Kleiner, Johann Georg: Die doppelte Glückseligkeit der Gerechten. Brieg, 1722.Die doppelte Glückseligkeit dem höchsten GOtt, der Himmel und Erden besitzet, ichverlange nicht einen Faden noch Schuhriemen von dem Deinigen, daß du nicht sagen darffst, du habest Abram reich gemacht. Hierauf begab sichs nun/ daß das Wort des HERRN im Gesichte zu Abraham geschach: Fürchte dich nicht, Abram, ich bin dein Schild und dein sehr grosser Lohn. Es könte eines hierbey auf die Gedancken gerathen/ und fragen: Wie denn GOtt allhier zu Abraham sagen kön- nen: Er solte sich nicht fürchten/ er wäre sein Schild; weil er schon bereits aus aller Furcht gewesen/ und seine Feinde/ vor welchen er sich zuvorher fürchten und in Sorgen stehen muste/ ob er von ihnen nicht könte überwunden werden/ glücklich ü- berwunden hatte? Auf diesen Einwurff antwortet Lutherus Luther. in Co[m]ent. ad h. l. p. 100. sqq. 2. Cor. 12. v. 7.in seiner Erklärung hierüber: Daß gleichwie GOtt die From- men niemals/ auch bey denen allerglückseligsten Zeiten/ ohne Versuchung und Anfechtungen/ zum wenigsten innerlich nicht lässet; sondern ihnen bald dabey/ wie dem Paulo einen Pfahl ins Fleisch giebet/ damit sie sich nicht erheben/ und sicher wer- den/ auch sich nichts nach ihrer Weißheit/ Geschicklichkeit/ Stärcke oder Vermögen/ sondern alles seiner Gnade und kräff- tigem Beystande zuschreiben sollen; So hätte er es auch hier mit Abraham bey dem erlangten Siege wider die vier Könige gemacht. Er hätte sich ihm wie entzogen/ und ihn auf diese kummerhaffte Gedancken gerathen lassen: Schaue! was du itzt denen angethan/ das kan dir zu anderer Zeit von ihnen oder andern wieder begegnen/ wenn ich meine Hand von dir ab/ und dir meinen Schutz und Beystand entziehe. Oder wie ihm etwan GOtt zuvorher die Verheissung gethan/ von der Be- Genes 12. v. 2. 3.sitzung des Landes Canaan, und von dem erlangenden Segen, dessen alle Geschlechter anf Erden solten durch ihn theilhafftig werden; So mochte er vielleicht auf diese an-
Die doppelte Gluͤckſeligkeit dem hoͤchſten GOtt, der Himmel und Erden beſitzet, ichverlange nicht einen Faden noch Schuhriemen von dem Deinigen, daß du nicht ſagen darffſt, du habeſt Abram reich gemacht. Hierauf begab ſichs nun/ daß das Wort des HERRN im Geſichte zu Abraham geſchach: Fuͤrchte dich nicht, Abram, ich bin dein Schild und dein ſehr groſſer Lohn. Es koͤnte eines hierbey auf die Gedancken gerathen/ und fragen: Wie denn GOtt allhier zu Abraham ſagen koͤn- nen: Er ſolte ſich nicht fuͤrchten/ er waͤre ſein Schild; weil er ſchon bereits aus aller Furcht geweſen/ und ſeine Feinde/ vor welchen er ſich zuvorher fuͤrchten und in Sorgen ſtehen muſte/ ob er von ihnen nicht koͤnte uͤberwunden werden/ gluͤcklich uͤ- berwunden hatte? Auf dieſen Einwurff antwortet Lutherus Luther. in Co[m]ent. ad h. l. p. 100. ſqq. 2. Cor. 12. v. 7.in ſeiner Erklaͤrung hieruͤber: Daß gleichwie GOtt die From- men niemals/ auch bey denen allergluͤckſeligſten Zeiten/ ohne Verſuchung und