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Hartmann, Adam Samuel: Der letzte Wille des Sohnes Gottes. Lissa, 1677.

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Christliche Leich-Predigt.
[Beginn Spaltensatz]

Unsere in GOtt ruhende Hoch-seelige Frau
von Canitzin
hatte die Weißheit von GOTT/
durch welche Sie im Glauben/ in der Hoffnung/
in der Liebe/ in Busse/ Gedult und gutten Wer-
cken Jhren Beruff und Gnaden-Wahl fest ge-
macht hat. Sie hatte hierauß eine Methodische/
innerliche/ ungezweiffelte Versicherung/ daß Sie
der Vater seinem Sohn gegeben hat/ daß Sie
daher ein Kind der Seligkeit sey/ und werde ewig-
lich bey Christo seyn. Was jhr Hertz und Seele
dachte/ das hat jhre Hand auffgeschrieben/ und
darumb diesen Leich-Text auffgezeichnet/ mit des-
sen kräfftigem Troste Sie die Welt gesegnet.

[Spaltenumbruch]

Qv. Ob ein Mensch der Gna-
den-Wahl oder der Erwehlung
könne gewiß versichert seyn?

Resp. Freylich. Wie hätte
sonst Petrus können vermahnen/
daß die Christen desto mehr Fleiß
thun/ jhren Beruff und Erweh-
lung fest zu machen/ 2. Petr. 1. 10.
Die Vernunfft sagt: Nemo te-
netur ad Impossibile.
Es we-
re wieder die Christliche Liebe/ je-
manden zu befehlen/ was Er nicht
thun kan.

Occ. Was hilffts aber einem/
daß Er seiner Gnaden-wahl oder
Erwehlung kan gewiß versichert
seyn? Mag und darff Er sich auch
[Ende Spaltensatz] versichern/ Er werde ewig in dem Stande bleiben/ und ein Kind des ewigen Lebens seyn?
Kan Er sich nicht tödtlich versündigen? Kan Jhn GOtt nicht außleschen und seinen Na-
men vertilgen auß dem Buche des Labens? Der heute ist ein Außerwehlter/ kan morgen ein
Verworffener werden.

Resp. Nein/ Nein! Non sunt Liturae in Libro Vitae. Jm Buche des Lebens sind
keine durch- oder außgestrichene Zeilen. GOtt bletbet wie ER gewesen ist. Bey Jhm ist keine
Veränderung. Hielt doch Pilatus über seiner Schrifft/ und wolte Sie nicht ändern/ und
GOtt solte das/ was Er in der Ewigkeit geschrieben hat/ in der Zeit ändern? Ey! der feste
Grund GOttes bestehet. 2. Tim. 2. Es were seiner ewigen Weißheit/ Gütte und Treu zum
höchsten nachtheilig/ wenn jemand wolte sagen: GOtt hat die Seinigen außerwehlt/ ehe denn
der Welt Grund gelegt war: Aber diese seine Gnaden-wahl war nicht beständig. Manchen
hat Er wieder verworffen/ in der Zeit/ weil Er etn Sünder war.

Obj. 1. Der HErr JEsus sagt: Behalte was du hast/ daß dir niemand deine Krone neh-
me/ Apoc. 3/ 11. Drauff spricht Augustinus: Si aliqvis potestaccipere, Tu potes
perdere.
Wie kan ein Außerwehlter seiner Gnaden-Wahl sicher seyn/ wenn ihm ein ander
kan seine Krohne nehmen?

Resp. Die Krone der äüsserlichen Bekäntnüß kan verlohren worden/ aber die Krone der
Gnaden-Wahl mit nichten. Eines außerweblten Kindes Gottes Seele ist eingebunden in
das Bündlein der Lebendigen/ und kan nicht verlohren werden/ 1. Sam. 25/ 29. Wo bltebe
mein Trost/ wenn Jch glaubte daß die Außerwehlten können verlohren werden? Vnd/ wie
könte mein HErr JEsus zu den Seinigen sagen: Seyd fröhlich daß Euere Nahmen im Him-
mel geschrieben sind. Luc. 10/20.

Obj. 2. Paulus nandte die Thessalonicher Electos, Außerwehlten. Man weiß gleich-
wol von Jhnen/ daß jhrer viel gefallen/ und verlohren gangen.

