
Chriſtliche Leichpredigt. abſolutè mit natuͤrlichen Augẽ an/ O ſo iſt er ſchrecklichanzuſehen/ hat lange Schenckel/ gelbbleckende Zeene/ ei- nen ſpitzigen Stachel/ vnnd ſcharffe Todtenſichel/ da ſcheiden ſich die beſten Freunde Leib vnd Seel: auß dem Gehirn wechſet eine gifftige Kroͤte: aus dem Ruͤcken- grad eine Schlange: alle Knochen werden puluerſiret vnnd zerſplittert: Aber wann man den Todt anſiehet relatiuè durch die Geiſtliche Perſpectiuam, das iſt/ durch die allerheiligſte auffgeſpaltene Seite vnd Blut- flieſſende Wunden Jeſu Chriſti/ O ſo wird er ſo wun- derlieblich Metamorphoſiret vnd geendert/ das er eine gantz freundliche geſtalt bekompt. Dannher Lutherus kurtz fuͤr ſeinem Tode/ einem gu- Chryſoſtomus nimpt fuͤr ſich die groſſen Heiligen/ liſchen E iij
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Chriſtliche Leichpredigt.
abſolutè mit natuͤrlichen Augẽ an/ O ſo iſt er ſchrecklich
anzuſehen/ hat lange Schenckel/ gelbbleckende Zeene/ ei-
nen ſpitzigen Stachel/ vnnd ſcharffe Todtenſichel/ da
ſcheiden ſich die beſten Freunde Leib vnd Seel: auß dem
Gehirn wechſet eine gifftige Kroͤte: aus dem Ruͤcken-
grad eine Schlange: alle Knochen werden puluerſiret
vnnd zerſplittert: Aber wann man den Todt anſiehet
relatiuè durch die Geiſtliche Perſpectiuam, das iſt/
durch die allerheiligſte auffgeſpaltene Seite vnd Blut-
flieſſende Wunden Jeſu Chriſti/ O ſo wird er ſo wun-
derlieblich Metamorphoſiret vnd geendert/ das er eine
gantz freundliche geſtalt bekompt.
Dannher Lutherus kurtz fuͤr ſeinem Tode/ einem gu-
ten Freunde/ vber dieſen Spruch/ dieſe troſtreiche wort
in ſein Stam̃buch geſchrieben: Wie vngleublich iſt doch
das geredt/ vnd wider die taͤgliche erfahrung/ dennoch
iſt es die Warheit/ wann ein Menſch mit ernſt Gottes
Wort betrachtet/ jhm gleubet vnd daruͤber einſchlefft
vnd ſtirbet ſo ſincket vnd fehret er dahin/ ehe er ſich des
Todes verſichet/ oder deſſelben gewahr wird/ vnd iſt ge-
wiß ſelig im Wort/ in deſſen gleubiger betrachtung er al-
ſo von hinnen gefahren iſt.
Chryſoſtomus nimpt fuͤr ſich die groſſen Heiligen/
Eliam/ Eliſæum/ Paulum/ Petrum/ vnd kan ſich vber
denſelbigen nicht gnugſam verwundern. Denn alſo
ſpricht er: Sancti mortuos excitârunt, & tamen ipſi
mori deſiderârunt. Jſt das nicht ein Wunder/ Elias/
Eliſæus/ Petrus vnd Paulus haben Todten aufferwe-
cket/ vnd haben doch ſelbſt nach dem Tode ein hertzlich
verlangen getragen. Warumb? wegen des edlen Him-
liſchen
E iij
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