Anfechtungen/ zum wenigſten innerlich nicht laͤſſet; ſondern ihnen bald dabey/ wie dem Paulo einen Pfahl ins Fleiſch giebet/ damit ſie ſich nicht erheben/ und ſicher wer- den/ auch ſich nichts nach ihrer Weißheit/ Geſchicklichkeit/ Staͤrcke oder Vermoͤgen/ ſondern alles ſeiner Gnade und kraͤff- tigem Beyſtande zuſchreiben ſollen; So haͤtte er es auch hier mit Abraham bey dem erlangten Siege wider die vier Koͤnige gemacht. Er haͤtte ſich ihm wie entzogen/ und ihn auf dieſe kummerhaffte Gedancken gerathen laſſen: Schaue! was du itzt denen angethan/ das kan dir zu anderer Zeit von ihnen oder andern wieder begegnen/ wenn ich meine Hand von dir ab/ und dir meinen Schutz und Beyſtand entziehe. Oder wie ihm etwan GOtt zuvorher die Verheiſſung gethan/ von der Be- Geneſ 12. v. 2. 3.ſitzung des Landes Canaan, und von dem erlangenden Segen, deſſen alle Geſchlechter anf Erden ſolten durch ihn theilhafftig werden; So mochte er vielleicht auf dieſe an-
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Die doppelte Gluͤckſeligkeit
dem hoͤchſten GOtt, der Himmel und Erden beſitzet, ich
verlange nicht einen Faden noch Schuhriemen von dem
Deinigen, daß du nicht ſagen darffſt, du habeſt Abram
reich gemacht. Hierauf begab ſichs nun/ daß das Wort
des HERRN im Geſichte zu Abraham geſchach: Fuͤrchte dich
nicht, Abram, ich bin dein Schild und dein ſehr groſſer
Lohn. Es koͤnte eines hierbey auf die Gedancken gerathen/
und fragen: Wie denn GOtt allhier zu Abraham ſagen koͤn-
nen: Er ſolte ſich nicht fuͤrchten/ er waͤre ſein Schild; weil er
ſchon bereits aus aller Furcht geweſen/ und ſeine Feinde/ vor
welchen er ſich zuvorher fuͤrchten und in Sorgen ſtehen muſte/
ob er von ihnen nicht koͤnte uͤberwunden werden/ gluͤcklich uͤ-
berwunden hatte? Auf dieſen Einwurff antwortet Lutherus
in ſeiner Erklaͤrung hieruͤber: Daß gleichwie GOtt die From-
men niemals/ auch bey denen allergluͤckſeligſten Zeiten/ ohne
Verſuchung und Anfechtungen/ zum wenigſten innerlich nicht
laͤſſet; ſondern ihnen bald dabey/ wie dem Paulo einen Pfahl
ins Fleiſch giebet/ damit ſie ſich nicht erheben/ und ſicher wer-
den/ auch ſich nichts nach ihrer Weißheit/ Geſchicklichkeit/
Staͤrcke oder Vermoͤgen/ ſondern alles ſeiner Gnade und kraͤff-
tigem Beyſtande zuſchreiben ſollen; So haͤtte er es auch hier
mit Abraham bey dem erlangten Siege wider die vier Koͤnige
gemacht. Er haͤtte ſich ihm wie entzogen/ und ihn auf dieſe
kummerhaffte Gedancken gerathen laſſen: Schaue! was du itzt
denen angethan/ das kan dir zu anderer Zeit von ihnen oder
andern wieder begegnen/ wenn ich meine Hand von dir ab/
und dir meinen Schutz und Beyſtand entziehe. Oder wie ihm
etwan GOtt zuvorher die Verheiſſung gethan/ von der Be-
ſitzung des Landes Canaan, und von dem erlangenden
Segen, deſſen alle Geſchlechter anf Erden ſolten durch
ihn theilhafftig werden; So mochte er vielleicht auf dieſe
an-
Luther. in
Coment.
ad h. l.
p. 100. ſqq.
2. Cor. 12.
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