Resp.
E
Chriſtliche Leich-Predigt.
[Beginn Spaltensatz]

Unſere in GOtt ruhende Hoch-ſeelige Frau
von Canitzin
hatte die Weißheit von GOTT/
durch welche Sie im Glauben/ in der Hoffnung/
in der Liebe/ in Buſſe/ Gedult und gutten Wer-
cken Jhren Beruff und Gnaden-Wahl feſt ge-
macht hat. Sie hatte hierauß eine Methodiſche/
innerliche/ ungezweiffelte Verſicherung/ daß Sie
der Vater ſeinem Sohn gegeben hat/ daß Sie
daher ein Kind der Seligkeit ſey/ und werde ewig-
lich bey Chriſto ſeyn. Was jhr Hertz und Seele
dachte/ das hat jhre Hand auffgeſchrieben/ und
darumb dieſen Leich-Text auffgezeichnet/ mit deſ-
ſen kraͤfftigem Troſte Sie die Welt geſegnet.

[Spaltenumbruch]

Qv. Ob ein Menſch der Gna-
den-Wahl oder der Erwehlung
koͤnne gewiß verſichert ſeyn?

Reſp. Freylich. Wie haͤtte
ſonſt Petrus koͤnnen vermahnen/
daß die Chriſten deſto mehr Fleiß
thun/ jhren Beruff und Erweh-
lung feſt zu machen/ 2. Petr. 1. 10.
Die Vernunfft ſagt: Nemo te-
netur ad Imposſibile.
Es we-
re wieder die Chriſtliche Liebe/ je-
manden zu befehlen/ was Er nicht
thun kan.

Occ. Was hilffts aber einem/
daß Er ſeiner Gnaden-wahl oder
Erwehlung kan gewiß verſichert
ſeyn? Mag und darff Er ſich auch
[Ende Spaltensatz] verſichern/ Er werde ewig in dem Stande bleiben/ und ein Kind des ewigen Lebens ſeyn?
Kan Er ſich nicht toͤdtlich verſuͤndigen? Kan Jhn GOtt nicht außleſchen und ſeinen Na-
men vertilgen auß dem Buche des Labens? Der heute iſt ein Außerwehlter/ kan morgen ein
Verworffener werden.

Reſp. Nein/ Nein! Non ſunt Lituræ in Libro Vitæ. Jm Buche des Lebens ſind
keine durch- oder außgeſtrichene Zeilen. GOtt bletbet wie ER geweſen iſt. Bey Jhm iſt keine
Veraͤnderung. Hielt doch Pilatus uͤber ſeiner Schrifft/ und wolte Sie nicht aͤndern/ und
GOtt ſolte das/ was Er in der Ewigkeit geſchrieben hat/ in der Zeit aͤndern? Ey! der feſte
Grund GOttes beſtehet. 2. Tim. 2. Es were ſeiner ewigen Weißheit/ Guͤtte und Treu zum
hoͤchſten nachtheilig/ wenn jemand wolte ſagen: GOtt hat die Seinigen außerwehlt/ ehe denn
der Welt Grund gelegt war: Aber dieſe ſeine Gnaden-wahl war nicht beſtaͤndig. Manchen
hat Er wieder verworffen/ in der Zeit/ weil Er etn Suͤnder war.

Obj. 1. Der HErr JEſus ſagt: Behalte was du haſt/ daß dir niemand deine Krone neh-
me/ Apoc. 3/ 11. Drauff ſpricht Auguſtinus: Si aliqvis poteſtaccipere, Tu potes
perdere.
Wie kan ein Außerwehlter ſeiner Gnaden-Wahl ſicher ſeyn/ wenn ihm ein ander
kan ſeine Krohne nehmen?

Reſp. Die Krone der aͤuͤſſerlichen Bekaͤntnuͤß kan verlohren worden/ aber die Krone der
Gnaden-Wahl mit nichten. Eines außerweblten Kindes Gottes Seele iſt eingebunden in
das Buͤndlein der Lebendigen/ und kan nicht verlohren werden/ 1. Sam. 25/ 29. Wo bltebe
mein Troſt/ wenn Jch glaubte daß die Außerwehlten koͤnnen verlohren werden? Vnd/ wie
koͤnte mein HErr JEſus zu den Seinigen ſagen: Seyd froͤhlich daß Euere Nahmen im Him-
mel geſchrieben ſind. Luc. 10/20.

Obj. 2. Paulus nandte die Theſſalonicher Electos, Außerwehlten. Man weiß gleich-
wol von Jhnen/ daß jhrer viel gefallen/ und verlohren gangen.

Reſp.
E
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[33/0035] Chriſtliche Leich-Predigt. Unſere in GOtt ruhende Hoch-ſeelige Frau von Canitzin hatte die Weißheit von GOTT/ durch welche Sie im Glauben/ in der Hoffnung/ in der Liebe/ in Buſſe/ Gedult und gutten Wer- cken Jhren Beruff und Gnaden-Wahl feſt ge- macht hat. Sie hatte hierauß eine Methodiſche/ innerliche/ ungezweiffelte Verſicherung/ daß Sie der Vater ſeinem Sohn gegeben hat/ daß Sie daher ein Kind der Seligkeit ſey/ und werde ewig- lich bey Chriſto ſeyn. Was jhr Hertz und Seele dachte/ das hat jhre Hand auffgeſchrieben/ und darumb dieſen Leich-Text auffgezeichnet/ mit deſ- ſen kraͤfftigem Troſte Sie die Welt geſegnet. Qv. Ob ein Menſch der Gna- den-Wahl oder der Erwehlung koͤnne gewiß verſichert ſeyn? Reſp. Freylich. Wie haͤtte ſonſt Petrus koͤnnen vermahnen/ daß die Chriſten deſto mehr Fleiß thun/ jhren Beruff und Erweh- lung feſt zu machen/ 2. Petr. 1. 10. Die Vernunfft ſagt: Nemo te- netur ad Imposſibile. Es we- re wieder die Chriſtliche Liebe/ je- manden zu befehlen/ was Er nicht thun kan. Occ. Was hilffts aber einem/ daß Er ſeiner Gnaden-wahl oder Erwehlung kan gewiß verſichert ſeyn? Mag und darff Er ſich auch verſichern/ Er werde ewig in dem Stande bleiben/ und ein Kind des ewigen Lebens ſeyn? Kan Er ſich nicht toͤdtlich verſuͤndigen? Kan Jhn GOtt nicht außleſchen und ſeinen Na- men vertilgen auß dem Buche des Labens? Der heute iſt ein Außerwehlter/ kan morgen ein Verworffener werden. Reſp. Nein/ Nein! Non ſunt Lituræ in Libro Vitæ. Jm Buche des Lebens ſind keine durch- oder außgeſtrichene Zeilen. GOtt bletbet wie ER geweſen iſt. Bey Jhm iſt keine Veraͤnderung. Hielt doch Pilatus uͤber ſeiner Schrifft/ und wolte Sie nicht aͤndern/ und GOtt ſolte das/ was Er in der Ewigkeit geſchrieben hat/ in der Zeit aͤndern? Ey! der feſte Grund GOttes beſtehet. 2. Tim. 2. Es were ſeiner ewigen Weißheit/ Guͤtte und Treu zum hoͤchſten nachtheilig/ wenn jemand wolte ſagen: GOtt hat die Seinigen außerwehlt/ ehe denn der Welt Grund gelegt war: Aber dieſe ſeine Gnaden-wahl war nicht beſtaͤndig. Manchen hat Er wieder verworffen/ in der Zeit/ weil Er etn Suͤnder war. Obj. 1. Der HErr JEſus ſagt: Behalte was du haſt/ daß dir niemand deine Krone neh- me/ Apoc. 3/ 11. Drauff ſpricht Auguſtinus: Si aliqvis poteſtaccipere, Tu potes perdere. Wie kan ein Außerwehlter ſeiner Gnaden-Wahl ſicher ſeyn/ wenn ihm ein ander kan ſeine Krohne nehmen? Reſp. Die Krone der aͤuͤſſerlichen Bekaͤntnuͤß kan verlohren worden/ aber die Krone der Gnaden-Wahl mit nichten. Eines außerweblten Kindes Gottes Seele iſt eingebunden in das Buͤndlein der Lebendigen/ und kan nicht verlohren werden/ 1. Sam. 25/ 29. Wo bltebe mein Troſt/ wenn Jch glaubte daß die Außerwehlten koͤnnen verlohren werden? Vnd/ wie koͤnte mein HErr JEſus zu den Seinigen ſagen: Seyd froͤhlich daß Euere Nahmen im Him- mel geſchrieben ſind. Luc. 10/20. Obj. 2. Paulus nandte die Theſſalonicher Electos, Außerwehlten. Man weiß gleich- wol von Jhnen/ daß jhrer viel gefallen/ und verlohren gangen. Reſp. E

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Zitationshilfe: Hartmann, Adam Samuel: Der letzte Wille des Sohnes Gottes. Lissa, 1677, S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/354523/35>, abgerufen am 21.11.2024.